07.11.2025 Zeit schenken, zuhören, da sein. Ehrenamtliche begleiten Patient*innen am Universitätsklinikum Marburg mit Empathie und Humor.
Sie schenken Nähe, erfüllen Herzenswünsche und schaffen besondere Momente echter Begegnung.
"Manchmal braucht es keine großen Worte – nur jemanden, der einfach da ist.“ Mit diesem Satz bringt Dr. Tillmann Rusch, Facharzt für Innere Medizin sowie Gründer des 2024 gegründeten Vereins Liebe & Freude e. V., auf den Punkt, worum es in der Fortbildung zum*r Ritter*in der Liebe &Freude geht: Patient*innen am Universitätsklinikum Marburg (UKGM) Liebe, Zeit und echtes Mitgefühl zu schenken. Die Idee: Ehrenamtliche begleiten Patient*innen auf den Onkologie- und Palliativstationen, erfüllen Herzenswünsche und schaffen so besondere Momente echter Begegnung.
Begleitung durch Ehrenamtliche
Um dies zu ermöglichen, bildet der Verein Menschen fort, die Patient*innen am UKGM unterstützen. Die Ehrenamtlichen sind für Menschen da, die schwer erkrankt sind, sich in belastenden Lebenssituationen befinden oder am Lebensende stehen. Sie schenken Zeit, hören zu und helfen dabei, letzte Herzenswünsche zu erfüllen.
„Es geht darum, Menschen wirklich zu sehen, ihnen zuzuhören und kleinen Momenten wieder Bedeutung zu geben“, erklärt Dr. Rusch. „Echte Begegnungen kommen im hektischen Krankenhausalltag oft zu kurz – genau hier setzen wir an. Die Begleitung kann auch darin bestehen, Patient*innen beim Formulieren von Fragen für die Ärzt*innen zu unterstützen oder sie bei der Visite zu begleiten.“
Fortbildung zu Ritter*innen der Liebe & Freude
Die kostenfreie Fortbildung umfasst vier Wochenenden im Dr. Reinfried Pohl-Zentrum für Medizinische Lehre (Maris), Conradistr. 7, 35043 Marburg:
29./30.11.2025, 17./18.01.2026, 21./22.02.2026 und 18./19.04.2026, jeweils von 09:30 bis 17:30 Uhr.
„Mit 20 Teilnehmenden ist der erste Durchgang bereits ausgebucht“, berichtet Tillmann Rusch voller Vorfreude. Teilnehmen können alle Interessierten – Studierende, Klinikmitarbeitende sowie Menschen mit und ohne medizinischen Hintergrund. Eine zweite Runde ist bereits geplant.
Humor trifft Professionalität
In der Fortbildung erlernen die Ehrenamtlichen empathisches Zuhören, Gesprächstechniken und Methoden zur Stärkung der eigenen Resilienz. Im Zentrum steht das Erlernen von Clownstechniken – vermittelt von den Mitentwickler*innen der Fortbildung Zora (Christina) und Andreas Hartmann. Etwa zwei Drittel der Workshops widmen sich dem spielerischen Erleben von Präsenz, Authentizität und Humor, um mit offenem Herzen auf Patient*innen zuzugehen. Fachliche Impulse aus Medizin, Psychoonkologie und Pflege begleiten die Teilnehmenden und ergänzen die praktische Arbeit.
Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Biographiearbeit dar: Die Ehrenamtlichen üben, Menschen nach ihrer Lebensgeschichte zu fragen, um schöne Erinnerungen zu wecken und dankbar auf Erlebtes zurückzublicken. Ein Buddy-System stellt sicher, dass Ehrenamtliche mit belastenden Erfahrungen nicht allein bleiben. Zusätzlich bietet ein monatlicher Stammtisch Raum für Austausch und Reflexion.
Herzenswünsche erfüllen, Nähe schenken
Die Idee für den Verein entstand direkt aus dem Klinikalltag. Pflegende und Ärzt*innen erleben immer wieder, wie groß der Wunsch nach menschlicher Nähe ist – gerade dann, wenn medizinische Möglichkeiten ausgeschöpft sind.
„Oft sind es kleine Gesten, die zählen – etwa den Wind im Park spüren, Vogelgezwitscher hören oder mit Freund*innen ein Stück Torte aus der Lieblingskonditorei genießen“, berichtet Theresa Weber, Gesundheits- und Krankenpflegerin & Palliativ Care auf der Onkologie-Station 331 des UKGM.
„Oder ein Künstler möchte seine Bilder nochmals zeigen – dann organisieren wir kurzerhand eine kleine Vernissage im Klinikum – in unserer Freizeit“, ergänzt Dr. Rusch.
Almuth Becker, evangelische Klinikpfarrerin, betont: „Das Wichtigste ist, ganz da zu sein, ohne Zeitdruck und Agenda.“ Christiane Bier, Gesundheits- und Krankenpflegerin & Palliativ Care auf der Station 227, Hämatologie und Onkologie des UKGM, fügt hinzu: „Wenn Patient*innen nach einer Stammzellentransplantation wochenlang isoliert sind, ist es unglaublich wertvoll, wenn jemand einfach da ist und zuhört.“
Ein Netzwerk der Begleitung
Am UKGM arbeiten Pflege, Ärzt*innen, Psychoonkolog*innen und das ökumenische Seelsorgeteam eng zusammen, um Patient*innen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Sechs Klinikseelsorger*innen besuchen täglich Patient*innen, sprechen, beten, schweigen oder halten einfach die Hand. „Das Wichtigste ist, da zu sein und oft das Unaussprechliche gemeinsam auszuhalten“, erklärt Andrea Thomanek, katholische Klinikseelsorgerin am UKGM.
Dieses Netzwerk wird ergänzt durch den Besuchsdienst des Malteser Hilfsdienstes und nun auch durch den Verein Liebe & Freude e. V. – mit Menschen, die Zeit, Liebe und Mitgefühl schenken.
„Wir können nicht alles heilen, aber wir können da sein“, fasst Dr. Rusch zusammen. „Manchmal braucht es keine großen Worte oder Lösungen – nur Präsenz und echtes Interesse am Gegenüber. Das verändert etwas – für Patient*innen und für uns selbst.“
Kontakt und Unterstützung
Der Verein finanziert sich ausschließlich durch Spenden. Wer sich engagieren oder den Verein unterstützen möchte, findet Informationen unter: www.liebe-freude.de