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Religion am Mittwoch
"Religion am Mittwoch" ist eine öffentliche Veranstaltungsreihe des Fachs Religionswissenschaft und der Religionskundlichen Sammlung. Wissenschaftler:innen und Vertreter:innen von religionsbezogenen Projekten sowie Religionsgemeinschaften stellen ihre aktuellen Arbeitsbereiche in Vorträgen, Reiseberichten, Filmen oder über Diskussionsrunden vor.
PROGRAMMVORSCHAU
26.04.2023, 18 Uhr s.t.: Nikolas Magin (Tübingen) und Renate Stegerhoff (UB Marburg)
Kistenweise Religion. Wie Osho Times, Wachtturm und Co. in die Uni-Bibliothek eingezogen sind
Wie haben sich Neue Religiöse Bewegungen in den letzten dreißig Jahren entwickelt, wie haben sie sich in gesellschaftlichen Debatten und Krisenmomenten positioniert? Da zur Beantwortung solcher Fragen auch die Religionen selbst zu Wort kommen sollten, ist das Archiv des Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienstes (REMID e.V.) mit über 30 Jahren Sammeltätigkeit von Originalquellen von überaus großem Wert. Das Archiv enthält Zeitschriften, Broschüren, Flyer und AV-Medien von Neuen Religiösen Bewegungen wie z.B. der ISKCON, der Vereinigungskirche oder dem Universellen Leben. Behandelt werden verschiedenste Themen von Innenperspektiven bis hin zur Diskussion um die sogenannten 'Sekten' in den 1990er Jahren.
Das REMID-Archiv wurde 2019 in die Verantwortung der Universitätsbibliothek Marburg übergeben. Mit Unterstützung der DFG wurde es nach internationalen Standards erschlossen, die Metadaten wurden in allgemein verfügbare Datenbanken eingespeist und nun, nach Abschluss des Projekts stehen die Materialien mit großzügigen Nutzungsmöglichkeiten für die Forschung bereit. Im Vortrag geben wir Einblicke ins Archiv und den Ablauf des Projekts.
24.05.2023, 18 Uhr s.t.: Marlies Segschneider (Wetzlar)
Der Jüdischer Frauenbund in Deutschland von 1904 - 1938
An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gab es einen Gründungsboom von Frauenvereinen – auch konfessioneller Art. Innerhalb des Judentums wurden zahlreiche Frauenvereine zur Betreuung von Kranken und Armen gegründet, so z. B. der "Israelitische Frauenverein".
Als die evangelischen Frauen 1899 und die Katholikinnen 1903 jeweils ihren "Bund" gegründet hatten, folgte im Jahr 1904 die Gründung des "Jüdischen Frauenbundes" (JFB) durch Bertha Pappenheim und Sidonie Werner während der Internationalen Frauenkonferenz in Berlin. Die Forderung der Frauenbewegung sollten mit der jüdischen Wohltätigkeit verbunden werden, die traditionell im Judentum einen hohen Stellenwert hat. Während des 1. Weltkriegs startete Bertha Pappenheim einen Aufruf zur Zentralisierung der jüdischen Armenpflege und 1917 wurde auf ihre Initiative die "Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland" (ZWST) gegründet.
Die Mitglieder des JFB waren in zahlreichen Ortsgruppen und Vereinen organisiert. Sie waren in verschiedenen Feldern der damaligen Wohlfahrtspflege tätig, so z. B. in der Jugendfürsorge und in der beruflichen Förderung. Die ehrenamtlich arbeitenden Frauen sahen sich als Teil der allgemeinen Frauenbewegung und kämpften innerhalb der jüdischen Gemeinden um das Frauenwahlrecht.
1928 hatte der JFB 50.000 Mitglieder und war damit die größte Frauenorganisation innerhalb des "Bundes deutscher Frauenvereine". Nach den Novemberpogromen von 1938 befahl die nationalsozialistische Regierung die Auflösung des Verbandes. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der JFB in Frankfurt neu gegründet. Seit 1989 stiegen die Mitgliederzahlen durch die jüdische Einwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion wieder an. Im Jahr 2004 feierte der JFB sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt.
Im Vortrag werden Aktivitäten des JFB aus den verschiedenen historischen Epochen vorgestellt.
05.07.2023, 18 Uhr s.t.: Dr. Aymen Hamdouni (Kassel)
Ausstellung religiöser Objekte in tunesischen Museen: Das Konzept eines Museums der Religionen
Religion, religiöse Gegenstände und der Bezug auf Lebenserfahrungen haben in den letzten Jahren für Museen immer mehr an Bedeutung gewonnen. Für Museen ist es dabei eine große Herausforderung, die Spannung zwischen spirituellen und ästhetischen Ansprüchen zu überbrücken. In Tunesien zeigt sich diese Problematik in besonderer Schärfe: Museen und öffentliche Sammlungen geben künstlerischen und archäologischen Werten Vorrang gegenüber einer Darstellung von religiöser Vielfalt und Praxis. Zudem ist die Bevölkerung mit der religionshistorischen und gegenwärtigen Diversität von Religion nicht vertraut. Der Vortrag schlägt als wirksames Instrument zur Bewusstseinsbildung und Förderung des sozialen Fortschritts ein Museum der Religionen vor, das mit seiner architektonischen, museologischen, szenografischnen und thematischen Konzeption die Anforderungen der Religions- und Museumswissenschaft vereint und das den Besucher*innen die Verbindungen der religiösen Vielfalt Tunesiens nahe bringt.