Hauptinhalt

Marburger Mathe-Profs

Maximilian Krafft

Maximilian Krafft 1926-1956
Maximilian Krafft 1926-1956

Wir nannten ihn nur „Den alten Krafft“. Dabei war das „alt“  keineswegs abfällig gemeint. Krafft war sehr beliebt, ein kleines Männchen mit Schnurrbart, man musste ihn einfach gern haben. Er war humanistisch gebildet, beherrschte souverän Griechisch und Latein, kannte sich in der Mythologie aus, und wusste bestens über die Geschichte der Mathematik Bescheid. Der alte Krafft war eine wandelnde Anekdotensammlung.  Eine vorweg, die er aus seiner Studentenzeit erzählte. Er hörte eine Vorlesung über Geschichte der Mathematik. Da das damals wie heute kein Prüfungsstoff war, waren in der Vorlesung ganze drei Hörer. Manchmal fehlten auch einer oder zwei und einmal war überhaupt kein Hörer erschienen. Der Professor aber hielt die Vorlesung pflichtbewusst nichts desto trotz wie gewohnt, wenn auch vor leeren Bänken. Den nahe liegenden Einwand, woher man das denn wissen könne, nahm Krafft gleich vorweg. Die Putzfrau hatte alles mit bekommen und den Studenten brühwarm erzählt.

Krafft hatte eine Fähigkeit, die all seine Hörer beeindruckte: Er war Beidhänder, konnte wohl  fast Alles mit links wie mit rechts. Wir staunten nicht schlecht als wir zum ersten mal sahen wie er ein Koordinatensystem anschrieb. In jeder Hand hielt er ein Stück Kreide. Damit malte er praktisch gleichzeitig mit der linken Hand die Achsen und mit der rechten die Beschriftung an die Tafel. Unser Gelächter quittierte er mit der Bemerkung: „Sie lachen jetzt über etwas was sie nicht können“, und hielt uns gleich einen kleinen Vortrag darüber wie praktisch es ist wenn man an einer schwer zugänglichen Stelle einen Nagel einschlagen muss und den Hammer auch in der linken Hand halten kann.

Ich habe zwei Vorlesungen bei ihm gehört.
Die erste war „Einführung in die Variationsrechnung“ im SS 1959. An die erste Doppelstunde erinnere ich mich noch gut. Wenn diese meine Erinnerung mich nicht trügt erzählte er in dieser gesamten Doppelstunde nur Geschichten. Und zwar vor Allem die Geschichte von Dido. Die gleiche Dido, die sich später aus Verzweiflung über die Abfahrt des Äneas selbst tötete.  Dido, die Gründerin Karthagos, kaufte anfangs nur ein Stück Land,  sie verlangte nämlich nur so viel Feld, als sie mit einer Stierhaut umspannen könnte. Die Stierhaut aber schnitt sie in dünne Riemen, die sie dann am Strand auslegte. Das war für Krafft die erste historische Aufgabe aus der Variationsrechnung:  Umschließe durch die Strandlinie sowie eine Kurve vorgegebener Länge eine möglichst große Fläche. Dido hat es wohl auch ohne Variationsrechnung mit gesundem Menschenverstand und weiblicher Intuition geschafft. Ab der  zweiten Stunde kamen wir dann auch wirklich  irgendwann zur Variationsrechnung.
Auch zum (Euler-) Maupertuisschen Prinzip wusste er eine Geschichte. Das Prinzip besagt, dass die Bewegung bei vorgegebener Energie so verläuft, dass das Zeitintegral der kinetischen Energie ein Extremum annimmt. Maupertuis hatte behauptet, dass es immer ein Minimum sein müsse, weil dem lieben Gott die kinetische Energie so kostbar sei, dass er sie minimiere. Und Euler, der wusste dass  es sich keineswegs immer um ein Minimum handelt, habe sich wider besseres Wissen aus theologischen Gründen dieser Interpretation angeschlossen. Solche Geschichten behält man ewig, auch wenn man die zugehörigen Gleichungen längst vergessen hat.

Meine zweite Vorlesung bei Krafft war „Praktische Analysis“ mit Übungen im WS 59/60. Die meisten der Tricks, die wir dort lernten, kennt und braucht heute natürlich kein Mensch mehr, der Computer erledigt alles ruck zuck. Was in dieser Vorlesung immer wieder zu Tage kam war seine tiefe Verehrung für Carl Friedrich Gauß (sollten wir natürlich alle haben). Voller Ehrfurcht erzählte er, dass er einmal ein kleines Oktavheftchen von Gauß in den Händen halten durfte, wo dieser auf einer einzigen Seite die Bahnparameter eines Planetoiden bestimmt hatte. Eine andere Geschichte, die er zum Besten gab: Bei der großen Landvermessung multiplizierte Gauß große Zahlen auf folgende Weise. Er konnte die Logarithmentafel auswendig, also nahm er die Logarithmen der beiden Zahlen, addierte diese im Kopf, ging dann im Kopf wieder in die Mantisse seiner Tafel, und bestimmte so das Produkt. Ich habe diese Geschichte später nie in irgendeiner Gaußbiographie gelesen, aber ich glaube sie dem alten Krafft.
Eine andere Geschichte handelte von einem jungen Mathematiker. Er war so arm, dass er sich die Postkutsche nicht leisten konnte und deshalb immer zu Fuß von Königsberg nach München gewandert ist. Nicht verwunderlich, dass man sich so eine Geschichte  ewig merkt; ebenso wenig verwunderlich, dass ich keine Ahnung mehr habe um wen es sich dabei handelte.
Einmal wurde der gute Krafft aber auch richtig böse. Es war bei der Besprechung der Übungsaufgaben. Irgendein Unhold, erst allmählich ging mir auf dass es sich wohl auf mich bezog, hatte in einer Übungsaufgabe das beliebte Zeichen  für „ungefähr“ benutzt. Da gab es ein Donnerwetter: Dieses Zeichen hätten wir doch überhaupt nicht eingeführt, und was das überhaupt bedeuten solle, und so etwas Undefiniertes würden allenfalls Physiker benutzen. Es hat lange gedauert, bis ich wieder ohne Gewissensbisse  hinschreiben konnte, als Physiker kommt man bekanntlich ohne dieses Zeichen nicht aus.

Kraffts pädagogisches Rezept kann man leicht zusammenfassen. Er sagte einmal:  „Am Besten behält man etwas, wenn man dabei gelacht oder sich dabei geärgert hat“. Auf unser daraufhin einsetzendes Gelächter hin meinte er verschmitzt: „Sehen Sie, jetzt haben Sie schon wieder gelacht“.

H. Arnold Schmidt

H. Arnold Schmidt 1950-1967
H. Arnold Schmidt 1950-1967

So etwas wie Schmidt gibt es heute nicht mehr, könnte es auch nicht mehr geben. Als ich im SS 1958 mit dem Studium begann war Schmidt, immerhin ein Schüler von Hilbert, praktisch mit der Marburger Mathematik identisch. Die mittlere Lebensdauer eines Dozenten in Marburg betrug etwa zwei Semester, dann hatte Schmidt ihn weggeekelt.
Wann immer er allgemeine Ausführungen zum Mathematikstudium machte begann er mit seinem Lieblingsthema: „Vor Allem warne ich Sie vor dem Sport, es ist wohl niemand hier der den Sport als Wissenschaft bezeichnen würde, mit dem Sport verlieren Sie Zeit für Ihr wirkliches Studium, …“, immer wieder die gleiche Botschaft.
Seine Vorlesungen waren von einer unglaublichen Langsamkeit (siehe auch Analysis Vorlesung von H.A.Schmidt). In einem Semester etwa der Stoff, den Andere in 2 Wochen schaffen. Er war Spezialist in Mathematischer Logik.
Dabei verwendete er nicht die üblichen Symbole  für „es gibt“ und für „für alle“,sondern für „es gibt“ und für „für alle“.
Besonders lustig, dass sein Symbol für „es gibt“ von Weitem aussieht wie das übliche Symbol für „für alle“. In seinem Logikbuch entwickelte er immerhin  auch einen gewissen Humor. Bei der Behandlung der Negation findet  sich der Satz: „Ich habe mich niemals gegen die Bekämpfung der Antialkoholgegner gewandt.“

Ein besonderes Kapitel waren seine Seminare. Ich habe drei davon mit gemacht. Der Ablauf war immer der Gleiche. Vor dem eigentlichen Seminarvortrag gab es mehrere Vorbereitungsstunden mit Proben wie vor einer Theateraufführung. Eine Gruppe von mehreren Studenten bekam von seinem Assistenten Fröhlich gesagt was sie vorzutragen hatten. Das wurde dann auswendig gelernt (nein, ich phantasiere nicht, so etwas kann man nicht erfinden). Das Ganze war in Zeilen gegliedert. Bei jeder Zeile musste angegeben werden woraus sie folgt. Um dies zu vereinfachen gab es die folgende Notation: Das Zeichen  für „folgt aus der letzten Zeile“ und      für „folgt aus den letzten beiden Zeilen“. Wurden  frühere Zeilen  benötigt bekamen sie eine Nummer die dann zitiert wurde. Ich erinnere mich noch an einen ungeheuren Vorfall. Beim Probevortrag verwendete einer von uns, kreativ aber ohne jede Legitimation, das Zeichen    (wofür wohl?). Energischer Protest von Fröhlich, vielleicht auch von Schmidt persönlich, manchmal war er bei den Vorbesprechungen dabei. Dieses Zeichen hätten wir doch niemals eingeführt, das dürfte man auf  keinen Fall verwenden. Aber der Fortschritt war nicht aufzuhalten. Etwa ein Semester darauf wurde das neue Zeichen offiziell abgesegnet und durfte benutzt werden. Damit war das Ende der Fahnenstange erreicht. Aus einer Mitschrift von Schmidts letzter Vorlesung geht hervor dass es nicht mehr zu   kam.
Irgendwann war dann der große Tag da. Wir zogen uns einen Schlips und einen Anzug an, etwa 6 – 8 Studenten (ganz selten auch einmal eine Studentin) hatten exakt den gleichen Text auswendig gelernt und teilten sich den Vortrag. Schmidt befahl den Ersten an die Tafel. Jeder Vortrag begann kanonisch mit den Worten: „Herr Professor, meine Damen und Herren“. Nach einer Weile wurde der Vortragende dann von dem Nächsten abgelöst usw. Dabei konnte Schmidt den Wechsel an jeder beliebigen Stelle vornehmen. Alle hatten ja wörtlich den gleichen Text auswendig gelernt und der Nachfolger konnte mitten im Satz anschließen; bis auf die kurze Unterbrechung durch „Herr Professor, meine Damen und Herren“.
Einmal kam es zu einem dramatischen Ereignis. Ein Vortragender vergaß die Einleitungsfloskel und fing einfach mit dem Vortrag an. Er war ziemlich nervös. Nach einigen Minuten unterbrach er abrupt und sprach: „Herr Professor, meine Damen und Herren, ich habe vergessen Sie zu begrüßen“. Worauf Schmidt wohlwollend jovial bemerkte: „Na, das war ja wohl auch der Grund dafür, dass Sie so nervös waren“.
Undenkbar, dass in einem solchen Seminar jemand eine Frage gestellt hätte oder eine Diskussion aufgekommen wäre. Bei dem Seminar über Wahrscheinlichkeitsrechnung waren wir am Ende des Semesters so weit, dass wir beim Würfeln mit einem Würfel nicht nur den Mittelwert, sondern sogar die Streuung ausrechnen konnten.

Alexander Peyerimhoff

Alexander Peyerimhoff 1958-1969
Alexander Peyerimhoff 1958-1969

Ein lebhafter kleiner Mann, humorvoll und locker im Umgang mit den Studenten, der hervorragende Vorlesungen hielt. Kein Wunder, dass er  allseits beliebt war. Als damals Einige von uns  zu Peyerimhoff wechselten war uns klar. Würde er wieder weggehen  müssten auch wir Marburg verlassen. Zu Schmidt zurück zu kehren wäre ausgeschlossen gewesen. Aber dazu kam es nicht. Peyerimhoff war der Erste, der es schaffte sich neben Schmidt für längere Zeit in Marburg zu halten.
Auch geniale Mathematiker wenden das logische Denken nicht immer im Alltag an. Auf Peyerimhoff bezogen: Er war Kettenraucher. In den Vorlesungen rauchte er zwar  nicht, es muss schwer für ihn gewesen sein eine Doppelstunde zu überstehen. In Seminaren, Prüfungen, Besprechungen, und wo sonst noch, rauchte er dagegen praktisch ohne Unterbrechung.
Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang noch gut an meine Doktorprüfung. Diese fand im Dekanat statt. Mehrere Tische waren in Hufeisenform angeordnet. Am Kopfende thronte der Dekan der mathematisch naturwissenschaftlichen Fakultät, damals Madelung aus der Theoretischen Physik, bei dem ich auch mehrere Vorlesungen gehört hatte.
Hierzu noch eine Bemerkung am Rande. Es war noch gar nicht so lange her, dass die Philosophische Fakultät  in Marburg sich in die mathematisch naturwissenschaftliche und die philosophisch historische (oder so ähnlich) auf gespalten hatte. Danach passierte nach zuverlässiger Quelle folgendes. Die Fakultätssitzungen der neuen mathematisch naturwissenschaftlichen Fakultät dauerten jetzt nur noch halb so lang wie früher. Die Sitzungen der philosophisch historischen Fakultät dagegen dauerten von nun an doppelt so lang. Wen wundert’s.
Zurück zu meiner Doktorprüfung. Neben dem Dekan war ein Stapel von etwa acht Doktorarbeiten aufgeschichtet, alles dicke Schinken bis auf eine, natürlich die meinige. An den Seiten des Hufeisens saß jeweils außen ein Doktorand und innen, ihm gegenüber, sein Doktorvater und Prüfer. Weitere Prüfer, wie heute wohl überall üblich, gab es nicht. Peyerimhoff  rauchte die ganze Zeit während er mich prüfte – bis ihm irgendwann die Zigaretten ausgingen. Darauf ging er zum Dekan um von diesem Zigaretten zu schnorren und ein kleines Schwätzchen  zu halten. Und ich hatte eine kleine Pause und Muße dem Paar gegenüber zu lauschen, wo ein Geographieprofessor mühsam versuchte seinem Doktoranden zu entlocken, wohin der Wind denn nun weiter ginge wenn er irgendwo angekommen war.

Peyerimhoffs zweites Hobby neben dem Kettenrauchen war Elektronikbasteln. Wir reden, wohlgemerkt, von den sechziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts. Taschenrechner gab es noch nicht, nicht einmal den Namen für so etwas. Rechenmaschinen nur im neu gegründeten Rechenzentrum, umständlich mit Lochstreifen zu bedienen. Peyerimhoff hatte sich eine kleine Rechenmaschine gebastelt, die er uns auch einmal vorführte. Die Maschine brachte wohl keine Zeitersparnis beim praktischen Rechnen, ich erinnere mich nur noch, dass eine Reihe von Lämpchen vorhanden waren die an und aus gingen und irgendwie die Zahlen codierten. Wir waren jedenfalls sehr beeindruckt. Ich traue ihm durchaus zu, dass er eines Tages einen richtigen Computer hinbekommen hätte.

Ein  Genie wie Peyerimhoff verstand es natürlich auch, seine beiden Hobbys zu verbinden. Er baute sich einen elektronischen Zigarettenspender mit einer Zeitsperre, die nur in gewissen diskreten Intervallen eine Zigarette heraus gab. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das Zeitintervall auf wesentlich länger als 5 bis 10 Minuten eingestellt war. Der Clou des Ganzen: Es gab einen Notknopf, mit Hilfe dessen man im Notfall auch außerhalb der regulären Zeit eine Zigarette ziehen konnte.
Seine Seminare waren locker, es wurde diskutiert, und auch der Spaß kam nicht zu kurz. Alle erinnern sich noch an Giuseppe Binomi und seinen berühmten Zeitgenossen  Cesare Polynomi. Auch das Konvergenzkriterium der Theoretischen Physik habe ich bei Peyerimhoff gelernt: Eine Reihe konvergiert, wenn das erste Glied monoton abnimmt.
Menschlich war, dass auch er nicht alles Wichtige auswendig konnte, beziehungsweise dass er es ablehnte langweilige Dinge auswendig zu lernen, wenn er sie sich bei Bedarf jederzeit im Nu herleiten konnte. Die Rede ist von etwas so Banalem wie den Additionstheoremen von Sinus und Cosinus. Natürlich wusste er, wie sie ungefähr aussehen, aber wie genau, und insbesondere bezüglich der Vorzeichen, war er unsicher. Deshalb gab er uns einmal folgende Ruckzuck „Herleitung“ zum Besten: Man schreibe zunächst die Taylorreihe bezüglich y in erster Ordnung hin: sin(x+y) = sin x + y cos x. Dann ersetze man, in erster Ordnung völlig legitim, den Faktor 1 vor sin x durch cos y, und den Faktor y vor cos x durch sin y. Und schon steht das Additionstheorem des Sinus in voller Schönheit und mit garantiert richtigen Vorzeichen da.
Eine Geschichte muss unbedingt erzählt werden, weil sie Peyerimhoffs Verhältnis zur Mathematik wunderbar charakterisiert. Es war in einem Oberseminar, nur handverlesene Teilnehmer, er wollte dort die „Schnapsnasen“, wie er sich ausdrückte, nicht dabei haben. (Man muss zu seiner Ehre betonen, dass er auch für die Schnapsnasen hervorragende Vorlesungen und Seminare abhielt.) In diesem Oberseminar hielt  einer unserer Kommilitonen einen anspruchsvollen Vortrag. Es ging um ein Theorem im Banachraum, komplizierte Formulierung, langer Beweis, der Kollege machte es gut, alle waren zufrieden. Dann fragte Peyerimhoff am Ende: „Sie haben da eben einen schönen Satz im Banachraum bewiesen. Nehmen Sie doch jetzt einmal die zweidimensionale euklidische Ebene, also hier die Tafel, das ist ja auch ein besonders einfacher Spezialfall eines Banachraums, und malen Sie an die Tafel, was Ihr Satz da bedeutet“. Da machte es „pfft….“, weder der Vortragende noch irgendeiner der anderen Teilnehmer hatte die leiseste Idee. Daraufhin stürmte Peyerimhoff zur Tafel, in der Rechten die Kreide, in der Linken die Zigarette, malte eine Kurve und eine Sekante an, und Allen fiel es wie Schuppen von den Augen. Es handelte sich um eine Ungleichung, die irgendeine Konvexitätsaussage beschrieb. Den Satz habe ich natürlich längst vergessen.
Ich habe diese Geschichte oft erzählt, meist aus gegebenem Anlass. Wunderbar, wenn jemand sich in abstrakten Räumen tummeln kann, aber ein armer Wicht, wer es nicht schafft dann wieder auf den Boden zurück zu kommen. Peyerimhoff konnte es, er beherrschte das ganze Spektrum von den abstraktesten Ideen bis hin zu den konkretesten Anwendungen.

Bei der Feier zu seiner Emeritierung in Ulm, zu der viele seiner Doktoranden und Kollegen gekommen waren, hielt er einen lebhaften Vortrag über ein Problem der Hydrodynamik, er war begeistert ins Computerzeitalter eingetreten und präsentierte gewaltige numerische Rechnungen.  Und er freute sich geradezu kindlich darauf, dass er jetzt endlich Zeit zum Forschen haben würde ohne immer wieder durch das Semester unterbrochen zu werden.
Das war ihm leider nur für kurze Zeit vergönnt. Ein halbes Jahr später kam die Todesnachricht.
Es bleibt die Erinnerung an einen großartigen Mathematiker und wunderbaren Menschen.  



Sandhausen, im Juni 2010

Dieter Gromes