24.07.2025 Statement zu den Kürzungen bei der Vollversammlung der Beschäftigten

Hier in Marburg wurde 2024 für den Tarifabschluss gestreikt. Eine der zentralen Forderungen war die Entfristung befristeter Arbeitsverhältnisse. (Foto: Maurice Jelinski, Mindlapse Media)
(Foto: Maurice Jelinski, Mindlapse Media)
Hier in Marburg wurde 2024 für den Tarifabschluss gestreikt. Eine der zentralen Forderungen war die Entfristung befristeter Arbeitsverhältnisse.

Auf der letzten Personalversammlung hat Präsident Nauss über die Uni Marburg gesagt, dass es der Spaß bei der Arbeit ist, der die Uni Marburg auszeichnet und der die Uni attraktiv macht. Dieser Spaß ist uns in den letzten Monaten vielerorts vergangen. Seitdem die ersten Gerüchte über Kürzungen an den Hochschulen die Runde machten, ist die Unsicherheit bei den Kolleg*innen immer greifbarer geworden. Die undurchsichtige Art und Weise, wie die Landesregierung diesen Hochschulpakt verhandelt hat, hat viele Kolleg*innen im Unklaren gelassen, ob und wie es für sie weitergeht. Avisierte Fristen wurden mehrfach gerissen, aus unterschiedlichen Quellen gab es unterschiedliche Informationen und am Ende zeichnet sich ein Bild, als hätte die Landesregierung keine Vision für die Zukunft der hessischen Hochschulen. Einzig der Rotstift scheint das politische Programm.

Noch vor zwei Wochen haben Präsident und Kanzler an dieser Stelle davon gesprochen, dass es die Uni Marburg nicht so schlimm treffen wird. Das sieht jetzt plötzlich ganz anders aus. War damals noch die Rede von Stellenkürzungen im oberen zweistelligen Bereich, so sind wir jetzt im dreistelligen Bereich. Hinzu kommen zahlreiche weitere Maßnahmen, von denen vor wenigen Tagen noch keine Rede war. Da fragen wir uns als Beschäftigte schon: Ist das, was heute angekündigt wurde, jetzt alles? Kommen in zwei Wochen, zwei Monaten oder einem Jahr neue Kürzungsmaßnahmen dazu? Setzt sich die Undurchsichtigkeit des Prozesses und die Unsicherheit also fort? 

Wir stellen der Landesregierung schon länger die Frage, wie der öffentliche Dienst in Hessen, wie der Hochschulbereich attraktiver werden soll; vor allem im Rahmen von Tarifverhandlungen. Eins ist in der aktuellen Situation klar: Die Landesregierung wird nicht plötzlich auf die Idee kommen, die Löhne nach oben zu schrauben, um im Bereich der Löhne attraktiv zu werden. Es wird wieder ein hartes und zähes Ringen werden. Dabei haben es die Kolleg*innen jetzt schon immer schwerer, über die Runden zu kommen. Und so bleibt es auch hier dabei, dass die Hochschulen selbst dafür sorgen müssen, dass sie als Arbeits- und Lebensumfeld attraktiv sind und attraktiver werden.

Attraktiv werden durch Entfristung

Die Uni Marburg unternimmt an unterschiedlichen Stellen Schritte, um eine attraktive Arbeitgeberin zu sein. Ein großer Pferdefuß war und ist das Befristungsunwesen. Die vielen Kolleg*innen, deren Verträge Ende 2025 auslaufen, die sich seit Monaten sorgen, was mit ihnen ab Ende des Jahres passieren wird, wissen genau, worum es geht. Wir haben verschiedentlich gehört, dass die hessische Hochschullandschaft nach der Kürzungsrunde nicht wie vorher sein wird; dass die Prozesse, die jetzt anstehen, zu nachhaltigen Veränderungen führen werden. Lassen Sie uns daran arbeiten, dass diese Veränderungen auch positive Aspekte mit sich bringen.

Wir fordern das Marburger Präsidium auf, bei den anstehenden Aushandlungen nicht nur danach zu schauen, wo verschlankt, wo Effizienz gesteigert und wo Aufgaben weggelassen werden können. Wir erwarten, dass Lösungen gefunden werden, wie Stellen nun flächendeckend entfristet werden können, um die Attraktivität der verbleibenden Stellen nachhaltig zu verbessern. Sei es durch die Einführung von Pool-Lösungen, die Etablierung von Departement-Strukturen oder Projektbüros.

Die Überführung fast aller Programmgelder in das Sockelbudget macht es an vielen Stellen möglich, ganz auf Befristungen im administrativ-technischen Bereich zu verzichten. Darüber hinaus ist mit den Gewerkschaften in der Tarifrunde 2024 eine Vereinbarung getroffen worden, dass auch im wissenschaftlichen Bereich Entfristungen stattfinden müssen. Wir erwarten, dass sich an diese Vereinbarung gehalten wird.

Jetzt ist der Moment, um entscheidende Anreize zu setzen für mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse - in der Verwaltung und in der Wissenschaft. Denn wenn wir als Universität jetzt ohnehin einen kritischen Blick auf unsere Strukturen, Abläufe und Verfahren richten, dann ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt, Ideen und Konzepte umzusetzen, die zu weniger befristeten Stellen führen und gute, eingearbeitete Kolleg*innen mit umfassendem Wissen über die Universität langfristig halten.

Demokratisierung der Hochschule als Stärkung der Beschäftigten

Leider scheint die Universitätsleitung nicht von selbst in diese Richtung gehen zu wollen. So wird die gerade angesprochene Vereinbarung für mehr unbefristete Stellen mit den Gewerkschaften im Hochschulpakt relativiert und nur zur Kenntnis genommen. Es ist nur die Rede davon, dass "wo möglich […] rechtliche Hürden für eine moderne Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen abgebaut" werden sollen. Bei so unkonkreten Formulierungen gehen bei uns Gewerkschaften gleich die Alarmglocken los. Wenn hier in letzter Konsequenz eine Schwächung der Tarifautonomie gemeint ist, dann können wir gleich sagen, dass das mit uns nicht zu machen ist. Die Verhandlungen zum Hochschulpakt und die heute vorgestellten Reaktionen darauf haben uns eines gezeigt: Wir brauchen nicht ein Weniger an kollektiver Mitbestimmung in der Gestaltung der Arbeitsbedingungen. Sondern wir brauchen mehr an Beteiligung der Kolleg*innen an der Gestaltung der Strukturen und Bedingungen an unserer Universität.
Seit 20 Jahren wird die Autonomie der Leitungen an nahezu allen Hochschulen sukzessive ausgeweitet. Seit 20 Jahren führen wir die gleichen Diskussionen über eine unzulängliche Finanzierung, schlechte Arbeits- und Studienbedingungen.
Anstatt die Autonomie der Leitungen auszuweiten, ist es aus unser Sicht an der Zeit, die demokratische Teilhabe aller Statusgruppen an den Entscheidungen über die Zukunft unserer Hochschulen zu stärken. Das bedeutet neben der paritätischen Besetzung aller Hochschulgremien auch eine Ausweitung der Beteiligung der Gewerkschaften und Interessensvertretungen an den wirtschaftlichen und organisatorischen Entscheidungen der Universität.
Der aktuelle Hochschulpakt lässt den Präsidien zwar bei der Umsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen und der Finanzplanung der nächsten Jahre freie Hand; die Gewerkschaften und Personalräte sind aus unserer Sicht aber in die nun folgenden Zielvereinbarungen des Landes mit den Hochschulleitungen einzubeziehen - damit wir in 6 Jahren nicht wieder hier stehen, die leeren Kassen, schlechte Arbeitsbedingungen und so weiter beklagen.
Transparenz und Information allein reichen nicht aus. Sie ersetzen keine echte Mitbestimmung.
Die Antwort auf die strukturellen Herausforderungen ist eine Demokratisierung der Hochschulen.