Hauptinhalt
Verantwortliche Wissenschaft

Welche Verantwortung soll Wissenschaft für die Gesellschaft und deren zukünftige Entwicklung tragen? Unser Forschungsprojekt untersucht aktuelle Diskurse in Wissenschaftsorganisationen zu dieser Frage - und wie sich diese über Wissenschaftler*innengenerationen hinweg verändert.
Angesichts aktueller Krisen und tiefgreifender, gesellschaftlicher Transformationsprozesse wächst der öffentliche Anspruch an die Wissenschaft, sich aktiv in gesellschaftliche Diskurse einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Initiativen wie Scientists for Future stehen exemplarisch für eine zunehmende Sichtbarkeit von Wissenschaftler*innen als gesellschaftliche Akteur*innen. Diese Entwicklung hat weitreichende Implikationen: Sie verändert nicht nur das Verhältnis zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, sondern beeinflusst auch das professionelle Selbstverständnis von Forschenden sowie ihre alltägliche wissenschaftliche Praxis.
Projektbeschreibung
Worum geht es in dem Projekt?
Im Zentrum des Forschungsprojekts steht die Frage, wie Verantwortung in der Wissenschaft gegenwärtig diskursiv verhandelt und praktisch hervorgebracht wird. Untersucht werden hierzu wissenschaftspolitische Diskurse, organisationsbezogene Verständnisse an deutschen Universitäten sowie die alltägliche Praxis von Wissenschaftler*innen. Besonderes Augenmerk gilt dabei den Formen und Bedingungen der Verantwortungsübernahme durch Universitäten und Forschende sowie den damit verbundenen Herausforderungen, Spannungsverhältnissen und Ambivalenzen, die in der Formulierung und Ausübung wissenschaftlicher Verantwortung erfahrbar werden.
Zentrale Fragestellung des Projekts
Das Projekt geht der Frage nach, wie genau Vorstellungen von „verantwortlicher Wissenschaft“ entstehen:
- Wie werden Wissenschaftler*innen als ‚verantwortliche Wissenschaftler*innen‘ subjektiviert? Das heißt, wie und unter welchen Bedingungen werden sie zu verantwortlichen Wissenschaftler*innen?
- Inwiefern ermöglichen Universitäten als Organisation ‚verantwortliche Wissenschaft‘?
- Zeigen sich generationale Veränderungen in den Diskursen um verantwortliche Wissenschaft?Was bedeutet „Verantwortung“ in diesem Zusammenhang?
Was genau „verantwortliche Wissenschaft“ ist, dazu gibt es verschieden Diskurse und Debatten. Diese Vorstellungen unterscheiden sich zwischen Universitäten, Fachrichtungen und gesellschaftlichen Gruppen – und sie verändern sich über die Zeit hinweg. Verantwortung verstehen wir als das, was den Alltag in der Wissenschaft strukturiert und organisiert und zeigt sich darin, wie Wissenschaftler*innen denken, wahrnehmen und handeln.
Forschungsdesign
Das Projekt nutzt zwei Wege, um diese Entwicklungen zu erforschen:
1. In einer ersten Untersuchungsphase werden die Universitäten selbst in den Blick genommen, indem wir anhand öffentlicher Selbstbeschreibungen (z.B. Leitbilder, mission statements, Strategiepapiere etc.) der Frage nachgegangen sind, welche unterschiedlichen Auffassungen von der gesellschaftlichen Verantwortung von Universitäten sich im aktuellen Diskurs vorfinden lassen und wie sich die Hochschulorganisationen hierbei verorten.
2. In einer zweiten Untersuchungsphase gehen wir der Frage nach, wie Wissenschaftler*innen sich zum Thema gesellschaftliche Verantwortung positionieren. Die Datenerhebung im zweiten Untersuchungsabschnitt erfolgt mittels Gruppendiskussionen von Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Alterskohorten und Fachbereichen, um auf diese Weise auch untersuchen zu können, inwieweit sie sich bestimmte Vorstellungen von gesellschaftlicher Verantwortung im Laufe ihrer Bildungs- und Berufsbiographie zu eigen gemacht haben
Anschließend werden beide Perspektiven zusammengebracht, um zu zeigen, wie individuelles Verantwortungsbewusstsein und organisatorische Rahmenbedingungen sich gegenseitig beeinflussen.Welche Ergebnisse kann das Projekt liefern?
Das Forschungsprojekt untersucht, wie wissenschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung von Forschenden verstanden und praktiziert wird. Damit leistet es einen empirischen Beitrag zur Analyse aktueller Wissenschaftspraxis. Es knüpft an gegenwärtige gesellschaftliche Debatten über die Rolle und Verantwortung der Wissenschaft an und bietet einen Rahmen, um unterschiedliche – teils widersprüchliche – Vorstellungen verantwortlicher Wissenschaft zu reflektieren. Die Ergebnisse des Projekts liefern praxisnahe Einsichten, die sowohl für die wissenschaftliche Selbststeuerung als auch für die Wissenschaftspolitik relevant sind. Durch seinen organisationspädagogischen Zugang erweitert das Projekt die diskurs- und praxistheoretische Perspektive auf wissenschaftliche Organisationen.
Projektleitung und -mitarbeitende

Prof. Dr. Susanne Maria Weber (Projektleitung)

Dr. Sarah Wieners (stellv. Projektleitung)

Dr. Eva Bulgrin (wiss. Mitarbeiterin)

Dr. Julia Elven (ehem. Mitarbeiterin)

Dr. Jörg Schwarz (ehem. Mitarbeiter)
Kontaktdaten
Vorträge und Publikationen
Vorträge und Projektpräsentationen
2026
Wieners, S. & Bulgrin, E.: In Einsamkeit und Freiheit? Erziehungswissenschaftliche Perspektiven auf Wissenschaft in umbruchshaften Zeiten. Symposium, DGfE-Kongress 2026, München.
2025
Wieners, S.: Teaching the Mission? Vortrag, ECER 2025, 10.09.2025, Belgrad/Serbien
2024
Elven, J. (2024). Kompromissobjekte und Infrastruturen der Verantwortung. Erziehungswissenschaftliche Positionen in hochschulorganisationalen Aushandlungsprozessen. Vortrag, DGfE-Kongress 2024, 10.-13. März 2024, Halle.
Elven, J. & Schwarz, J. (2024). Verantwortung für was? Verantwortung für wen? Zur Positionierung der Erziehungswissenschaft in aktuellen Diskursen zur Verantwortung der Wissenschaft. Arbeitsgruppe, DGfE-Kongress 2024, 10.-13. März 2024, Halle.
Schwarz, J. (2024). Responsibilität in der Krise? Zur Verhandlung gesellschaftlicher Verantwortung der Erziehungswissenschaft in Zeiten globaler Transformationserfordernisse. Vortrag, DGfE-Kongress 2024, 10.-13. März 2024, Halle.
2023
Elven, J. & Hofbauer, S. (2023). How to STS? Research on Educational Research, Organisation and Practices. Workshop, ECER 2023, 24. August 2023, Glasgow.
Elven, J. & Schwarz, J. (2023). Verantwortliche Wissenschaft? Posterpräsentation auf dem Tag der Forschung des Instituts für Erziehungswissenschaft, Philipps-Universität Marburg, 31.Mai 2023, Marburg.
Publikationen
Elven, J.; Schwarz, J.; Weber, S.M. (2024): Beobachten, Beschützen, Beheben. Positionen im Diskurs um die gesellschaftliche Verantwortung von Wissenschaft. In: Hirschfeld, U.; Liedke, U. (Hg.): Verstehen und Verantwortung in Organisationen und Bildungsprozessen. Weinheim: Beltz.
Publikationen aus der Antrags- bzw. Vorbereitungsphase des Projekts:
Elven, J. (2022). The Negotiation of Social Responsibility in Academia. An Analysis of Ethical Discourses on the March for Science at German Universities. Zeitschrift Für Diskursforschung, 10(1).
Elven, J. (2021). Varieties of ethics in academia. Rationalities of scientific responsibility in the (german) march for science. Knowledge Cultures, 9(1), 21–34. https://doi.org/10.22381/kc9120212
Förderkennzeichen
Projekttitel: „Verantwortliche Wissenschaft? Zur diskursiven und alltagspraktischen Konstituierung wissenschaftlicher Verantwortung in akademischen Generationenverhältnissen“
Laufzeit: 01. Juli 2023 bis 30. Juni 2026
Finanzierung: gefördert wird das Projekt durch eine Sachbeihilfe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektnummer: 457876539