15.08.2023 Nachruf auf Prof. Dr. Manfred Sommer

Prof. Dr. Manfred Sommer nach dem Drachenbootrennen 2004
Foto: privat
Prof. Dr. Manfred Sommer nach dem Drachenbootrennen 2004

Manfred Sommer wurde am 13. Januar 1945 in Amorbach (Unterfranken) geboren. Er besuchte die Grundschule in Frankfurt und anschließend das Gymnasium in Königstein im Taunus. Nach kurzer Überlegung entschied er sich für ein Mathematikstudium, obwohl sein Vater Mathematik für eher überflüssig hielt und große Bedenken wegen fehlender Berufsaussichten äußerte. Er studierte von 1964 bis zum Vordiplom 1966 in Göttingen und setzte dann sein Studium an der LMU München fort, wo er 1969 das Diplom in Mathematik erwarb. Drei Jahre später promovierte er bei Prof. Dr. Friedrich Kasch mit einer Arbeit über Moduln und Ringe zum Dr. rer. nat. in Mathematik. Trotz seiner Zielstrebigkeit in Studium und Promotion nahm er sich schon damals Zeit, in andere, nicht nur naturwissenschaftliche Fachgebiete hineinzuschnuppern. Schon früh erkannte er das Potenzial der Informatik und entwickelte als Student erste Programme auf dem PERM, einem Röhrenrechner, der heute im Deutschen Museum zu bewundern ist, oder arbeitete als Werkstudent als FORTRAN-Programmierer bei der AEG in Frankfurt. 1969 ergriff Manfred Sommer die Chance, als Assistent am ersten Institut für Informatik in Deutschland zu arbeiten, das an der Technischen Universität München gegründet wurde. Er beschäftigte sich vor allem mit der Entwicklung von Programmen in der Sprache ALGOL 68, dürfte sich aber schon damals für die von Niklaus Wirth entwickelte Sprache Pascal interessiert haben.

Es folgten zehn Jahre bei Siemens in München. Dort propagierte Manfred Sommer die Programmiersprache Pascal und schrieb dafür Compiler, die als Siemens-Produkte vermarktet wurden. Hervorzuheben ist die gelungene Integration dieses Compilers in eine Benutzeroberfläche, und dies trotz der widrigen Umstände einer Großrechnerumgebung und eines aus heutiger Sicht archaischen Betriebssystems. Aus dieser Tätigkeit resultierte das zusammen mit Klaus Däßler veröffentlichte Buch über die Programmiersprache Pascal und das geflügelte Wort, dass es einen Sommer dauere, einen PASCAL-Compiler für die Firma Siemens zu schreiben.

Anfang der 80er Jahre erkannten der damalige Präsident Prof. Dr. Walter Kröll und der Dekan des Fachbereichs Mathematik Prof. Dr. Werner Schaal den Bedarf an Informatik und beriefen Manfred Sommer 1984 an die Universität Marburg, um das Fach Informatik im Fachbereich Mathematik aufzubauen. Ursprünglich war die Einrichtung eines Nebenfachs Informatik geplant, aber durch eine Bleibeverhandlung konnte Manfred Sommer den Ausbau der Informatik vorantreiben und 1991 einen Studiengang Informatik einrichten. Darüber hinaus hat Manfred Sommer für die Studierenden ein innovatives Umfeld geschaffen, in dem Informatik auch gelebt wird. Unter seiner Verantwortung wurde der erste PC-Raum der Universität Marburg eingerichtet und ein Multimedia-Raum für die Lehre geschaffen. Gleichzeitig arbeitete Manfred Sommer an den damals relevanten Forschungsthemen wie die automatische Parallelisierung von Programmen, Kompressionsalgorithmen und verschiedene Themen der Grafikprogrammierung. Insgesamt hat Manfred Sommer als Professor an der Universität Marburg 18 Promotionen betreut. Der Erfolg seiner Doktoranden und Studenten war ihm dabei immer sehr wichtig.

Manfred Sommer hat sich generell sehr für die Lehre in der Informatik eingesetzt. Schon früh entwickelte er erste Foliensätze für seine Vorlesungen und setzte den Beamer in der Lehre ein. Zudem erkannte er bereits Anfang der 90er Jahre, dass praxisorientierte Lehrbücher in der Informatik Mangelware waren. Gemeinsam mit seinem Kollegen Prof. Dr. Heinz-Peter Gumm entstand die Idee, die Einführungsvorlesung in Buchform zu bringen. So entstand der Informatik-Klassiker „Einführung in die Informatik“, von dem in 11 Auflagen über 30.000 Exemplare verkauft wurden. Das Buch sprach nicht nur die Studierenden an den Universitäten an, sondern wurde zum Standardwerk an Hochschulen aller Art und diente auch vielen Lehrern als Unterstützung für den Informatikunterricht in der Schule.

In unserem Fachbereich hat sich Manfred Sommer persönlich intensiv eingebracht und sich immer wieder für die Stärkung der Gemeinschaft eingesetzt. Gemeinsame Ausflüge und Drachenbootrennen sind hier ebenso zu nennen wie die verschiedenen Feiern, zu denen er als Dekan einlud. Neben all der Arbeit legte er gemeinsam mit seiner Frau Uschi großen Wert auf erholsame Urlaube und lud gerne Freunde zum Abendessen bei einem guten Wein in die „Residenz Sommer“ ein. Für uns alle unerwartet und viel zu früh verstarb er am 27. Juli im Alter von 78 Jahren. Manfred Sommer wird uns am Fachbereich und an der Philipps-Universität Marburg als engagierter Hochschullehrer, langjähriger Dekan und Ziehvater der Informatik stets in bester Erinnerung bleiben.

Prof. Dr. Bernhard Seeger, Prof. Dr. Heinz-Peter Gumm