14.10.2020 Bestand des Instituts für psychologische Anthropologie erschlossen

Willi Schumacher

Im November 2019 wurde im Universitätsarchiv ein etwas verdrückter und ziemlich alter Pappkarton voller loser Blätter abgegeben – die Aktenüberlieferung des Instituts für psychologische Anthropologie aus den Jahren 1923-1949. Anhand der zwischen den Schriftstücken liegenden gliedernden Pappreiter konnte die Ordnung dieses kleinen Aktenbestandes in mühevoller Sortierarbeit wieder rekonstruiert werden. Nach Vorsondierungen durch die Archivare übernahm eine Praktikantin die endgültige Sortierung und verzeichnete 20 Archivalieneinheiten, insgesamt vier Archivkartons mit Akten.

Inhaltlich geht es um den Betrieb des seit 1923 in eigenen Räumlichkeiten untergebrachten Instituts, das zunächst noch Teil des Philosophischen Seminars war und 1933 in einem eigenen Gebäude in der Lahnstraße untergebracht wurde. Zu diesem Zeitpunkt erhielt es auch den Namen „Institut für psychologische Anthropologie“, nach 1945 wurde wieder die Bezeichnung „Institut für Psychologie“ gewählt, 1971 erfolgte die Umwandlung in einen eigenen Fachbereich.

Soweit reicht die Überlieferung aber nicht. Neben dem Betrieb des Instituts, in dem verschiedene Apparate für die Forschung und den Unterricht standen, darunter für Film- und Tonaufnahmen, und, wie andernorts auch, die Arbeitsplätze verwaltet und die Rechnungen geführt werden mussten, finden sich Listen der Dissertationen, Jahresberichte und Korrespondenz zur Fernbetreuung von studierenden Wehrmachtsangehörigen im Bestand. Auch die Organisation und Durchführung von Vorträgen des Institutsdirektors ist dokumentiert. Zunehmend Raum nehmen die Vorkehrungen zum Luft- und Brandschutz und die Schäden nach der Zerstörung des Instituts im Februar 1944 ein.

Besonders spannend ist die Korrespondenz aus dem Jahr 1943, die zum Ziel hatte, die Reichssiegerplakette samt zugehöriger Urkunde des studentischen Reichsberufskampfes 1939 aus dem Haushalt des verstorbenen Professors Jaensch wieder ins Institut zurückzuholen. Nach dem Krieg wurde die Urkunde dann recht bald in das Archiv abgegeben. Die Akten sind nun gefolgt.

Sowohl der 1940 verstorbene Institutsgründer Erich Jaensch als auch sein Schüler und Nachfolger Gert Heinz Fischer vertraten rassistische und antisemitische Lehrmeinungen. Fischer war vor seiner Marburger Professur als Heerespsychologe tätig gewesen und im Nebenamt für einige NS-Organisationen tätig. Ende 1945 wurde er entlassen. Zu beiden gibt es bereits Untersuchungen, aber nun kann die Institutsüberlieferung ebenfalls eingesehen werden.

Informieren Sie sich selbst im Archivinformationssystem Arcinsys über Bestandsbeschreibung und Aktentitel.