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Joachim Göschel zum 90. Geburtstag

Foto von Prof. Dr. Joachim Göschel
Foto: Norbert Nail
Foto: Norbert Nail

Am 22. Dezember 2021 feiert der langjährige Herausgeber der Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik (ZDL) und ihrer Beihefte, Prof. Dr. Joachim Göschel, seinen 90. Geburtstag. Der im sächsisch-thüringischen Grenzland in Regis-Breitingen nahe Borna geborene Jubilar hatte seine Laufbahn an der Universität Leipzig begründet und diese dann in Marburg unter nicht ganz einfachen Bedingungen am „Deutschen Sprachatlas“ fortgesetzt. Dialektologie, Phonetik und Namenkunde waren seine Forschungsgebiete; im akademischen Unterricht kam neben den genannten Bereichen bevorzugt die historische Sprachwissenschaft des Deutschen hinzu. Er war zudem ein leidenschaftlicher Feldforscher, der seinen Studenten auf Exkursionen das reale Sprachleben nahebrachte, so noch 1992, als er sein Hauptseminar zur Betriebsbesichtigung in die Braunkohlengruben südlich von Leipzig führte, um vor Ort den Dialekt der Kumpel zu erforschen, damals gerade auch mit Blick auf den gesellschaftlichen Umbruch nach 1989 in der Region.
Eine Würdigung seines vielfältigen Schrifttums und seiner Tätigkeiten im Rahmen der universitären Selbstverwaltung enthalten die von seinen Schülern und Schülerinnen herausgegebenen Festgaben zum 60. und 70. Geburtstag.
Mit Hingabe hat Joachim Göschel sich über viele Jahre als Herausgeber und verantwortlicher Schriftleiter der am Forschungsinstitut „Deutscher Sprachatlas“ angesiedelten ZDL und ihrer Beihefte gewidmet. Seine Vorgänger in der Herausgeberschaft am Institut hatten der alten „Zeitschrift für Mundartforschung“ den progressiveren Namen „Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik“ gegeben und damit das Publikationsorgan der breiteren sprachwissenschaftlichen Diskussion geöffnet und die Internationalität der Beiträge gefördert. Joachim Göschel setzte diese Linie fort, wobei er sich mitunter zurückhaltend hinsichtlich mancher Artikel gab, die für ihn Ausdruck modernistischer Zeitströmungen waren und nach seiner Meinung die Forschung nicht unbedingt voranbrachten. Da war dann Konsens unter den Kollegen im beratenden Redaktionsteam (heraus)gefordert. Den Autoren der Zeitschrift, davon zeugt eine umfangreiche Korrespondenz, stand er mit redaktionellen Vorschlägen zur Optimierung ihrer Beiträge kollegial und unaufdringlich zur Seite. Das „Gendern“ hatte er längst umgesetzt, indem er konsequent die in den eingereichten Texten abgekürzten weiblichen Vornamen zur vollen Länge auflöste. Wichtig für ihn waren in der Zeitschrift aber nicht nur die wissenschaftlichen Artikel und Rezensionen, sondern auch die „Umschau“, die auf besondere Ereignisse in der wissenschaftlichen Gemeinde oder im Leben von Sprachforschern einging und mithin die „menschliche Seite“ von Wissenschaft zeigte.
Nach der Pensionierung hat Joachim Göschel zusammen mit seiner Frau Sigrid die Wahlheimat im Marburger Stadtteil Cappel verlassen und ist zurück nach Leipzig gezogen, der Kulturmetropole, der Stadt ihrer beider Jugend. Viele gemeinsame Jahre waren ihnen dort aber nicht mehr vergönnt, denn seine Frau verstarb nach längerem Leiden. So nagt inzwischen die große Einsamkeit an ihm, und das Alter fordert Tribut, schränkt seinen Bewegungsraum sehr ein. Seine Kinder kümmern sich aus der Ferne um den Vater; „Corona“ ist derzeit der ärgste Gegner.
Von dieser Stelle aus nunmehr ein herzlicher Gruß zum bevorstehenden Geburtstag und alle guten Wünsche für die kommende Zeit – bleib stark, lieber Professor, lieber Kollege Göschel, lieber Joachim!

Marburg, im Dezember 2021, Norbert Nail

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