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Wilde Gefühle? - Die Rückkehr der Wölfe in Zeiten angespannter Empfindlichkeiten

Teil der Ringvorlesung "Gefühlswelten. Perspektiven der Emotionsforschung"

Veranstaltungsdaten

09. Juli 2024 18:15
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Hörsaal Deutschhausstraße 3, 1. Stock [Raum +1(1090)] und online

Abstract 

Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland hat eine tiefgreifende emotionale Resonanz in unserer Gesellschaft ausgelöst, die ein Spannungsfeld zwischen Rationalität und Emotionalität offenbart. Dieser Vortrag untersucht die Auswirkungen der Anwesenheit von Wölfen auf die Strukturen menschlicher Affekte in unserer Gesellschaft, indem er die Dynamiken von Emotionen und Rationalität inmitten hitziger Debatten und öffentlicher Auseinandersetzungen analysiert. 

In diesem Kontext werfen die Akteure einander emotionale Überspanntheit vor, während sie gleichzeitig eine Ent-Emotionalisierung der Diskussion fordern und für sich selbst Rationalität beanspruchen. Dennoch brodeln die Emotionen unaufhaltsam, sei es in Parlamentsdebatten, öffentlichen Vorträgen oder Straßenprotesten. 

Die Polarisierung zwischen Wolfsskeptikern und -befürwortern äußert sich in extremen Gefühlsausbrüchen wie Hass und Faszination, während die Mehrheit der Menschen sich in einer Phase der Verunsicherung befindet und nicht weiß, wie sie mit dieser neuen Situation umgehen soll. Ihre Sorgen und Ängste sollen jedoch zumindest ernst genommen werden. 

Obwohl unsere Gesellschaft den Ruf einer rationalen und affektregulierten Natur hat, haben Sozialwissenschaftler in den letzten Jahren eine Zunahme unregulierter öffentlicher Affekte und erhöhter Empfindlichkeit diagnostiziert. Bereits in den 1980er Jahren wurde der Begriff "German Angst" geprägt, um die erhöhte Sensibilität der deutschen Gesellschaft für Ängste und Befürchtungen zu beschreiben. In jüngerer Zeit wurde Deutschland als "die gereizte Gesellschaft", "die Angstgesellschaft", "die aufgebrachte Gesellschaft" mit ihren "Wutbürgern" charakterisiert. 

Die Rückkehr der Wölfe wirft daher nicht nur Fragen zur Koexistenz von Mensch und Tier auf, sondern auch tiefgreifende Fragen zur Natur unserer affektiven Ordnung und wie diese durch aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen herausgefordert wird.

 

Für mehr Informationen zu der Ringvorlesung schauen Sie gerne auf unserer Website vorbei, dort finden Sie auch den Link für die Online-Teilnahme. Das vollständige Programm finden Sie hier.

Die Ringvorlesung wird unterstützt durch den Förderverein des Instituts MakuFEE e.V.

Referierende

Dr. Thorsten Gieser (Universität Kassel)

Veranstalter

Institut für Europäische Ethnologie/Kulturwissenschaft, Prof. Dr. Manfred Seifert

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