20.06.2023 Husserl Lecture mit Prof. Dr. Sonja Rinofner-Kreidl

Mit der Husserl-Lecture zeichnet die Deutsche Gesellschaft für Phänomenologische Forschung (DGPF) alle zwei Jahre eine Wissenschaftlerin oder einen Wissenschaftler aus, die oder der sich durch ihre oder seine Forschungsleistungen in außergewöhnlicher Weise um die Phänomenologie verdient gemacht hat. Die Vorlesung findet an wechselnden Orten der für die Phänomenologie einschlägigen Forschung statt. Im Jahr 2023 wird Prof. Dr. Sonja Rinofner-Kreidl (Graz) die Vorlesung an der Philipps-Universität Marburg halten.

Das Institut für Philosophie lädt alle Interessierten am 06.07.23 zur Husserl Lecture mit Sonja Rinofner-Kreidl (Graz) ein. Die Veranstaltung findet im Deutschen Sprachatlas von 18 bis 20 Uhr statt. Das Plakat und Programm zur Veranstaltung finden Sie hier.

Titel und Abstract des Vortrags:

Ist das Gegebene noch zu retten? - Über Chancen und Gefahren einer Politisierung der Phänomenologie

Der Vortrag zielt auf die Klärung einer möglichen Mehrdeutigkeit in der Rede von der „Politisie­rung“ der Phänomenologie. Die fraglichen Unterschiede betreffen das Verständnis dessen, was in welcher Form anders konzipiert, kontextualisiert oder interpretiert („politisiert“) werden soll, ob eine Politisierung intrinsisch oder extrinsisch motiviert und begründet ist und wie Art und Reich­weite der daran geknüpften Ansprüche artikuliert werden. Zwei grundlegende Optionen werden zur Diskussion gestellt: (1) eine immanente Politisierung, die als phänomenologisch-me­tho­discher Umgang mit Gegebenem, mit Evidenz(stil)en, mit Expressivität und Subjektivität charakterisiert wird; (2) eine externe Politisierung der Phänomenologie, die sich als standort- und kontextab­hän­gige weltanschauliche Idee und Praxis darstellt. Letztere versteht sich als eine politische Forderung und Erwartung, welche eine thematisch einseitige bzw. verengte und / oder methodologisch naive, unreflektierte, unkritische, womöglich vorurteils- und ressentiment­ge­leitete phänomenologische Methodologie korrigiert.

Dem Vortrag liegt die These zugrunde, dass immanente Politisierung auf einer Metaebene statt­findet, auf der über Natur und Selbstbegrenzung der phänomenologischen Analyse nachgedacht wird. In konkreten Phänomenanalysen schlägt sich immanente Politisierung lediglich indirekt – über deren methodische und theoretische Rahmung – nieder. Externe Politisierung erfolgt als direkter Eingriff auf der gegenständlichen Ebene, im Zuge der Interpretation konkreter Phäno­mene. Die Art der jeweils angestrengten Politisierung bringt mithin bereits ein bestimmtes Ver­ständnis der Phänomenologie (bzw. der Philosophie im Allgemeinen) zur Wirksamkeit wie auch eine bestimmte Idee von Politisierung. Wenn dies zutrifft, sind u. a. folgende Fragen zu klären: Kann von (1) und / oder (2) mit Recht gesagt werden, dass sie nicht-zirkulär begründbar sind bzw. nicht selbstbestätigend fungieren? Wie können zulässige (und unabdingbare) Formen von Polit­i­sie­­rung von unzulässigen unterschieden werden? Unter welchen Bedingungen unterliegt radikale Kritik im Sinne externer Politi­sierung einem Selbstaufhebungseinwand?

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