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One week in Paris – 9th ICC Mediation Competition 
Ein unvergessliches Erlebnis 

Unsere Reise begann am 6. Februar 2014 am Hauptbahnhof Marburg. Unser Ziel: die 9th ICC International Commercial Mediation Competition in Paris. Die Internationale Handelskammer (ICC) lud zum neunten Mal, vom 7. bis 12. Februar 2014, zur Mediation Competition Week in Paris ein, an der insgesamt 66 Universitäten aus 33 verschiedenen Ländern teilnahmen. Unsere Aufgabe war die Verhandlung fiktiver Streitfälle im internationalen Handelsrecht, die im Rahmen einer Wirtschaftsmediation gelöst werden sollten. 120 hoch erfahrene Mediatoren begleiteten den Wettbewerb.

Bevor wir jedoch in den Wettbewerb starteten, wartete eine Menge Arbeit auf uns. Mit Hilfe unseres Coaches Patrik Mähling und des Initiators des Mediation Competition Teams Marburg, Dr. Reinmar Wolff, bereiteten wir uns intensiv auf den anstehenden Wettbewerb vor. Im Laufe der Vorbereitungen lernten wir Methoden und Vorgehensweisen der Wirtschaftsmediation näher kennen und erarbeiteten gemeinsam, welche Aspekte bei einer Mediationssimulation beachtet werden müssen.

Aber was ist überhaupt Mediation? Mediation ist eine alternative Streitbeilegungsmethode, die dabei helfen kann, Konflikte friedlich beizulegen und die bestmögliche Lösung für beide Seiten zu finden. In unseren Fällen ging es ausschließlich um wirtschaftliche Streitigkeiten zwischen zwei internationalen Parteien. Dies können zum Beispiel die Geschäftsführer zweier internationaler Firmen sein, die trotz stets guter Zusammenarbeit eine Meinungsverschiedenheit bezüglich eines Geschäftsvorganges haben. Diese Meinungsverschiedenheit entwickelt sich zu einem so großen Problem, dass man sich gegenseitig misstraut und das Gefühl hat, es gäbe nur einen rechtlichen Ausweg, um die Situation ohne eigene Nachteile zu lösen. Eine Rechtsstreitigkeit ist jedoch nicht nur sehr zeitintensiv und kostspielig, es würde auch der weiteren Geschäftsbeziehung schaden. Solche Fälle im Rahmen einer Mediation zu verhandeln wird in Wirtschaftskreisen immer populärer. Denn durch eine Mediation kann im günstigsten Falle das optimale Ergebnis für eine solche Streitigkeit gefunden werden: Eine Lösung, mit der beide Parteien zufrieden sind und auf deren Grundlage auch weiterhin eine gute Zusammenarbeit stattfinden kann. Auch wenn die Fälle zunächst häufig schwer lösbar erscheinen, ist es doch oft möglich, zu einer zufriedenstellenden Lösung für beide Seiten zu kommen, indem man in der Verhandlung aufeinander zugeht und offen für Vorschläge ist. Ein/e anwesende/r MediatorIn trägt zur Deeskalation und zur besseren Kommunikation der beiden Parteien bei, die zur schnellen und effektiven Streitlösung essentiell ist.

Die Simulationen des Wettbewerbs beruhen auf fiktiven Fällen, sind jedoch alle sehr realitätsnah. Hierbei erhält jede Partei sowohl allgemeine Informationen zum Fall, die auch der Gegenseite bekannt sind, als auch spezifische vertrauliche Informationen, die nur für die jeweilige Partei bestimmt sind. Gerade für den Fall der Offenlegung wichtiger Punkte ist der Mediator von besonderer Bedeutung, da es seine Aufgabe ist, neutral zu vermitteln und strategisch die Parteien vorwärts zu bringen. So werden im Verlauf der Mediation gemeinsame Ziele ermittelt und Lösungsansätze ausgearbeitet, um ein Ergebnis zu erreichen, mit dem beide Parteien zufrieden sind. In den 85 Minuten, die man während der Simulation Zeit hat, wird nur selten ein Ergebnis erreicht. Das ist aber auch kein Bewertungskriterium, da es in der Realität auch viel länger dauert, seine Interessen offenzulegen, aufeinander zuzugehen und Lösungen zu erarbeiten. Wichtig ist, bei der Simulation sich anzunähern, dabei ganz klar seine Interessen zu vertreten, aber auch die Interessen der Gegenpartei zu bedenken, viel mit ihr zu kommunizieren und Vorschlägen gegenüber offen zu sein.

Da der ganze Wettbewerb in einem internationalen Umfeld stattfand, war es für uns zunächst wichtig, unsere Kenntnisse des Rechts- und Wirtschaftsenglischen zu erweitern. Unser Team war interdisziplinär zusammengesetzt, mit zwei Friedens- und Konfliktforscherinnen und zwei Juristinnen. Dies hatte zur Folge, dass wir auch viel über fachspezifisch unterschiedliche Herangehensweisen an Konfliktlösungen erfuhren. Ende Oktober lernten wir uns in englischen Konversationen bei einem gemeinsamen Frühstück zunächst einmal alle kennen, verteilten Aufgaben und planten die nächsten Treffen. Der Team-Spirit war von Anfang an sehr gut.

In den folgenden drei Monaten trafen wir uns wöchentlich, um die ersten vier Fälle, die wir in Paris simulieren sollten, ausführlich zu bearbeiten und Mediationspläne zu entwickeln. Wir simulierten gemeinsam mit unserem zum Mediator ausgebildeten Coach, Patrik Mähling, Wirtschaftsmediationen mit Sachverhalten aus früheren Wettbewerben. Patriks Mediationskenntnisse halfen uns sehr, uns im Bereich der Verhandlungs- und Mediationstechniken weiterzuentwickeln. Bei der Erarbeitung ausführlicher Mediationsstrategien für die Fälle des bevorstehenden Wettbewerbs war es wichtig, sowohl sorgfältig als auch kreativ vorzugehen. Wichtig war es auch, sich in die Situation der anderen Partei hineinzuversetzen, um schon im Vorfeld abzuklären zu können, welche Interessen sie verfolgen würde.

Neben den Vorbereitungen für Paris organisierten wir einen ersten offiziellen deutschen Pre-Moot in Marburg, zu dem alle an der ICC Mediation Competition teilnehmenden deutschen Teams eingeladen wurden. Es war eine gute Möglichkeit, um erste Praxiserfahrungen im Rahmen eines Wettbewerbes zu sammeln und zudem spannend, die anderen deutschen Teams schon im Vorfeld des eigentlichen Wettbewerbs kennenzulernen. Bei der Organisation des Events lernten wir eine Menge über Veranstaltungsplanung und -durchführung.

Nach monatelanger Vorbereitung, der Festigung unserer englischen Konversationsfähigkeiten und dem auf Paris vorbereitenden Pre-Moot waren wir nun soweit: ICC Mediation Competition Team Marburg goes to Paris. Verhandeln durften wir in den neuen Räumlichkeiten der ICC Paris in der Nähe des Eifelturms und in einer der international renommiertesten Großkanzleien direkt neben dem französischen Justizministerium. Unser Team bildete zwei Paare und verhandelte in der Vorrunde vier Fälle in drei Tagen.

Auch der soziale Aspekt des Wettbewerbs kam nicht zu kurz. Bei diversen Cocktails und Empfängen, die an prunkvollen Orten wie der Maison des Arts et Métiers und dem Cercle de l'Union Interalliée stattfanden, konnten wir internationale Kontakte knüpfen: mit anderen Universitätsteams, Mediatoren sowie renommierten Wirtschaftsjuristen, die während des Wettbewerbs als Juroren tätig waren.

Auch wenn wir nicht über die Vorrunde hinausgekommen sind – es war eine tolle Erfahrung! Nach unserem Ausscheiden am dritten Wettbewerbstag haben wir die zwei verbleibenden Tage genutzt, um uns Paris anzuschauen, die Cocktailempfänge unbeschwert länger zu genießen und vor allem viele neue Bekanntschaften zu schließen und interessante Kontakte zu knüpften. Zudem haben wir uns sehr für die weiterkommenden Teams gefreut, die zum Teil unsere Gegner waren, schließlich aber auch während dieser wunderbaren Tage unsere Freunde wurden.

Die Reise nach Paris, der Aufenthalt und die gesamte Vorbereitungszeit waren eine sehr bereichernde Erfahrung. Wir haben sehr viel über Teamarbeit, über selbstständiges sowie gemeinsames Arbeiten und Organisieren gelernt. Als wir in Paris endlich das Gelernte in einem so interkulturellen Umfeld die Praxis umsetzen konnten, haben wir gemerkt, welche riesigen Fortschritte eine jede von uns über die letzten Monate gemacht hatte.

Alles in allem hatten wir eine unheimlich tolle Zeit und sind sehr dankbar für die Erfahrungen, die wir machen konnten. Der Wettbewerb hat uns in die Methodik der alternativen Streitbeilegung eingeführt und uns ganz neue Welten eröffnet. Dies wäre nicht ohne unsere Sponsoren und unsere Marburger Betreuer möglich gewesen, bei denen wir uns nochmal ausdrücklich an dieser Stelle bedanken möchten.

Hatice Özyurt, Magdalene Strzedulla, Maren Trautmann und Katrin Wagener