11.11.2020 „Stratifizierte Psychopharmakotherapie“

Antrittsvorlesung von Frau Privatdozentin Dr. Martina Hahn in Marburg

Antrittsvorlesung von Frau Privatdozentin Dr. Martina Hahn in Marburg
Dekan Prof. Dr. Michael Keusgen (links) und Prodekan Prof. Dr. Carsten Culmsee gratulieren Privatdozentin Dr. Martina Hahn zur Habilitation und Antrittsvorlesung.

Am 09.11.2020 hielt Frau Dr. Martina Hahn ihre Antrittsvorlesung zum Thema „Stratifizierte Psychopharmakotherapie“ und rundete damit das Habilitationsverfahren am Fachbereich Pharmazie der Philipps-Universität Marburg ab. Ganz im Zeichen der aktuellen Corona-Maßnahmen fand die Antrittsvorlesung als Live-Übertragung aus dem Großen Hörsaal der Pharmazie online statt – vor durchgehend über 220 Zuhörer*innen.

Frau Dr. Hahn hat in Marburg Pharmazie studiert und nach der Approbation zur Apothekerin in der Pharmaindustrie und in verschiedenen Apotheken in Marburg gearbeitet, bevor sie sich 2004 parallel zur beruflichen Tätigkeit entschloss, an der University of Florida ein Studium zur Weiterqualifikation aufzunehmen, das sie 2007 mit dem „Doctor of Pharmacy“ (PharmD) erfolgreich abschließen konnte. Anschließend wechselte sie 2008 in die Krankenhausapotheke der Dr. Horst-Schmidt-Kliniken in Wiesbaden. Hier beginnt Sie auch mit der wissenschaftlichen Arbeit im Bereich der Klinischen Pharmazie und hier speziell an Fragestellungen zur Optimierung der Arzneimitteltherapiesicherheit in der Psychopharmakotherapie. Frau Hahn wird 2011 an der Medizinischen Fakultät der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz mit ihrer Arbeit zur „Vermeidung von Interaktionen in der Psychopharmakotherapie“ zum Dr. rer. physiol. promoviert. Sie bleibt diesem Arbeits- und Forschungsgebiet danach nicht nur eng verbunden, sondern entwickelt nach ihrem Wechsel an die psychiatrische Vitos Klinik Eichberg in Eltville zusammen mit der Leiterin der Klinik, Frau Prof. Dr. Roll, das inzwischen als Eichberger Modell bekannt gewordene und mehrfach ausgezeichnete Betreuungskonzept: Als Klinische Pharmazeutin, völlig unabhängig von einer Kliniksapotheke, begleitet sie die Therapie der Patient*innen, nimmt an den Visiten teil, berät Patient*innen, Pflegepersonal und Ärzt*innen und trägt somit wesentlich zur Optimierung der Therapie und vor allem zur Adhärenz und zur Arzneimitteltherapiesicherheit bei. Seit Mitte des Jahres 2020 ist sie nun in der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universitätsklinik Frankfurt tätig.

Ihre Arbeit ist begleitet von wissenschaftlichen Studien und der engagierten Betreuung von Diplom-, Master und Doktorarbeiten, so dass die Ergebnisse der wertvollen Arbeit der Klinischen Pharmazeutin auch durch zahlreiche Forschungsarbeiten und Publikationen dokumentiert ist. Frau Dr. Hahn ist darüber hinaus in der Lehre der Klinischen Pharmazie an der University of Florida, in Basel, Frankfurt, Marburg und Tübingen aktiv. Sie ist vielfach Referentin der Landesapothekerkammer in Hessen und in anderen Bundesländern, ist Regionalbeauftrage der LAK Hessen für Frankfurt, Mitglied im Weiterbildungsausschuss sowie im Akademievorstand der LAK Hessen. Ihre Forschungs-, Weiterbildungs- und Lehrtätigkeiten sind in über 50 Publikationen sehr eindrucksvoll belegt, darunter über zahlreiche Originalarbeiten, Reviews, aber auch Herausgebertätigkeiten und vielfache Beiträge zu Lehrbüchern sowie nationalen Fachzeitschriften, die vor allem zur Weiterentwicklung der Klinischen Pharmazie in der Lehre und Fortbildung wesentlich beitragen.

Ihre überaus engagierte Arbeit als Klinische Pharmazeutin und Wissenschaftlerin findet national und international hohe Anerkennung und ist bereits mehrfach ausgezeichnet worden. So ist unter anderem das „Eichberger Modell“ mit dem Innovationspreis für nachhaltiges Krankenhausmanagement sowie dem „Otsuka Team Award Psychiatry“ ausgezeichnet worden. Als bisheriger Höhepunkt bei den Drittmittelprojekten ist unter anderem die OSA-PSY Studie zu nennen, die durch den GBA Innovationsfonds unterstützt wird und die Klinisch-Pharmazeutische Arbeit an 10 Vitos-Kliniken in Hessen untersucht. Die ersten Ergebnisse diesen Studien werden weiterhin den Beitrag der Klinischen Pharmazie zur Optimierung und Sicherheit der Psychopharmakotherapie aufzeigen und den Stellenwert der pharmazeutischen Tätigkeit zur Begleitung und Betreuung der Patient*innen zukunftweisend festigen.

Frau Dr. Hahn hat sich am 5. Februar 2020 mit dem Thema „Das Eichberger Modell zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit in einer psychiatrischen Klinik“ am Fachbereich Pharmazie in Marburg habilitiert. Die Antrittsvorlesung musste aufgrund der Corona-Pandemie im Sommersemester zunächst verschoben werden und konnte nun im inzwischen bewährten Online-Format stattfinden. Das Thema der Antrittsvorlesung stand ebenfalls ganz im Zeichen der ausgewiesenen Expertise von Frau PD Dr. Hahn zur Arzneimitteltherapiesicherheit in der Psychopharmakotherapie. Sie zeigte hier auf, wie anhand von Information zur Genetik der Patient*innen die Therapie optimiert und somit effektiv und sicher gestaltet werden kann. Demnach ist der Aufwand für eine solche stratifizierte, also an der Genetik und der Stoffwechselaktivität der Patient*innen orientierten Therapie enorm. Allerdings, so betonte Dr. Hahn, ist eine Individualisierung der Psychopharmakotherapie eine wichtige Herausforderung in der Zukunft, gerade angesichts der Häufigkeit der psychischen Erkrankungen, dem erheblichen Leidensdruck der Patient*innen und wegen der Therapieresistenzen und der erheblichen Nebenwirkungsrate bei falsch gewählter Therapie.  Nach der Erkenntnis von Dr. Hahn sind es gerade die klinischen Pharmazeut*innen mit ihrem Verständnis zur Pharmakologie und Pharmakokinetik, die hier anhand von Blutspiegeln, Therapiegeschichte und der Genetik wertvolle Hinweise im Hinblick auf eine individualisierte und damit effektive und sichere Therapie geben können. Diese zukunftsweisende Strategie ersetze möglicherweise auch die ebenso aufwändige wie kostspielige Suche nach neuen Therapieprinzipien und ist damit ein ganz entscheidender Baustein für die künftige Arzneimitteltherapie – unter Mitwirkung der Klinischen Pharmazeut*innen.

Der Fachbereich Pharmazie gratuliert Frau Dr. Hahn sehr herzlich zur erfolgreichen Habilitation und freut sich mit Verleihung des Titels der „Privatdozentin“ auf die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit in Forschung und Lehre.

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