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CNMS Welcome

Welcome: CNMS meets refugees 

(Projektleitung: Dr. Leslie Tramontini)  

Die Initiative „Welcome – CNMS meets refugees“ war von 2015-2023 am CNMS angebunden und bestand in unterschiedlicher Form fast 9 Jahre lang. 

Angesichts der hohen Anzahl von Menschen aus dem Mittleren Osten und Nordafrika, die aufgrund von bewaffneten Konflikten und politischer Verfolgung in Deutschland Zuflucht suchen, nahm das Centrum für Nah- und Mittelost-Studien (CNMS) seine gesellschaftliche Verantwortung wahr und stellte seine Kernkompetenzen – Expertise zu den Sprachen, Kulturen und der Geschichte der Region – zur Verfügung, um zielgerichtet Hilfestellung für die gesellschaftliche und berufliche Integration der Geflüchteten in Deutschland zu leisten und ebenso Behörden und ehrenamtliche Initiativen bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Von 2015 bis 2023 engagierte sich das CNMS in der Vernetzung von Geflüchteten und Studierenden und war aktiver Partner im DAAD-Programm Welcome (Studierende engagieren sich für Flüchtlinge).

Es begann im Frühjahr 2015 mit der größer werdenden Migrationswelle nach Deutschland. Menschen, die ihre Heimat auf Dauer verlassen müssen und nach Deutschland kommen, leben mit dem Verlust ihres bisherigen sozialen Bezugsrahmens und müssen sich mit veränderten persönlichen Verhältnissen und tiefgreifenden neuen gesellschaftlichen Erfahrungen und Wertesystemen auseinandersetzen. Die Ankommenden sind verunsichert und teils traumatisiert von den Erlebnissen daheim und auf der Flucht. Die zunächst schwierigen Lebensumstände im Aufnahmeland wirken oft ebenfalls belastend. Dessen eingedenk bot das CNMS eine frühzeitige Orientierung über das deutsche Alltagsleben, den Arbeitsmarkt, die Gesellschaft und Partizipationsmöglichkeiten in ganz unterschiedlichen Formen an. Übergeordnete Zielsetzung war, Verständigungsbarrieren zu mindern sowie Besonderheiten unserer Gesellschaft und unseres politischen Systems zu veranschaulichen, Missverständnisse zu klären und Konflikten vorzubeugen sowie Ehrenamtliche in der Flüchtlingsarbeit zielgerichtet zu unterstützen.

Angestoßen durch die Projektgruppe „VOICE“ (Vocational Orientation Information Culture Experience) des Landkreises Marburg-Biedenkopf entwickelte sich seit März 2015 zunächst eine enge Zusammenarbeit mit dem hiesigen KreisJobCenter Landkreis Marburg-Biedenkopf mit dem dezidierten Ziel, den Geflüchteten bei der Eingliederung ins Leben in Deutschland mit all seinen unterschiedlichen Facetten eine erste Orientierungshilfe zu geben. Studierende erarbeiteten sich unter Anleitung Themen und entwickelten screencasts auf Arabisch (einsehbar hier: Youtube-Kanal der Philipps-Universität Marburg). Themenbereiche deckten vor allem die verschiedenen Zugänge zum sehr streng formalisierten und durchstrukturierten deutschen Arbeitsmarkt ab, aber auch Infos zur dualen Ausbildung, Einblicke in das deutsche Schulsystem und vieles mehr. Diese Zusammenarbeit gipfelte in zwei Life-Veranstaltungen mit Geflüchteten, in der Studierende der nahostbezogenen Studiengänge ihre selbst erarbeiteten Präsentationen auf Arabisch hielten.

Es wurde besonders viel Wert daraufgelegt, die Bedürfnisse der Geflüchteten selbst herauszufinden und mit zu berücksichtigen; auch Vorschläge seitens Geflüchteter waren stets willkommen. In der ersten Phase der engen Kooperation mit dem KreisJobCenter und der Erstellung der screencasts hatte sich die Praxisrelevanz des Moduls, in dessen Rahmen die oben genannten Arbeiten stattfanden, erheblich erhöht und seine Attraktivität gesteigert. Später waren die Aktivitäten nicht mehr modular eingebunden, sondern lebten vom Engagement der Studierenden und Mitarbeiter:innen.

DAAD

Als im Laufe des Jahres klar wurde, dass die Universität als Ganze aktiv werden musste, engagierte sich das CNMS bei der Einwerbung der DAAD-Welcome-Gelder für 2016 (Projektleitung: International Office der UMR). Das CNMS erhielt im Sommer 2016 vier studentische Hilfskraftstellen, mit denen ein breit angelegtes Programm zur Integration von Geflüchteten insbesondere in das deutsche universitäre System entwickelt wurde. Das Programm wurde analog zu der Initiative der Philipps-Universität Marburg: University meets refugees (UMR), die federführend vom International Office geleitet wurde, CNMS meets refugees genannt und trug stark zur Verknüpfung und Vernetzung mit anderen Initiativen inner- und außeruniversitär bei: So etwa mit dem Mentorenprogramm des International Office, der Studienberatung der UMR, dem AStA, der EU-Referentin und der Zentralverwaltung der UMR, aber auch mit den Ombudspersonen der Stadt Marburg, dem Landesnetzwerk Hessen im Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung“ (IQ), dem DAAD Referat ST 35 Nahost/Nordafrika sowie dem Jugendamt Marburg und anderen Akteuren in diesem Bereich.

Eines der vorrangigen Ziele der CNMS-Aktivitäten war, geflüchtete Studieninteressierte über die vielfältigen Möglichkeiten zum Eintritt in eine Hochschule sowie in den deutschen Arbeitsmarkt im allgemeinen zu informieren sowie das Bewusstsein für die eigenen gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten in Deutschland zu stärken. Dafür war es notwendig, Geflüchteten eine angemessene Kenntnis und ein gutes Verständnis von deutschen Strukturen und bürokratischen Abläufen zu vermitteln. Der gängigste Weg zur Integration von Geflüchteten an die Hochschule schien durch die Etablierung direkter Kontakte zwischen inländischen Studierenden und studieninteressierten Geflüchteten. 

Exkursionen und Tandem

Seit Winter 2016 organisierte das CNMS ein Programm, das deutschsprachige Studierende und arabisch- oder persischsprachige Geflüchtete zusammenbrachte. Dieses Programm beinhaltete Treffen von Studierenden und Geflüchteten, gemeinsame Exkursionen, Vorträge zu spannenden Themen für die Geflüchteten sowie Workshops zu unterschiedlichsten Themen. In der Corona-Zeit wurden die Aktivitäten – soweit möglich – zwar ins Digitale verlegt, doch lebte das Programm gerade von den persönlichen Kontakten der Studierenden und Geflüchteten untereinander. Der große Erfolg des Programms war vor allem auf die Arbeit der studentischen Hilfskräfte zurückzuführen, die durch ihr privates ehrenamtliches Engagement in der Arbeit mit Geflüchteten über die notwendigen persönlichen Kontakte verfügten, um Geflüchtete, die mit der Uni in keinerlei Kontakt standen, über das Tandemangebot zu informieren. Insgesamt konnte so ein umfangreicher Adresspool etabliert werden, der die Möglichkeit bot, studieninteressierte Geflüchtete mit Informationsangeboten direkt zu erreichen. 

Das frühzeitig etablierte Tandemprogramm war eine win-win-Sache, denn sprachlich und inhaltlich profitierten beide Seiten davon: Die deutschen Tandempartner fungierten für die Geflüchteten als direkte Ansprechpartner und „Mentoren“, die durch ihr Studium sowohl über Sprachkenntnisse als auch über Kenntnisse zu den Abläufen der Bewerbung und Einschreibung an der Universität verfügten und dabei als Ansprechpartner für Fragen rund ums Studium dienten. Darüber hinaus wurden folgende Punkte umgesetzt:

  • Tandemtreffen mit inhaltlichem Themenfokus 

  • Vorträge zu Themen der Integration von Geflüchteten (inkl. Übersetzung), so u.a. Veranstaltungen, bei denen Geflüchtete, die bereits Stipendiat/innen des Hessenfonds waren, andere Geflüchtete über Studien- und Stipendiumsmöglichkeiten sowie über die Voraussetzungen für die Einschreibung an deutschen Universitäten informierten. Bei Vorträgen auf Arabisch übersetzten studentische Dolmetscher die Inhalte konsekutiv ins Persische bzw. Dari und umgekehrt, um bestmögliche Verständigung sicherzustellen.

  • Workshops zu interkultureller Sensibilisierung für Geflüchtete und Studierende, aber auch zu den verschiedensten Themenbereichen wie das Alltagsleben in Deutschland und die Integration aus der Sicht von Geflüchteten.

  • Workshops in Kooperation mit anderen Initiativen: Das CNMS stellte Beratungsangebote für Akteure aus der Zivilgesellschaft bereit und kooperierte mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und Multiplikatoren, die Hilfe oder Rat brauchten und von der am Zentrum gesammelten Expertise profitieren wollten. Die Beratungen wurden von einer statusübergreifenden Gruppe aus Mitarbeiter:innen und Studierenden inhaltlich vorbereitet, koordiniert und durchgeführt. Nachrangiges Ziel dabei war auch, dadurch die Kernkompetenzen des CNMS einer interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. 

  • Kulturelles Begleitprogramm zur Erkundung der hessischen Politik, Kultur und Gesellschaft: Exkursionen in den Hessischen Landtag, nach Frankfurt, Wiesbaden, Kassel und Darmstadt, Besuche in Museen und Wissenseinrichtungen (Mathematikum), aber auch Wanderungen zur Amöneburg und Ähnliches. 

Mitarbeiter:innen und Studierende waren bereits vor dieser Initiative ehrenamtlich aktiv und brachten sehr viel Knowhow, interkulturelle Sensibilität und z.T. auch Wissen um juristische Zusammenhänge mit. Durch die DAAD-Förderung ab 2016 konnten Studierende und Mitarbeiter:innen ihr Engagement auch im universitären Kontext leben.

Grafik: Stefan Gebhard

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E-Mail:
Facebook: facebook.com/groups/cnms.refugees

Projektleiterin: Leslie Tramontini
Team: Frederik Löffler

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