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Willkommen am Fachgebiet für Politische Theorie

Aktivitäten siehe Portal Ideengeschichte
Im Paradies existieren weder Ideen noch Theorien, es sei denn als unernste semantische Spielerei, als Zeitvertreib der gelangweilten Bewohner. Ideen und Theorien gibt es dort nicht, weil in der besten aller Welten nichts zur Veränderung drängt. Paradiese stellen die Zeit still, weil es nichts zu optimieren gibt. Damit entstehen aber keine Probleme, keine Fragen und Rätsel. Nur Verführte und Verrückte fragen und verlieren sofort den paradiesischen Zustand, werden vertrieben und damit bedürftig der Ideen und Theorien. Verstanden werden muss überhaupt erst dann, wenn Selbstverständlichkeit verloren gegangen ist. Verstehensbemühungen signalisieren also immer einen Mangel. Wirklichkeit muss neu gedeutet werden. Dazu bedarf es eines Filters, der die Verstehensbemühung lenkt und aus den Umweltgeräuschen jenes betont, das in das Zentrum des Interesses gerückt werden soll. Theorien sind solche Filter. Sie sind also keine Spiegel von Natur und Gesellschaft, sondern Instrumente, mit denen die Voraussetzung für eine Untersuchung von Wirklichkeit durch Konstruktion dieser Wirklichkeit erst geschaffen werden soll. Politische Theorien florieren dann in Krisenzeiten, wenn es darauf ankommt, die aus den Fugen geratene Welt zu verstehen und neu zu entwerfen. Theorien sind also Instrumente mit deren Hilfe Wirklichkeit als untersuchbare Realität überhaupt erst entsteht. Am Lehrstuhl werden politische Theorien in ihrer Wirklichkeitskonstruktion analysiert und gleichzeitig wird politische Theorie auch metatheoretisch als Theorie der Politikwissenschaft betrieben. Wobei vor allen Dingen auch die normativen Aspekte des Begriffs des Politischen als besondere Form öffentlicher Herrschaft bearbeitet werden. Das Verständnis von Theorien folgt dabei einem konstruktivistischen und pragmatischen Ansatz, der ideengeschichtliche Einflüsse des deutschen Idealismus und des vor allem von Richard Rorty geprägten Neopragmatismus aufgreift.
Von den Theorien als spezifische Instrumente der Erforschung und des Managements von Wirklichkeit, die sich in ihrer Funktionalität vor der jeweiligen scientific community zu rechtfertigen haben, sind Ideen zu unterscheiden. Ideen werden als Kommunikationen begriffen, die Angebote des Neuen machen. Wer sagt, er habe eine Idee, macht einen Vorschlag zur Veränderung bisher abgelaufener, eingeschliffener Kommunikation. Deshalb lösen Ideen Irritationen aus. Der Vorschlag, etwas Neues zu versuchen, löst Zustimmung oder Ablehnung aus. Auf das Variationsangebot folgt also eine Selektionsleistung und eine entsprechende Neuordnung der Kommunikation, die auch eine Bekräftigung des Althergebrachten sein kann (eine neue Bejahung des Alten). Auch Ideen florieren in Krisenzeiten, in denen der Bedarf nach Neuem besonders groß ist. Der Idee, politische Ideen als spezifische Kommunikationen zu untersuchen, liegt ein interdisziplinäres Vorgehen nahe. Politische Leitbegriffe wie Macht und Herrschaft, Partizipation und Freiheit, Autonomie und menschliche Würde, Staat und Gesellschaft können sinnvoll nur im Zusammenwirken von Text- und Bildwissenschaften betrieben werden. Das seit 2010 bestehende "Portal Ideengeschichte" (Koordinator Jörg Probst) ist eine Forschungs- und Lehrplattform, die sich einer solchen Interdisziplinarität besonders verpflichtet weiß. Die Politikwissenschaft wird im Rahmen dieser Interdisziplinarität ihrer Aufgabe, Integrationtswissenschaft gerade auch in normativer Absicht zu sein, gerecht.