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Prof. Dr. Dr. Nadia Mazouz (ausgeschieden)

Nadia Mazouz ist zu Sommersemester 2022 ausgeschieden und lehrt nun an der ETH Zürich.

Forschungs- und Lehrschwerpunkte
Curriculum Vitae
Publikationen
Projekte

Forschungs- und Lehrschwerpunkte

Moralphilosophie, Politische Philosophie und Sozialphilosophie, Kantische Moralphilosophie, Kontraktualismus und Diskursethik, Philosophie der Gefühle, Theorie der Demokratie, Umwelt- u. Klimaethik, Tierethik, Medizinethik, Zahlen in der Ethik, Moral von Krieg und Frieden.

Curriculum Vitae

2017 - 2022 Universitätsprofessorin für Praktische Philosophie in Marburg
2016 Habilitation in Philosophie am Department für Geistes-, Sozial und Staatswissenschaften an der ETH Zürich. Thema der Habilitationsschrift: Moral von Krieg und Frieden.
Mehrere Forschungsaufenthalte an der School of Philosophy der Australian National University in Canberra.
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Universitäten Stuttgart, Tübingen und Dortmund sowie an der ETH Zürich. Mitwirkung u.a. in Drittmittelprojekten zum Globalen Wandel, zu Krankheitsbegriff und Mittelverteilung im Gesundheitswesen und zur Phänomenologie des Mittelgebrauchs.
2003 Promotion zum Dr. phil. am Institut für Philosophie der Universität Stuttgart. Thema der Dissertation: Aspekte einer deliberativen Theorie der Gerechtigkeit und des Guten.
1999 Promotion zum Dr. rer. nat. am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft und an der Freien Universität Berlin, mit einer Arbeit zur Modellbildung und Simulationen zu selbstorganisierten elektrochemischen Systemen: Fronten, Wellen und stationäre Strukturen in elektrochemischen Systemen.
Studium der Physik an der Technischen Universität Berlin und der Philosophie an der Technischen, der Freien und der Humboldt-Universität Berlin sowie der Universität Leipzig.

Publikationen

1. Monographien

  • Was ist gerecht? Was ist gut? Eine deliberative Theorie des Gerechten und Guten, 459 S., Weilerswist: Velbrück Wissenschaft 2012.

2. Artikel in Fachzeitschriften, Beiträge zu Sammelbänden

  • Die Herausforderungen neuer Kriegspraktiken. Aktuelle Debatten der Moralphilosophie des Krieges, in INDES, Zeitschrift für Politik und Gesellschaft, Ausg. 2, 2019
  • Die Praxis des Krieges. Zur aktuellen Kontroverse um Theorien des gerechten Krieges, Allgemeine Zeitschrift für Philosophie, AZP Heft 2/2018, Jahrgang 43, S. 161-191.
  • Die traditionelle Theorie des gerechten Krieges und die Technik, in Die Reflexion des Möglichen. Zur Dialektik von Handeln,
    Erkennen und Werten, hrsg. von P. Fischer, A. Luckner und U. Ramming, Berlin: LIT 2012, S. 195-212.
  • Zwanghaft, absichtlich, gelassen oder verantwortlich: Über Auffassungen von (technischem) Handeln und die Perspektive des Handelnden, in: Handeln und Technik – mit und ohne Heidegger. Hrsg. von Ch. Hubig, A. Luckner und Nadia Mazouz, Berlin: LIT 2007, S. 93-111.
  • Das Gute Leben in Habermas´ Diskursethik, in: Perspektiven der Diskursethik, hrsg. v. N. Gottschalk-Mazouz, Frankfurt: Königshausen und Neumann 2004, S. 111-142.
  • Krankheit, Gesundheit, gutes Leben und liberale Ethiken, in Dialektik. Zeitschrift für Kulturphilosophie 1/2004, S. 97-116.
  • Krankheitsbegriff und (Verteilungs-)Gerechtigkeit, in: Krankheitsbegriff und Mittelverteilung, hrsg. v. N. Mazouz, U. Wiesing und
    M. Werner, Baden-Baden: Nomos 2004, S. 85-112.
  • (zus. mit Niels Gottschalk-Mazouz:) Wie sollte eine liberale Gesellschaft mit Krankheiten umgehen, wenn sie gerecht sein will?, in: Zeitschrift für medizinische Ethik, Nr. 3, 2004, S. 263-276.
  • Unsicherheit der Normativität und Normativität der Unsicherheit in den Diskursfeldern ‚globaler Wandel’ und ‚Nachhaltigkeit’, in: Nachhaltigkeit und globaler Wandel, hrsg. v. N. Mazouz und N. Gottschalk-Mazouz, Frankfurt: Campus 2003, S. 203-256.
  • Eintrag "Gerechtigkeit", in: Handbuch Ethik. Hrsg. v. M. Düwell, C. Hübenthal und M. Werner. Stuttgart: Metzler 2002 (und folgende Auflagen), S. 365-371.

3. Herausgeberschaften

  • (Hrsg., zus. mit N. Gottschalk-Mazouz): Nachhaltigkeit und globaler Wandel, Frankfurt: Campus 2003, S. 203-256.

Projekte

Meine Forschungsinteressen richten sich auf grundlegende Fragestellungen der praktischen Philosophie sowie auf angewandte Probleme der Moral. Ich verfolge das Projekt, kantische zustimmungstheoretische Ansätze der Moralphilosophie so auszuformulieren, dass sie auf brisante gesellschaftliche und politische Fragen angewandt werden können. Die von mir verfolgte deliberative Variante einer Zustimmungstheorie verzichtet auf theoretische Setzungen. So kann der deliberative Ansatz den Theorienpluralismus in der Moralphilosophie integrieren und als Ausdruck alternativer Vorschläge darüber verstehen, was als Begründung zu akzeptieren ist. Damit verbunden ist auch ein innovativer Ansatz zu Fragen der angewandten Ethik, der mit dem persistierenden Dissens in Gesellschaft und Politik rechnet anstatt ihn wegzudiskutieren.

Zur Ausarbeitung eines solchen deliberativen Ansatzes sind einerseits die methodischen Grundlagen der Theorie voranzubringen und andererseits ihre Erprobung auf verschiedenen relevanten Praxisfelder. Auf der Methodenebene fallen insbesondere Probleme der Ausbuchstabierung und Begründung der Moral an - etwa die Fragestellung, wie zu rekonstruieren ist, was in welchem Kontext (Wissenschaft, Politik, Lebenswelt etc.) als Begründung zu akzeptieren ist, im Rahmen einer Theorie der Gründe und ihrer Verzahnung mit einer Theorie der Rhetorik; das Problem, ob Zahlen in der Moral zählen und wenn ja, wie; die Rolle des einsamen sowie gemeinsamen Nachdenkens in einer Theorie des guten Lebens; der Status von Wesen, die nicht fähig sind (inklusive zukünftiger Generationen), oder von Personen, die nicht willens sind, Deliberationen zu vollziehen (in feindschaftlichen interpersonalen und internationalen Beziehungen).

Die relevanten Praxisfelder sind vielfältig: die Umweltethik und die Wissenschaftsethik, die Tierethik, die Medizin- und die Bioethik, aber auch die genuin politischen Praktiken innerhalb von und zwischen politischen Gemeinschaften. In Bezug auf normative Fragen der Interpolis-Politik sind etwa thematisch: Globale Gerechtigkeit; Moral des Krieges, insbesondere neue Kriegsformen; Demokratie und Menschenrechte; internationale Beziehungen und Völkerrecht. Normative Fragen der Intrapolis-Politik sind zum Beispiel relevant bei den Themen: Verteilungsgerechtigkeit; Demokratie; ziviler Ungehorsam und Revolution; Medienethik.

Mein Forschungsprofil kombiniert eine langfristig angelegte Arbeit zur Ausarbeitung einer deliberativen Theorie und ihrer Anwendungen mit zeitlich begrenzten einzelnen Projekten, in denen spezielle theoretische Probleme fokussiert und einzelne Anwendungsfelder durchgearbeitet werden. Die im Folgenden skizzierten fünf Forschungsprojekte sind kurz- und mittelfristig angelegt:

  1. Ein Projekt zur Frage, wie kantische Zustimmungstheorien der Moral auf das Problem der Zahlen in der Moral reagieren können: Ob und wenn ja unter welchen Bedingungen genau man vorrangig viele retten darf oder soll, statt wenige; ob man gar einigen schaden darf, um viele zu retten. Dieses Thema, das für ein breites Spektrum von Anwendungsfragen relevant ist, betrifft die derzeit wieder heftig diskutierte Anlage von Grundbegriffen der Moralphilosophie, insbesondere die genaue Bestimmung und das Verhältnis von Handlungen und Unterlassungen sowie von positiven und negativen Pflichten.
  2. Ein Projekt zur Interpretation und Kritik der aufklärerischen Moralphilosophie, und dabei insbesondere der kantischen, zur kritischen Einordnung der Zustimmungstheorien der Moral in ihren Entstehungszusammenhang. Dabei soll ein Beitrag zur neueren Debatte zu den Bürden der Vernunft (ausgelöst vom späten Rawls) und zu den methodischen Grundlagen verschiedener kontraktualistischer Theorien sowie des Kantianismus geleistet werden (Einbezug von Emotionen und Rhetorik in Deliberationen; Realismus des Konstruktivismus).
  3. Ein Projekt zur Interpretation und Bewertung neuer Kriegsformen (neue Formen der asymmetrischen Kriege unter Einbeziehung politischer, moralischer und rechtlicher Mittel; „Targeted Killing“, „Krieg gegen den Terror“, hybride Kriege) und neuer Kriegstechnologien (Drohnen, Cyberkrieg).
  4. Ein Projekt zu Demokratie, Rhetorik und Wissenschaft. Es sollen neue Gestalten des wissenschaftlichen Arbeitens in transdisziplinären Verbünden untersucht und bewertet werden im Blick auf die Kommunikation in demokratischen Gesellschaften, etwa Forschung zum Klimawandel.
  5. Ein Projekt zur Moral der Beziehungen zu nicht zustimmungsfähigen Menschen, inklusive zukünftiger Generationen, sowie Tieren in kantischen Zustimmungstheorien der Moral. Dabei gründet die Parallelisierung darin, dass die schwierigsten moralischen Fragen die Abwägungen zwischen Tieren/nicht zustimmungsfähigen Menschen/zukünftigen Generationen untereinander und zu zustimmungsfähigen Menschen betreffen, etwa welche Experimente an Tieren für welchen Nutzen für aktuell lebende und/oder zukünftig lebende Menschen zu begründen sind. Dieses Projekt umfasst mithin Fragestellungen der Tier­ethik, der Medizinethik und der Umweltethik inklusive der Klimaethik.