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Magenkarzinom

Klinik und Genetik

Beim sporadischen bzw. nicht-familiären Magenkarzinom handelt es sich um die vierthäufigste Krebserkrankung. Alleine in Deutschland erkranken jährlich über 20.000 Menschen an einem Magenkarzinom. Dabei tritt das sporadische Magenkarzinom bei älteren Menschen häufiger als bei jüngeren auf, das mittlere Erkrankungsalter beträgt bei Männern 71 und bei Frauen 76 Jahre. Grundsätzlich müssen zwei unterschiedliche Typen des Magenkarzinoms unterschieden werden. Das Magenkarzinom vom intestinalen Typ ist die häufigste Ausprägung. Im Tumorgewebe finden sich meist noch gut differenzierte Strukturen der Magenschleimhaut. Demgegenüber enthält das Magenkarzinom vom diffusen Typ keine Strukturen der Magenschleimhaut mehr und ist durch ein infiltratives Wachstum in das Magengewebe gekennzeichnet.

Die Infektion mit Helicobacter pylori-Bakterien stellt für beide Ausprägungstypen den wichtigsten Risikofaktor dar. Daneben kommt der genetischen Belastung als Risikofaktor für das Magenkarzinom Bedeutung zu. Der Beitrag genetischer Faktoren an der Entstehung des sporadischen Magenkarzinoms liegt bei ca. 30%. Dabei handelt es sich um eine genetisch komplexe Krankheit, die durch das gleichzeitige Vorliegen von Genveränderungen bzw. Risikovarianten in vielen unterschiedlichen Genen gekennzeichnet sind. In unterschiedlicher und individueller Kombination sowie in Wechselwirkung tragen sie zur Krankheitsdisposition bei. Die einzelnen Risikogene für das sporadische Magenkarzinom sind allerdings noch nicht bekannt. Ihre Entschlüsselung ist aber von entscheidender Bedeutung, um Fortschritte bei der Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten machen zu können.

Forschungskonzept

Das Ziel von staR liegt in der Aufklärung der zellbiologischen Ursachen des sporadischen Magenkarzinoms. Die Aufklärung der krankheitsrelevanten Vorgänge könnte zur Entwicklung kausal wirkender Medikamente führen. Darüber hinaus könnten Biomarker entwickelt werden, die eine bessere Prävention für Risikopersonen und Prognose für Betroffene zulassen. Der entscheidende Schritt bei der Aufklärung der zellbiologischen Ursachen liegt in der Identifikation der genetischen Risikovarianten.

Die erfolgreiche Aufklärung von multifaktoriellen Krankheiten ist seit wenigen Jahren durch sog. genomweite Assoziationsanalysen (GWAS) möglich. Im Rahmen von staR planen wir die Durchführung dieser modernen molekulargenetischen Untersuchungsmethode. Sie wurde bislang bei der Erforschung der Ursachen des Magenkarzinoms noch nicht eingesetzt. Genetische Assoziationsanalysen werden an großen Kollektiven von betroffenen Personen und gesunden Kontrollpersonen durchgeführt. Es wird untersucht, ob ein bestimmtes Allel einer genetischen Variante häufiger bei Patienten als bei Kontrollen vorkommt. Liegen signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen vor, stellt das bei den Patienten überrepräsentierte Allel den genetischen Risikofaktor dar. Mittlerweile sind Assoziationsanalysen genomweit möglich. Bei diesen GWAS handelt es sich um die derzeit modernste Methode zur Aufklärung multifaktorieller Krankheiten. GWAS müssen aber an relativ großen Fall-Kontroll-Kollektiven durchgeführt werden, damit die krankheitsverursachenden Allele sicher identifiziert werden können.

In schon naher Zukunft wird das Next Generation Sequencing (NGS) das modernste molekulargenetische Verfahren für die Analyse multifaktorieller Krankheiten darstellen und die Komplettsequenzierung (Bestimmung der Abfolge bzw. der Sequenz der Basen) des gesamten Genoms von größeren Kollektiven erlauben. Sofern Risikovarianten multifaktoriellen Krankheiten zugrunde liegen, die sich mit GWAS nicht identifizieren lassen, können sie durch das NGS gefunden werden. Im Rahmen von staR möchten wir frühestmöglich NGS-Untersuchungen beim sporadischen Magenkarzinom durchführen.

Mit der Identifikation der Risikogene endet unser Forschungsvorhaben jedoch nicht. Detektierte Risikogene sind die Voraussetzung, um die für das sporadische Magenkarzinom relevanten Pathways durch anschließende zellbiologische und bioinformatische Analysen zu identifizieren.

Ansprechperson

Prof. Dr. Johannes Schumacher

Zur Webpage von staR gelangen sie unter http://star-project.md/.

Ausgewählte Publikationen

Weise F, Vieth M, Reinhold D, Haybaeck J, Goni E, Lippert H, Ridwelski K, Lingohr P, Schildberg C, Vassos N, Kruschewski M, Krasniuk I, Grimminger PP, Waidmann O, Peitz U, Veits L, Kreuser N, Lang H, Bruns C, Moehler M, Lordick F, Gockel I, Schumacher J, Malfertheiner P, Venerito M. Gastric cancer in autoimmune gastritis: A case-control study from the German centers of the staR project on gastric cancer research. United European Gastroenterol J. 2020 Mar;8(2):175-184. 

Heinrichs SKM, Hess T, Becker J, Hamann L, Vashist YK, Butterbach K, Schmidt T, Alakus H, Krasniuk I, Höblinger A, Lingohr P, Ludwig M, Hagel AF, Schildberg CW, Veits L, Gyvyte U, Weise K,  Schüller V, Böhmer AC, Schröder J, Gehlen J, Kreuser N, Hofer S, Lang H, Lordick F, Malfertheiner P, Moehler M, Pech O, Vassos N, Rodermann E, Izbicki JR, Kruschewski M, Ott K, Schumann  RR, Vieth M, Mangold E, Gasenko E, Kupcinskas L, Brenner H, Grimminger P, Bujanda L, Sopeña F, Espinel J, Thomson C, Pérez-Aísa Á, Campo R, Geijo F, Collette D, Bruns C, Messerle K, Gockel I, Nöthen MM, Lippert H, Ridwelski K, Lanas A, Keller G, Knapp M, Leja M, Kupcinskas J, García-González MA, Venerito M, Schumacher J. Evidence for PTGER4, PSCA, and MBOAT7 as risk genes for gastric cancer on the genome and transcriptome level. Cancer Med. 2018 Oct;7(10):5057-5065.