Hauptinhalt
LOEWE-Zentrum "DynaRel" – Dynamiken des Religiösen: Ambivalente Nachbarschaften zwischen Judentum, Christentum und Islam in historischen und gegenwärtigen Konstellationen
Laufzeit: 01.01.2026 - 31.12.2029
Das LOEWE-Zentrum „DynaRel – Dynamiken des Religiösen: Ambivalente Nachbarschaften zwischen Judentum, Christentum und Islam in historischen und gegenwärtigen Konstellationen“ erforscht die vielfältigen und komplexen religiösen, kulturellen und politischen Dynamiken zwischen den drei großen monotheistischen Religionen. Zentral ist dabei der Begriff der „ambivalenten Nachbarschaften“: Nur in Bezug auf die engen räumlichen und kulturellen historischen Verbindungen der Religionen – so der Ausgangspunkt – können aktuelle Fragen im Spannungsfeld von Religion und Politik beantwortet werden. Geleitet wird das Zentrum vom Frankfurter Religionsphilosophen Prof. Dr. Christian Wiese. Co-Sprecherinnen sind die Frankfurter Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Armina Omerika und die Marburger Soziologieprofessorin Dr. Antje Röder.
Die Wissenschaftler*innen des neuen Zentrums befassen sich nicht nur mit Konflikten zwischen den Religionen, sondern beleuchten auch Fragen nach ihren Ressourcen, wie sie heute – in pluralen postmigrantischen Gesellschaften – konstruktiv mit Vielfalt und Differenz umgehen können, und entwickeln dafür unter anderem innovative pädagogische Konzepte. Den Akzent legt „DynaRel“ auf das multireligiöse Zusammenleben im Bundesland Hessen und im Rhein-Main-Gebiet, aber mit Implikationen weit über diesen Kontext hinaus.
„Das LOEWE-Zentrum DynaRel greift eine der drängendsten Fragen unserer Zeit auf: Wie kann religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft produktiv gelebt werden? Ich freue mich sehr, dass unsere Universität mit ihrer Expertise maßgeblich an diesem Verbund beteiligt ist. DynaRel zeigt eindrucksvoll, wie interdisziplinäre Forschung zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts beitragen kann,“ freut sich der Präsident der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Thomas Nauss.
"Mit vier beteiligten Professuren aus unterschiedlichen Disziplinen – von der Soziologie bis zur Religions- und Islamwissenschaft – bringt die Philipps-Universität Marburg eine breite Expertise in das DynaRel-Zentrum ein. Unser Fokus liegt besonders auf den Themen multireligiöses Zusammenleben sowie Flucht und Migration. Zugleich stärken wir durch diese Kooperation die strategische Zusammenarbeit mit Frankfurt und Gießen in der interdisziplinären Religionsforschung“, kommentiert die Marburger Co-Sprecherin und Soziologieprofessorin Dr. Antje Röder.
Im neuen LOEWE-Zentrum kooperieren Wissenschaftler*innen zahlreicher wissenschaftlicher Disziplinen und Spezialgebiete miteinander – von den Religionswissenschaften über die Gesellschafts- und Erziehungswissenschaften bis zu den Sprach- und Kulturwissenschaften. Unter Federführung der Goethe-Universität arbeiten die ebenfalls beteiligten Universitäten Marburg und Gießen mit zahlreichen internationalen Forschungseinrichtungen sowie außeruniversitären Partnern zusammen.
Themenfeld des Teilprojekts 2.4 unter Leitung von Prof. Dr. Edith Franke (Religionswissenschaft) ist die "Religiöse Pluralität im Spannungsfeld von staatlicher Politik, sunnitischer Normativität und religiösem Alltagshandeln im zeitgenössischen Yogyakarta"
In Indonesien wird Religion als solche verfassungsrechtlich geschützt, die Mehrheitsreligion Islam erhält aber in verschiedener Hinsicht einen privilegierten Status. In gesellschaftlichen Diskursen erfolgt häufig eine polarisierende Gegenüberstellung von agama/Religionen als modernen, fortschrittlichen Organisationen, und kerpercayaan/Glauben als ländlichen, in veralteten Traditionen verhafteten und nicht vorrangig mit den Zielen der indonesischen Politik verbundenen religiösen Praktiken. Diese Haltung veränderte sich unter Präsident Suharto (1967-1998) hin zu einer offeneren Position. Mit einer Analyse der Mehrheiten- und Minderheitenkonstellationen im multireligiösen, multiethnischen Yogyakarta sollen Spannungsfelder, aber auch das nachbarschaftliche Gelingen im Umgang mit religiöser Pluralität herausgearbeitet und der Einfluss staatlicher Regulierungsmaßnahmen, die Auswirkung zunehmender sunnitischer Normativität wie die Relevanz der historischen und alltäglichen Erfahrung im Umgang mit religiöser Pluralität aufgezeigt werden.
Im Fokus des Teilprojekts stehen Fragen nach dem Spannungsfeld zwischen der im Alltag gelebten Religion und nachbarschaftlichen Interaktionen einerseits sowie dem Einfluss religiöser Autoritäten und staatlicher Maßnahmen andererseits. Mittels einer qualitativen Studie (teilnehmende Beobachtungen, Experten- und Leitfadeninterviews) sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, welche Faktoren das Zusammenleben in einer multireligiösen Nachbarschaft bestimmen: (1) Welche Auswirkungen haben staatliche Vorgaben auf nachbarschaftliche Interaktionen zwischen Menschen verschiedener religiöser Zugehörigkeit? (2) Welche Bedeutung haben Bezüge auf lokale javanische Traditionen für das Zusammenleben in einer religiös pluralen Nachbarschaft? (3) Anhand welcher Ereignisse (politische Vorgaben, administrative Veränderungen, globale oder regionale Konflikte)
entwickeln sich Spannungen zwischen religiösen Gemeinschaften? Für die zweite Förderperiode wird – unter Einbeziehung des Einflusses sozialer Medien – eine vergleichende Studie zu einer anderen Metropolregion (z.B. in einem mehrheitlich christlichen Kontext) angestrebt.