23.11.2023 Sprachzensur an hessischen Hochschulen?

Das gegenwärtige Eckpunkte-Papier der Regierungskoalition sieht vor das Gendern mit Sternchen, Doppelpunkt oder Unterstrich in hessischen Institutionen, darunter auch Hochschulen, zu verbieten. Das bedeutet nicht zuletzt einen massiven Eingriff in die Freiheit von Forschung und Lehre und die Autonomie der Hochschulen!

Die Lakof (Landeskonferenz der hessischen Hochschulfrauen- und Gleichstellungsbeauftragten) hat dazu heute, am 23.11.2023, die folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Gegen Sprachzensur an hessischen Hochschulen

Stellungnahme der Landeskonferenz der hessischen Hochschulfrauen- und Gleichstellungsbeauf-tragten (LaKoF) zum Eckpunktepapier der Hessenkoalition von CDU und SPD

Die LaKoF Hessen lehnt die geplante Sprachzensur an hessischen Hochschulen entschieden ab. Ein derartiges Verbot geschlechtergerechter Sprache widerspricht den Vorgaben des Hessischen Hochschulgesetzes zu Gleichstellung und Antidiskriminierung, es greift in die Freiheit von Wissenschaft und Kunst ein und läuft einer gesellschaftlichen Entwicklung hin zu einem wertschätzenden Umgang mit Vielfalt diametral entgegen. Wir fordern die Koalition auf, die Gleichstellungsarbeit an Hochschulen durch konstruktive Maßnahmen voranzubringen anstatt sie durch Verbote und Sprachzensur zu konterkarieren.

Die Gesetze des Bundes (Grundgesetz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, Personenstandsgesetz) und des Landes (Hessisches Gleichberechtigungsgesetz und Hochschulgesetz) geben vor, diskriminierungsfreie Arbeits- und Studienbedingungen zu schaffen und Geschlechtergerechtigkeit auch in der Sprache zu beachten. Das Personenstandsgesetz erkennt seit 2019 mehrere Geschlechtsidentitäten an, die in der Gleichstellungsarbeit – und entsprechend auch in der Sprache – zu berücksichtigen sind.

Hochschulen sind Orte des Lernens, Lehrens, Forschens und Arbeitens und Orte der Reflektion gesellschaftlicher Entwicklungen. Die Auseinandersetzung mit Sprache im Kontext von Ungleichheitsverhältnissen und die Suche nach diskriminierungssensiblen Ausdrucksformen sind fester Bestandteil des aktiven Diskurses an Hochschulen und unverzichtbares Element der Gleichstellungsziele. Diese Auseinandersetzung ist nicht durch Verbote zu regeln.
Hochschulen leisten erfolgreiche Arbeit in den Bereichen Geschlechtergleichstellung, Diversität und Antidiskriminierung. Die Hochschulen erwarten von der Landesregierung eine seriöse, sie in ihrem Auftrag bestärkende Politik, die nicht auf populistische Maßnahmen setzt und folglich auch auf die geplante Sprachzensur verzichtet. [DOWNLOAD]

Unterzeichnet von
Dr. Sylke Ernst, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Universität Kassel 
Dr. Margit Göttert, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte, Frankfurt University of Applied Sciences

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In Ergänzung dazu haben die hessischen Geschlechterforschungseinrichtungen die folgende Stellungnahme verfasst, die im riseup-Pad gerne noch unterzeichnet werden kann.

Wir, hessische Wissenschaftler*innen, Hochschulmitarbeiter*innen und Zentren der Geschlechterforschung, sind irritiert über das im Eckpunktepapier der zukünftigen hessischen Regierungskoalition notierte Vorhaben, einen allgemeinen Verzicht des „Genderns mit Sonderzeichen“ in öffentlich-rechtlichen Institutionen vorzuschreiben. Das Verbot einer inklusiven Sprache an Hochschulen stellt u. a. einen massiven Eingriff in die Wissenschaftsfreiheit dar und wird allein aus rechtlichen Gründen nicht umsetzbar sein. Wir erwarten von den zukünftigen Koalitionspartner*innen, von derart populistischen Ansinnen Abstand zu nehmen, den Passus zu streichen und für eine rechtskonforme Politik und eine demokratische, inklusive Wissenschaft und Gesellschaft ." 

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