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Auslandsemester in Leuven
Tabea Carnetto berichtet von ihrer Zeit an der Katholieke Universiteit Leuven, an der sie im 3. Semester des Masters ein Auslandssemester absolviert hat.
Internationale Studierende kennenzulernen und vor allem der Wunsch mich mit Menschen aus Belgien und der ganzen Welt zu vernetzen war meine Motivation für ein Auslandssemester. Gleichzeitig wollte ich einen Einblick in die belgische Kultur bekommen. Die Entscheidung für Belgien fiel mir leicht: Die Katholieke Universiteit Leuven hat einen exzellenten Ruf, besonders im Bereich Forschung und Technologie. Außerdem konnte ich dort Kurse im Master Biomedical Sciences belegen, die mein Humanbiologie-Studium in Marburg ergänzen. Die Bewerbung lief über den Fachbereich in Marburg. In einem kurzen Gespräch mit dem Fachbereichsleiter, zusammen mit anderen interessierten Studierenden, ging es vor allem darum, unsere Motivation für ein Auslandssemester zu erläutern und die jeweilige Länderwahl zu begründen. Für die Bewerbung war auch ein DAAD-Sprachnachweis für Englisch erforderlich, den ich im Sprachenzentrum der Uni Marburg gemacht habe.
Nach der Zusage habe ich mich zu Studienbeginn privat mit dem Auto nach Leuven bringen lassen, aber auch die Anreise mit dem Zug ist einfach und unkompliziert, von Frankfurt aus braucht man etwa 3–4 Stunden. Mein erster Eindruck von Leuven war durchweg positiv: Die Stadt ist wunderschön, erinnert von der Größe her ein wenig an Marburg und besticht durch ihre vielen alten Gebäude und ihr lebendiges Flair. In der ersten Woche nahm ich an der von ESN Leuven organisierten Orientation Week teil. Die verschiedenen Veranstaltungen waren eine tolle Möglichkeit, schnell neue Leute kennenzulernen und sich in der Stadt zurechtzufinden. Was die Unterkunft betrifft, hatte ich anfangs allerdings große Schwierigkeiten. In Belgien werden viele Zimmer nur für ein ganzes Jahr vermietet, Wohnheimplätze sind knapp und Zwischenmieten selten. Ich war kurz davor, mein Auslandssemester abzusagen, weil ich kein Zimmer gefunden habe. Letztlich hatte ich Glück und bekam ein voll möbliertes Zimmer in einem Wohnheim. Küche und Bad habe ich mit sieben anderen Studierenden geteilt. Die Miete war etwas höher als in Marburg, vor allem wegen der Kurzzeitmiete, aber ich wohnte sehr zentral. Allen zukünftigen Austauschstudierenden würde ich empfehlen, sich frühzeitig um eine Unterkunft zu kümmern (z. B. über „Kotwijs“, die Wohnheimseite der Uni oder über Facebook). Auch der Kontakt zur KU Leuven Stuvo war sehr hilfreich.
Akademisch war das Semester sehr bereichernd. Ich habe einen Grundkurs (Human Diseases), zwei Research Tracks und einen Niederländisch-Sprachkurs belegt. Zusätzlich konnte ich an einem fünfwöchigen Laborpraktikum teilnehmen, eine super Gelegenheit, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Die Organisation an der KU Leuven ist sehr gut: Schon vor Beginn des Semesters hatte ich Kontakt zu einer Ansprechpartnerin aus der medizinischen Fakultät, die mich bei meiner Kurswahl unterstützte und jederzeit für Fragen zur Verfügung stand. Sprachlich gab es keine Schwierigkeiten, auf Englisch ließ sich alles gut regeln und auch im Alltag kam ich problemlos zurecht. In meiner Freizeit habe ich viele internationale Kontakte geknüpft, über Veranstaltungen des ESN Leuven sowie durch meinen englischsprachigen Masterstudiengang. Belgier*innen habe ich hingegen kaum kennengelernt, da die meisten den niederländischsprachigen Masterstudiengang gewählt haben. Über die KU Leuven konnte man außerdem eine Sportscard erwerben, mit der ich Zugang zu verschiedensten Sportangeboten bekam oder auch Sportplätze wie Beachvolleyballfelder oder Padelcourts nutzen konnte.
Besonders beliebt unter den Studierenden ist der Oude Markt – eine lebendiger Marktplatz, an dem sich abends viele treffen und es sich prima durch die Vielfalt belgischer Biere probieren lässt. Leuven selbst ist eine sehr lebenswerte Stadt. Ich würde jedem empfehlen, sich eine Wohnung innerhalb des Stadtzentrums („Ring“) zu suchen. Dort kann man alles bequem zu Fuß oder mit dem Rad erreichen. Fahrradfahren ist sowieso das Fortbewegungsmittel der Wahl in Leuven, also am besten gleich zu Beginn ein Rad mitbringen oder ausleihen. Ansonsten kann man sich aber auch sehr günstig über die Uni eine Busfahrkarte für das Semester kaufen. Auch das Reisen kam nicht zu kurz. Dank des gut ausgebauten Zugnetzes kommt man innerhalb Belgiens schnell und pünktlich von A nach B. Wochenendtrips nach Brügge, Gent, Antwerpen oder Brüssel lohnen sich absolut, und am Wochenende sind die Tickets besonders günstig.
Was die Lebenshaltungskosten angeht, ist Belgien insgesamt etwas teurer als Deutschland, besonders bei der Miete und bei Drogerieartikeln. Die Lebensmittelpreise sind dagegen etwa vergleichbar mit denen in Deutschland.
Rückblickend war das Auslandssemester für mich eine großartige Erfahrung. Ich habe viele neue Freundschaften geschlossen und durch das Praktikum am Rega Institute for Medical Research spannende und wertvolle Einblicke in die Forschung erhalten. Ich kann wirklich jedem empfehlen, diese Möglichkeit zu nutzen, nicht nur um die eigene Komfortzone zu verlassen, sondern auch um neue Perspektiven zu gewinnen und sich akademisch wie persönlich weiterzuentwickeln.
Ein Tipp zum Schluss: Zwischen der Zusage von Seiten der Uni Marburg und der finalen Bestätigung durch die Gastuniversität kann einige Zeit vergehen, in meinem Fall waren es drei Monate. Ich hätte mir damals gewünscht, schon früher gewusst zu haben, dass man sich trotzdem bereits in dieser Zeit um eine Unterkunft kümmern sollte.