02.10.2023 Ausflug ins Pergamonmuseum Berlin

Foto: J. Dams

Die Museumsinsel in der Bundeshauptstadt Berlin beherbergt das berühmte Pergamonmuseum, benannt nach dem Pergamonaltar, der dort in Originalgröße rekonstruiert ist. Aufgrund von umfassenden Sanierungsarbeiten am Nordflügel des Gebäudes ist dieser Bereich der Ausstellung seit Herbst 2014 geschlossen. Nun, da die Sanierungsarbeiten voraussichtlich im Frühjahr 2027 beendet sein werden, beginnt die Sanierung der Räumlichkeiten des in demselben Gebäude befindlichen Vorderasiatischen Museums. Zu diesem Zweck wird der Südflügel ab dem 23. Oktober 2023 bis mindestens zum Jahr 2037 geschlossen. Das Vorderasiatische Museum beinhaltet eine der weltweit wichtigsten Sammlungen zum Alten Orient, in der einige Elemente der altorientalischen Architektur in Originalgröße aufgebaut und begehbar sind. Als die berühmteste architektonische Rekonstruktion darf wohl das berühmte Ischtartor gelten. Mit der Schließung dieser Ausstellung werden diese außergewöhnlichen Kulturgüter auch für Studierende und Forschende der betroffenen Fächer auf lange Zeit nicht zugänglich sein.

Aus diesem Grund haben sich die Lehrenden und Studierenden der betroffenen und angrenzender Fachgebiete an der Philipps-Universität Marburg zusammengetan und am 12.09.2023 eine eintägige Exkursion nach Berlin unternommen. Die Exkursion wurde im Vorfeld von Prof. v. d. Osten-Sacken organisiert und mit ca. 20 Teilnehmenden durchgeführt.

Um 8:20 Uhr begann die Reise in Marburg a. d. Lahn und mit etwas Verspätung konnte die Besichtigung der Ausstellung gegen 13:30 Uhr beginnen. Da um 14:00 Uhr ein Vortrag der stellvertretenden Direktorin Dr. Nadja Cholidis angesetzt war, wurde die erste halbe Stunde dazu genutzt, sich mit den Räumlichkeiten vertraut zu machen. Vor allem das berühmte Ischtartor stellte einen großen Anziehungspunkt dar. Nach einer fachkundigen Einführung anhand eines Modells durch Prof. Heeßel und Prof. v. d. Osten-Sacken, bei der den staunenden Teilnehmern klar wurde, dass das gesamte Tor um einiges größer gewesen ist als die in Berlin präsentierte Fassade, gab es die Möglichkeit, ausgiebig Fotos und Selfies zu machen, sowie über die dazugehörige Bauinschrift Nebukadnezars zu fachsimpeln.

Foto: A. Howe
Foto: A. Howe

Im Anschluss wurde die gesamte Gruppe von Dr. Cholidis begrüßt und in den Yazılıkaya-Raum geführt, der extra für den nun folgenden Vortrag geschlossen wurde. Dr. Cholidis informierte die Gruppe, dass sie nicht nur stellvertretende Direktorin des Museums sei, sondern dass sie darüber hinaus die Hauptverantwortung für die am Gebäude laufenden Sanierungsarbeiten übernommen habe. Daraufhin berichtete sie den gespannt lauschenden Zuhörern mit welchen immensen Herausforderungen und zeitlichen Verzögerungen die Sanierungsarbeiten verbunden seien. Die Planungen befänden sich in einem andauernden Interessenkonflikt zwischen den Anforderungen des Museums, dem Landesdenkmalamt Berlin und der Erbengemeinschaft des inzwischen verstorbenen Architekten, dessen Entwürfe dem Urheberrecht unterliegen. Hinzu komme, dass die Entwürfe aufgrund der langen Sanierungszeit bis zur Neueröffnung nicht mehr zeitgemäß sein würden und dass darüber hinaus neue Energiegesetze in die Planung mit einbezogen werden müssten. Sie selbst würde den Abschluss der Arbeiten, denen sie einen großen Teil ihres Arbeitslebens geopfert hatte, leider nicht mehr im Amt erleben, da sie zuvor in den Ruhestand versetzt würde. Der Vortrag gaben einen herausragenden Einblick in die Problematik der Sanierungsarbeiten aus erster Hand und vermittelte den Zuhörern auf der einen Seite ein Verständnis für die lange Schließung der Sammlung auf der anderen Seite aber auch Respekt für die dahinterstehende Arbeit und bei dem ein oder anderen wohl auch eine gewisse Erleichterung, solche Verantwortungen nicht selbst tragen zu müssen.

Im Anschluss wurden die Teilnehmenden der Exkursion in drei Gruppen von Prof. Heeßel, Prof. v. d. Osten-Sacken und Dr. Howe durch die Sammlung geführt. Im Eingangsbereich befindet sich die späthethitische Sammlung mit Monumenten, Inschriften und Artefakten der aramäischen Stadtstaaten Samʾal (Zincirli) und Guzana (Tel Halaf). Danach ging es vorbei an der berühmten Asarhaddon-Stele aus Samʾal, auf der an den Seiten auch seine beiden vertraglich festgelegten Nachfolger Assurbanipal und Šamaš-šum-ukin dargestellt sind, in den Bereich der sumerisch-babylonischen Ausstellung. Dort konnten vor allem die Funde aus Uruk und Habuba Kabira besichtigt werden. Unter den sumerischen, babylonischen und altiranischen Denkmälern stachen die Mauern des Stiftmosaik-Tempels aus Uruk und die Rekonstruktionen der früheren Bauphasen des Ischtartores hervor.

Foto: A. Howe

Im Anschluss ging es in die assyrische Sammlung, deren erster Ausstellungsraum von einem großen Wasserbecken aus der Zeit Sanheribs dominiert wurde. In den dortigen Vitrinen gab es einiges zur Schriftlichkeit des Alten Orients zu sehen, was natürlich besonders interessant für die Philologen war. Der folgende Raum war so konstruiert, dass die Besucher einen Eindruck von einem typisch neuassyrischen Palastraum bekommen sollten. Moderne Lichtinstallationen färbten die Reliefs derart ein, dass man eine Vorstellung von der ursprünglichen Farbvielfalt der Darstellungen bekommen konnte. Einige der Originalfarben sind im unteren Bereich sogar erhalten. Ein weiteres Highlight in diesem Raum war eine große Informationstafel mit den Mittelassyrischen Gesetzen, auf der Auszüge zu auf Frauen bezogener Gesetzgebung in der zweiten Hälfte des 2. Jt. v. Chr. vorgestellt wurden. Leider waren die Ausstellungsräume mit den Privatgrüften der assyrischen Herrscher verschlossen und konnten somit nicht besichtigt werden. Nach gut anderthalb Stunden Besichtigung musste der Heimweg gegen 17:00 angetreten werden. Die Rückfahrt wurde ebenso wie die Hinfahrt als Möglichkeit für den gegenseitigen Austausch genutzt, sodass die lange Fahrt wie im Flug verging und alle müde, aber glücklich wieder in Marburg ankamen.

An dieser Stelle möchten wir Prof. v. d. Osten-Sacken, Prof. Heeßel und Dr. Howe herzlich für die Vorbereitung und Durchführung der Exkursion danken, die es allen Teilnehmenden vielleicht ein letztes Mal ermöglicht hat, sich diese außergewöhnliche Sammlung anzusehen, bevor sie für viele Jahre geschlossen werden wird. Die Zeit in Berlin wird uns allen in guter Erinnerung bleiben.

Textverfassung: Johannes Dams