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Unser Verständnis von der Biologiedidaktik

Die Didaktik der Biologie verstehen wir – kurz gesagt – als die Lehre vom Lernen und Lehren der Biologie. Diese Aussage wird begreifbarer, wenn Sie verstehen, wie wir die wissenschaftliche, schulische und metafachliche Perspektive auf die Didaktik der Naturwissenschaften verstehen.

  • Die fachliche Perspektive

    Fachwissenschaftler fassen unter dem Begriff Naturwissenschaften empirisch arbeitende Wissenschaften zusammen, die sich im weitesten Sinne mit der Erforschung der Natur befassen. Dabei beobachten, messen und analysieren sie die Zustände und das Verhalten der Natur durch reproduzierbare Methoden mit dem Ziel, Regelmäßigkeiten zu erkennen. 

    Das Wort Biologie umfasst zwei Bedeutungen (altgriechisch bios, das „Leben“ und logos, das „Wort“, die „Lehre“ oder „Wissenschaft“). Die Wissenschaft Biologie befasst sich mit lebenden Organismen sowie abiotischen Faktoren. Neben der Wissenschaft von Tieren und Pflanzen umfasst sie ebenso Pilze, Protisten, Bakterien und Archaeen. Biologen denken vernetzend in Biosystemen, in denen sich Lebewesen ihre Umwelt schaffen und von ihr wieder beeinflusst werden. So entstehen Kreislaufsysteme, die voneinander abhängig sind und zu deren Untersuchung Fachbereiche wie Ökologie, Evolution und Genetik geschaffen wurden.

  • Die schulische Perspektive

    Die fachlichen Vorstellungen von Biologen lassen sich nicht unreflektiert in die Schule übertragen. Hierfür gibt es verschiedene Gründe:

    - Zum einen ist das in den Naturwissenschaften angesammelte Wissen bezüglich Umfang und Komplexität in der Schule nicht zu bewältigen; es bedarf aber sicherlich einer fundierten Fachkenntnis des Lehrenden, um Inhalte sinnvoll zu reduzieren bzw. rekonstruieren zu können.

    - Zum anderen argumentieren Naturwissenschaftler vielfach aus der Perspektive ihres Faches; Vorstellungen von Schülern können aber häufig erst geändert werden, indem unterschiedliche Perspektiven eingenommen werden. Naturwissenschaftlicher Unterricht muss daher Grenzen der einzelnen Disziplinen überschreiten. Hierfür sind fächerübergreifende Aufgaben aus Bereichen wie Gesundheit, Sexualität, Frieden und Umwelt wichtig (vgl. Gropengießer & Kattmann 2002). Naturwissenschaftliche Aussagen werden so nicht länger als feststehende Tatsachen vermittelt, sondern können auch kritisch eingeordnet und diskutiert werden.

    - Zudem benötigen Lehrkräfte Kompetenzen aus der Pädagogik (der Erziehungswissenschaft); mit ihrer Hilfe können Vermittlungsprozesse strukturiert und mit geeigneten Methoden umgesetzt werden.

    Es bedarf also einer metafachlichen Perspektive der Biologiedidaktik, um Vermittlungsprozesse fruchtbarer gestalten zu können.

  • Die metafachliche Perspektive

    Unter der Biologiedidaktik wird allgemein die Wissenschaft des Unterrichtens von Biologie verstanden. Sie umfasst aber nicht nur den Lernort Schule, sondern ebenso alle Gebiete, in denen naturwissenschaftliches Wissen vermittelt wird wie:

    - Hochschulen,
    - Erwachsenenbildung,
    - Medien und
    - informelle Bildungseinrichtungen (wie beispielsweise Museen oder auch Naturschutzgebiete, vgl. Groß 2007).
     

    Leider kann Wissen nicht einfach von Lehrern zu Schülern weitergegeben werden. Es hat sich gezeigt, dass die fachlichen Vorstellungen in den meisten Fällen den Alltagsvorstellungen geradezu widersprechen, wir sagen sie sind kontrainduktiv. Was sich also in unseren Alltagsvorstellungen bewährt hat, erweist sich in einem fachlichen Kontext häufig als nicht zutreffend. In unseren Veranstaltungen lernen Sie daher fachliche Vorstellungen zu klären, Schülerperspektiven zu erfassen und darauf aufbauend Lernangebote didaktisch zu rekonstruieren (vgl. Kattmann et al. 1997). In diesem Sinne ist Didaktik der Biologie eine Metawissenschaft, denn sie befasst sich sowohl mit der Reflexion als auch mit der Vermittlung von Biologie.

  • Daraus resultiert unsere Lehre

    Die spezifische Herausforderung der Biologiedidaktik ist ihre Stellung zwischen der Fachwissenschaft auf der einen und den Schülern auf der anderen Seite.

    Entsprechend dieser Betrachtung bilden wir keine ausschließlichen Fachwissenschaftler und auch keine reinen Pädagogen aus. Vielmehr muss Ihre Kompetenz diese Fächer verbinden: Die spezifische Kompetenz von Biologielehrern liegt also in der Gestaltung von Vermittlungs- und Aneignungsprozessen, die naturwissenschaftliche Vorstellungen betreffen.

    Wir Didaktiker möchten Sie auf Ihrem Weg zum Experten für das Lernen und Lehren von Naturwissenschaften begleiten. Deshalb sind unsere Seminare und Praktika mehrperspektivische Veranstaltungen, in denen Studierende eigene Lehrerfahrungen machen sollen. Unsere Seminare orientieren sich am Prinzip des „didaktischen Doppeldeckers“ (vgl. Wahl 2005). In unseren Veranstaltungen wechseln sich Phasen der modellhaften Lehrveranstaltung mit Phasen, in denen das Erlebte gemeinsam reflektiert wird, ab. Studierende erleben sich dabei sowohl in einer Lerner- als auch Lehrerrolle. Die Planung, Durchführung und Reflexion eigener Lehrversuche steht im Vordergrund und wird von uns freundlich-kritisch begleitet. Lehramtsstudierende können so eine didaktische Reflexionskompetenz erwerben, die ihnen später auch im Berufsleben zur Verfügung steht. Gleichzeitig werden so naturwissenschaftliche Denk-und Arbeitsweisen mit methodischen Gestaltungselementen (wie Unterrichtschoreografie, Lernziele, Sozialformen, Medieneinsatz etc.) verknüpft.