Hauptinhalt

Joy Rosenow-Gerhard

Führen lernen bildet

Die Forschungsarbeit mit dem Titel „Führen lernen bildet“ leistet einen praxistheoretischen Beitrag für Erwachsenensozialisations- und Übergangsforschung. Der Fokus liegt auf Menschen, welche den Wechsel zu einer neuen beruflichen Aufgabe mit erstmaliger Führungsverantwortung in Form einer Projektleitung bewältigen. Es interessiert in dieser Perspektive, wie der Übergang im Rückgriff auf inkorporierte Wissensbestände (Bourdieu 1987; 1993) bewältigt wird und inwiefern die erste Führungstätigkeit zu transformatorischen Bildungsprozessen (Koller 2012) führt. Übergänge werden grundsätzlich als destabilisierend und damit als Bildungsanlässe verstanden, die das etablierte Welt-, Selbst- und Anderenverhältnis in Frage stellen. Mit der Betrachtung der individuell subjektiven Konstruktion der Übergangsbewältigung mit Hilfe von Narrationen (Erhebung: Biographisch-narrative Interviews nach Schütze 1983, Küsters 2009; Auswertung: Biographischen Fallrekonstruktion nach Rosenthal 2005, 2014) wird in der vorliegenden Arbeit ein rekonstruktiver Forschungsbeitrag angestrebt, der aufgrund seiner Rahmung die Mitführung der Ebenen Organisation bzw. Institution erlaubt. Die praxistheoretische Perspektive unterstützt und öffnet den Blick auch für Ermöglichungsbedingungen und Grenzen der Führungspraxis (Schröer 2016). Die Führung eines Projektes (zweckorientierte Zusammenarbeit auf Zeit mit festgelegter Anzahl MitarbeiterInnen und definierter Zielsetzung) erfordert und produziert anderes Führungshandeln bzw. Praktiken als eine unbefristete Führungsposition, denn in projektförmigen (Teil-)Organisationen ändern sich Weisungsbefugnisse je nach Projektzusammensetzung. Mit Picot et al. (2003) gesprochen kommen sowohl MitarbeiterInnen als auch Führungskräften in fluideren Organisationsformen neue Rollen zu. Der Anteil der Projekttätigkeit ist über alle Wirtschaftsbereiche hinweg in Deutschland enorm gestiegen, wird in den nächsten Jahre weiter steigen (Schoper et al. 2015). Vor diesem Hintergrund kommt dem Forschungsvorhaben eine besondere Relevanz zu.