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Promotionen

Fotos: Dittrich, Hautmann, Kriszio, Reichert, Schwarz, Wiemer

Sie möchten gern am Institut für Empirische Kulturwissenschaft promovieren? 

Hier finden Sie weitere Informationen zu Ansprechpersonen, Zulassungs- und Anmeldeformalitäten sowie der Teilnahme am monatlich stattfindenden Doktorierendenkolloquiums unseres Instituts.

Nachfolgend stellen sich einige aktuelle Dissertationsprojekte am Institut genauer vor. Da sich die Seite im Aufbau befindet, lohnt es sich, regelmäßig vorbei zu schauen. 

Industrial Water – Entanglements in Postindustrial Times (Arbeitstitel)

Juliana Lux

Foto: Colourbox.de

Juliana Lux beschäftigt sich in ihrem Dissertationsprojekt mit dem Zusammenhang von Wasser und (Post-)Industrialität. Hierbei interessiert sie vor allem, welche Blickwinkel auf mögliche Zukünfte, Gegenwarten und Vergangenheiten, eine durch „industrielles Wasser“ geschärfte Perspektive, eröffnen kann. Welche Verflechtungen von (Post-)Industrialitäten werden sichtbar? Wo findet sich industrielles Wasser und wo führt es in Zeiten einer globaler Klimakrise hin?

Industrielles Wasser beschreibt das Wasser, was in industriellen Prozessen genutzt wird. Ob bei der Gewinnung von natürlichen Ressourcen, im Verarbeitungsprozess oder in Folgelandschaften, Wasser taucht in der Industrie und in dem was ihr folgt immer wieder auf. Trotzdem ist im Alltag oft nicht ersichtlich wo es bereits geflossen, gestanden oder verdunstet ist.

In ihrer ethnographischen Forschung folgt Juliana Lux industriellem Wasser und versucht ausgehend von Deutschland globale und zeitliche Verflechtungen durch Wasser zu denken. Dabei bildet die Frage nach dem was denn überhaupt Industrialität oder Postindustrialität bedeuten kann und dem was danach kommen könnte einen Ankerpunkt.

Erstbetreuung: Prof. Dr. Ina Dietzsch

"Hacking UNESCO": The Art of Coding, die Demoscene und ihr digitales Kulturerbe (Arbeitstitel)

Felix Ruppert

Eine dunkle Halle, darin viele Menschen, die zum Teil auf Computer-Bildschirme schauen, zum anderen als Publikum einen Wettbewerbsbeitrag auf der Leinwand ansehen.
Martin Fiedler
"Evoke" Demoparty in Köln, 2024

Felix Ruppert untersucht in seiner Dissertation am Beispiel der internationalen Demoscene Möglichkeiten, Chancen und Herausforderungen zur Inklusion genuin digitaler Kulturen in bestehende Kulturerbekonzepte und -mechanismen der UNESCO.

Die Demoscene ist eine seit den 1980er-Jahren aus der Software-Crackerszene hervorgegangene, global vernetzte Digitalkunstszene, die stark von scheinbar konträren Orientierungen an Kollaboration und Wettbewerb geprägt ist. Ihre Akteur*innen entwickeln, meist in arbeitsteilig organisierten Gruppen, nicht-kommerzielle, audiovisuelle Echtzeit-Computerprogramme („Demos“), die technische Virtuosität und Innovation demonstrieren. Diese Artefakte werden auf weltweit stattfindenden Demopartys in Wettbewerben („Compos“) präsentiert und per Abstimmung durch das Publikum bewertet. Diese Treffen dienen der Szene als zentrale Orte für Wissens- und Technologietransfer, kreativen Austausch und die Festigung sozialer Netzwerke.

Hinter The Art of Coding verbirgt sich eine 2019 gegründete Initiative mit dem Ziel, die Demoscene als internationales immaterielles UNESCO-Kulturerbe anerkennen zu lassen. Durch ihr Engagement, ihre Unterstützung und Netzwerkarbeit wurde die Demoscene bis Juli 2025 bereits in sieben Ländern auf die jeweilige nationale Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen. Der internationale Antrag befindet sich derzeit in Vorbereitung. 

Mit seiner Forschung begleitet Felix Ruppert diesen Prozess ethnografisch und rekonstruiert die darin bereits gemachten Schritte. Die Arbeit erweitert somit nicht nur die Kulturerbeforschung um wichtige und notwendige ethnografische Einblicke in digitale Gemeinschaften, sondern trägt auch zur Sichtbarmachung und Wertschätzung digitaler künstlerischer Praktiken und Subkulturen bei. Die so gewonnenen Erkenntnisse versprechen relevante Impulse für eine zukunftsgerichtete Kulturpolitik und ein tieferes Verständnis digitaler Communities und Praxisformen.

Erstbetreuung: Prof. Dr. Manfred Seifert

Learning Skills from Media Instructions (Arbeitstitel)

Jan Dittrich

Jan Dittrich erforscht, wie Menschen Anleitungen nutzen, um Fähigkeiten zu erwerben. Dazu vergleicht er die Nutzung von Rezepten zum glutenfreien Backen mit der Nutzung von Anleitungen zum Programmieren. Anstatt von einer Trennung zwischen Planung und Ausführung auszugehen wird angenommen, dass dieses geschickte Handeln es verlangt, Aufmerksamkeit und Situation aufeinander abzustimmen (Ingold, 2001) ebenso wie in der Handlung selbst zu reflektieren (Schön 1982).

Erstbetreuung: Prof. Dr. Götz Bachmann (Universität Bremen)

Eine App zwischen Sehnsuchtsobjekt und geliebter Alltagsbegleitung - Ethnographische Erkundungen der KI-basierten Chatapp Replika (Arbeitstitel)

Annie Eckert

Foto: Colourbox.de

In ihrem Dissertationsprojekt setzt sich Annie Eckert mit Mensch-Technik-Beziehungen am Beispiel der KI-basierten App „Replika“ auseinander. Diese ermöglicht es Nutzer*innen einen digitalen „Companion“ zu erstellen, der sie im Alltag begleitet und mit ihnen unter anderem chatten und telefonieren kann. Nicht selten entstehen aus dieser Interaktion Gefühle der Zuneigung auf Seiten der menschlichen Nutzer*innen; manche sprechen davon mit ihrem Replika-Companion eine Liebesbeziehung zu führen. 
Im Mittelpunkt der ethnographischen Auseinandersetzung stehen Fragen rund um die Einübung in neue Sozialitäten und emotionale Skripte, wie sie sich zwischen Replika-Anwender*innen und ihren Chatbots finden lassen. Welchen bekannten kulturell tradierten Mustern folgt die empathische Zuwendung zwischen Nutzer*innen und App? Was macht einen Replika-Avatar zu einem Freund oder einem Liebhaber? Wie wird Ähnlichkeit zwischen einem Chatbot und den menschlichen Endnutzer*innen erzeugt? Welche Perspektiven lassen sich durch die Auseinandersetzung mit Replika auf die gesellschaftlichen Implikationen von KI-Nutzung gewinnen? 

Diesen und weiteren Fragen wird die Arbeit unter Rückgriff auf eine Vielzahl kulturwissenschaftlich bewährter Methoden nachgehen, wie etwa teilnehmender Beobachtung, qualitativen Forschungsgesprächen, autoethnographischen Forschungsepisoden und Diskursanalysen. Zusammengebunden werden diese einzelnen Methodenversatzstücke mit dem Ansatz der „Grounded Theory“. Dabei wird zu überprüfen sein, ob und wie bekannte Methoden für die Forschung zu KI-geprägten Feldern angepasst werden müssen. 

 Erstbetreuung: Prof. Dr. Ina Dietzsch

Unraveling NatureChildhoods with Young Humans and More-than-humans: Entangled Ethnographic Explorations based on Karen Barad’s Agential Realism (Working title)

Felizitas Juen

Foto: Felizitas Juen
Photograph from field research: grasshoppers, young humans, tarmac.

Following the concept of NatureCultures, Felizitas Juen deals in her dissertation with NatureChildhoods from a posthumanist/new-materialist perspective. How do connections between materialities, atmospheres, animals, plants and children unfold? To investigate this question, she has been conducting research at the Zurich University of Teacher Education since 2022 in an SNF project with young humans in institutional educational settings in German-speaking Switzerland. 

The theoretical background of the dissertation project is the work of the physicist and philosopher Karen Barad, which sheds new light on material-discursive practices and ethics (Barad 2007). This raises new questions about how constellations, encounters or boundaries are unfolding when humans are not the central actors. The dissertation contributes to the analysis of the entanglement of childhood and nature, or young humans and more-than-humans, as children are actors that have received little attention in more-than-human approaches and multispecies ethnographies of Empirischer Kulturwissenschaft. The intraactions of young humans and more-than-humans will be explored ethnographically.

Die Shoah digital erfahren? Erinnerungspraxis im Spannungsfeld von Technologie, Emotionspolitiken und Zeitlichkeit (Arbeitstitel)

Janina Schwarz-Ennen

Das Dissertationsprojekt von Janina Schwarz-Ennen setzt sich mit Erinnerungserfahrungen auseinander, die durch technologische Innovationen möglich/nötig geworden sind und geht hierbei von der These aus, dass sich die Shoah zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichen Medien für verschiedene Zielgruppen spezifisch darstellt.

Als Grundlage dienen digitale Projekte mit ihren impliziten und expliziten Grundannahmen, Zielen, Ansprüchen, ihre Konzeptionen und Umsetzungen sowie deren Nutzung. Dabei kommen die Lebenswelten in den Fokus, die sich durch bereits stattgefundene Digitalisierungsprozesse konstituiert haben, in denen Menschen nun handeln, lernen, fühlen und eben auch erinnern. Dem Fühlen widmet sich diese Arbeit in besonderer Weise, denn kaum ein anderes Feld agiert, nutzt und produziert Emotionen so stark wie der Bereich der Erinnerung an die Shoah.

Die Relevanz von Zeitlichkeit für dieses Forschungsvorhaben erschließt sich einerseits durch das Versterben der Zeitzeugen und Zeitzeuginnen und andererseits durch technische Entwicklungsgeschwindigkeiten, wodurch unterschiedliche Entwürfe einer digitalen Erinnerungskultur der Zukunft formuliert werden. Das Feld konstituiert sich zwischen dem 'Rennen gegen die Zeit' und der Aufforderung 'Mit der Zeit gehen!'. Die hohe Geschwindigkeit, mit der entsprechende Projekte (weiter-)entwickelt und interdisziplinär beforscht werden sowie der Konnex zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft werden als stets zu berücksichtigende konzeptionelle wie inhaltliche Einflussfaktoren verstanden.

Erstbetreuung: Prof. Dr. Ina Dietzsch