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Bildarchiv Foto Marburg/fm 417730
Landgrafenhaus nach dem Brand. Links im Bild die 1938 zerstörte Synagoge.

Brand im Landgrafenhaus am 31. Mai 1927

Nachdem in der Nacht vom 2. auf den 3. Dezember 2023 die abgehängte Decke des großen Hörsaals im Landgrafenhaus eingestürzt war, wurde darüber hessen- und sogar bundesweit berichtet. Vor knapp 100 Jahren machte das Gebäude schon einmal Schlagzeilen: Am Abend des 31. Mai 1927, einen Tag nach dem traditionell als Gründungstag der Universität begangenen 30. Mai, der sich in jenem Jahr zum 400. Mal wiederholte, war im Dachstuhl des Gebäudeteils an der Universitätsstraße ein Feuer ausgebrochen. Auch das Löschwasser und die starken Regenfälle in den Tagen darauf richteten großen Schaden an. Die Feierlichkeiten für das Universitätsjubiläum waren jedoch erst für den Zeitraum vom 29. Juli bis zum 1. August terminiert, sodass das Gebäude bis dahin mit einem Notdach versehen werden konnte.

Das Feuer war in der Bodenkammer über die Küche des Hausmeisters ausgebrochen und hatte sich schnell über das gesamte Dach ausgebreitet. Im großen Hörsaal fand zu dieser Zeit ein Vortrag von Rudolf Breitscheid über Sozialdemokratie und Außenpolitik statt, dessen Zuhörer sich, wie die Oberhessische Zeitung schrieb, in „mustergültiger Ordnung“ in die Alte Universität begaben, wo die Veranstaltung angeblich später fortgeführt wurde. Im Landgrafenhaus retteten zahlreiche Menschen, darunter viele Studierende, große Teile der Bibliothek der Juristen und des Mathematischen Seminars sowie Einrichtungsgegenstände, während die Marburger Feuerwehr, unterstützt von den Wehren aus Gießen und Sarnau, die Flammen bekämpfte. Die Universität dankte ihnen allen einige Tage später per Zeitungsanzeige.

Das wenige Wochen vor Beginn des Ersten Weltkriegs begonnene Gebäude war mit großen Schwierigkeiten wegen fehlender Arbeitskräfte und mangels Materials bis Ende 1916 errichtet und unter Dach gebracht und dann nach mehreren Jahren des Stillstands vom Dezember 1918 bis zur Übergabe an die Universität am 13. April 1921 fertiggestellt worden. Im Vorfeld waren mehrfach die Baupläne geändert worden. Auch die Fertigstellung der Fußböden im Inneren und der Ankauf der Hörsaalbestuhlung seit 1918 wurden wegen Materialmangels immer wieder verzögert, wobei dem Ministerium an der Inbetriebnahme der Hörsäle sehr gelegen war. Der Wiederaufbau des ausgebrannten Dachstuhls erfolgte dagegen relativ zügig bis zum Jahreswechsel 1927/28 in leicht veränderter Form: die geschweifte Haube über dem hervortretenden Mittelrisalit wich einem Walmdach.
Katharina Schaal

Bildarchiv Foto Marburg/fm14938
Landgrafenhaus vor dem Brand.
Bildarchiv Foto Marburg/fmb 132_03
Landgrafenhaus mit Walmdach über dem Treppenturm in den 1960er Jahren.