10.05.2023 Interdisziplinäres Literaturwissenschaftliches Kolloquium (Sommersemester 2023)
Im Rahmen des von Doktorand:innen und Post-Doktorand:innen der Fachbereiche 09 und 10 organisierten Interdisziplinären Literaturwissenschaftlichen Kolloquiums finden im Sommersemester 2023 folgende Vorträge (hybrid) statt:
07. Juni 2023, 18 Uhr c.t., Deutschhausstraße 3, 00/1020 oder im BigBlueButton-Raum
Dr. Eva Wöckener-Gade (Gräzistik, Hamburg)
Paraphrasen oder doch nur Phrasen? Eine Annäherung an ein intertextuelles Phänomen im Dialog mit KI und anderen digitalen Verfahren zur Paraphrasensuche
Abstract
Um eine genauere Bestimmung des sprachlichen Phänomens ,Paraphrase‘ wird in der Forschung seit längerem gerungen, wobei verschiedene Fachdiskurse unterschiedliche Ansätze verfolgt haben: In den Literaturwissenschaften wurden Paraphrasen in verschiedenen Formen vor allem im Kontext von Intertextualität thematisiert, wobei der individuellen Interpretationsleistung des Rezipierenden oft eine entscheidende Rolle zugemessen wurde. Die Linguistik hat hingegen einen eher deskriptiven Ansatz verfolgt, um Paraphrasen als Transformationen eines Prätextes in einen Posttext durch Typisierungen genauer einzugrenzen. Während ein Konsens nur für ein sehr weit gefasstes Verständnis von Paraphrase besteht, liegt ein gemeinsames Problem der Ansätze in der Operationalisierbarkeit. Mit diesem sah sich auch das interdisziplinäre Projekt ,Platon Digital‘ (2016–2019, Universitäten Leipzig, Halle und Dresden) bei der Aufgabe, eine digitale Paraphrasensuche für das Altgriechische zu entwickeln, konfrontiert. Im Vortrag möchte ich nachzeichnen, wie die Auseinandersetzung mit den verschiedenen technischen Lösungswegen unser Konzept von Paraphrase verändert hat und die entsprechenden digitalen Tools vorstellen, die aus dem Projekt hervorgegangen sind.
15. Juni 2023, 18 Uhr c.t., Deutschhausstraße 3, 00/1020 oder im BigBlueButton-Raum
Dr. Daniela Kuschel (Romanistik, Mannheim)
Diskurs- und Motivgeschichte mit Methoden der Digital Humanities? Ein Versuch die Präsenz und Funktion von Lähmung und Im/mobilität in der französischen Literatur (1750-1914) zu erforschen
Abstract
Mit dem Forschungsinteresse und der dazugehörigen Forschungsfrage stellt sich bekanntlich auch die Frage nach der Vorgehensweise. Mein Interesse für die (sich wandelnde?) Repräsentation und Thematisierung von Lähmungserscheinungen in der französischen Literatur, für die Figur des/der Gelähmten, für die Darstellung und Funktion gelähmter Körper sowie für die konkrete und figurative Verwendung des medizinisch-pathologischen Konzepts der Lähmung resultiert aus vereinzelten Beobachtungen in literarischen Texten wie Thérèse Raquin (Zola), Le comte de Monte Christo (Dumas) oder Lève-toi et marche (Bazin). Welche Rolle spielen die gelähmten Körper? Wie wird Lähmung in den Texten konzeptuell genutzt? Wenngleich sich verschiedenste Funktionen in den Texten unterschiedlichster Thematiken, Genres und Entstehungszeitpunkte abzeichnen, so scheint die Opposition Mobilität/Immobilität immer auch soziale, politische, religiöse, etc. Ordnungen zu erzählen bzw. erzeugen.
Im Hinblick auf repräsentative Ergebnisse, die es erlauben, die Diskursgeschichte von Lähmung punktuell nachzuzeichnen, kann die Korpusbildung nur mit der Unterstützung durch digitale Methoden erfolgen. In meinem Vortrag werde ich zunächst mein Vorgehen von der Volltextakquise, über Verfahren der Textbereinigung bis zur Analyse mit Hilfe des Programms Corpus Explorer – die es erlaubt, die für die Studie relevanten Texte zu identifizieren – vorstellen. Dabei ist es wichtig, die Forschungsdaten, die Art der Erhebung, die Prämissen und Schwierigkeiten sorgfältig zu dokumentieren und auch Entscheidungen zum Speichern und Bereitstellen der Daten zu treffen. Anschließend werde ich anhand einiger Beispiele zeigen, welche ersten inhaltlichen Erkenntnisse ich auf Basis dieser Arbeiten gewinnen konnte und welche Arbeitshypothesen daraus hervorgegangen sind.
22. Juni 2023, 18 Uhr c.t., Deutschhausstraße 3, +1/1020 oder im BigBlueButton-Raum
Raphael Dohardt, M.A. (Romanistik, Erlangen)
Ein qualitativer Blick auf quantifizierende Verfahren in der Linguistik: ein Werkstattbericht
Abstract
Der Werkstattbericht soll in das Interesse der Sprachwissenschaft an Quantifizierung einführen, wobei weniger spezielle Verfahren, wie z.B. statistische Methoden, im Vordergrund stehen, sondern das grundlegende Fragen nach dem Erkenntnisgewinn. Dazu werden beispielhaft zwei Subdisziplinen - die Korpuslinguistik und die Soziolinguistik - vorgestellt. Anhand von Forschung im sog. globalen Süden sollen die Grenzen und Möglichkeiten von Quantifikation kritisch beleuchtet werden. Abschließend werden einsteigerfreundliche Übungsaufgaben behandelt.
Am 13. Juli 2023 findet von 10-14 Uhr im Raum 01A24 des CNMS (Deutschhausstraße 12) ein interdisziplinärer Workshop für Promovierende und Post-Docs zum Thema „Quantität und Quantifizierung in den Literaturwissenschaften“ statt. Interessierte sind herzlich zur Teilnahme eingeladen! Nähere Informationen finden Sie im Call for Applications.
Die Veranstaltungen des ILK werden gefördert durch die MArburg University Research Academy (MARA).
Auf dem Plakat zum ILK finden Sie eine Übersicht aller Veranstaltungen als PDF-Dokument zum Herunterladen oder Ausdrucken.