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Sprache

Die Muttersprache zu benutzen erscheint uns selbstverständlich und eine Fremdsprache zu lernen vor allem ein Problem der Aussprache und Grammatik zu sein. Was machen wir aber beim Sprechen genau? Gibt es Grundlagen der Kommunikation, die in allen Sprachen gleich sind oder gibt es kulturelle Unterschiede in der Kommunikation? Und wie können wir Aussprache, grammatische Strukturen und kommunikatives Handeln so genau wie möglich beschreiben, um über Ähnlichkeiten und Unterschiede sprechen zu können? Sie lernen vor allem, für Sie Selbstverständliches genau zu definieren und zu hinterfragen, also eine neue Terminologie, mit der Sie Sprache beschreiben bzw. über Sprachliches reden können: von der Artikulation einzelner Laute bis hin zu Textstrukturen und Gesprächsabläufen oder den Wirkungen des Sprachkontaktes.

Die Sprachwissenschaft besteht aus vielen Teilgebieten, die alle sprachlichen Erscheinungen - vom einzelnen Laut bis zum kommunikativen Verhalten und zur Sprachpolitik - behandeln.

  • Sprachlaute/Phonetik und Phonologie

    Dieses Teilgebiet erlaubt Ihnen, einen Sprachlaut zu benennen, ohne ihn nachahmen zu müssen (so ist z.B. ein „t“ ein stimmloser Verschlusslaut im Unterschied zu einem „d“, der stimmhaft ist). Dieses Wissen erlaubt Ihnen, wichtige Unterschiede zwischen den Sprachen besser zu erfassen und sich über die wirklich wesentlichen Merkmale der zu lernenden Sprachlaute klar zu werden. Haben die romanischen Sprachen andere rhythmische oder melodische Strukturen, die man mitlernen muss?

  • Grammatik/Formenlehre/Morphologie

    Wie baut sich ein Wort genau auf? Welche Teile tragen welche Bedeutung? Wie kann man ein langes Wort wie „décentralisation“ „decentralización“ „decentralizzazione“ auseinandernehmen? Welche Wortarten verbergen sich hier und was kann man bei so einer Analyse lernen, um selbst neue Wörter bilden zu können? Wie kann man seinen Schülern am besten den Unterschied zwischen Imperfekt und Perfekt im Spanischen, Französischen oder Italienischen erklären? Helfen die Schulbücher wirklich? Welches macht es am besten? Was machen Jugendliche mit der Sprache – sind sie kreativ oder wird die Sprache „verhunzt“?

  • Grammatik/Syntax/Satzlehre

    Was ist ein Satz? Welche Wortarten sind notwendig, damit er vollständig ist? Welche Rolle spielt das Verb? Wieso kann sich IKEA erlauben, mit einem falschen Satz wie (“Wohnst Du noch oder lebst du schon?“) Reklame zu machen – was ist daran eigentlich genau falsch? Sie lernen, die Abhängigkeit der einzelnen Teile eines Satzes untereinander genau zu benennen und natürlich die für das Französische, Italienische oder Spanische wichtigen Besonderheiten kennen und mit dem Deutschen zu vergleichen.

  • Bedeutung/Semantik/Wortschatz

    Mit welchen Wörtern bezeichne ich welche Gegenstände? Beim Nachschlagen von Vokabeln findet man oft nicht nur eine, sondern viele Übersetzungen. Welche wähle ich aus? Warum kann ich einen deutschen Ausdruck wie ‚Katze’ nicht einfach in die Fremdsprache übersetzen? (gata, chatte), sondern muss, wenn ich genau den gleichen Inhalt ausdrücken will („Schau mal, da läuft eine Katze“) die maskuline Form „chat“, „gato“ nehmen? Wieso wandeln sich Bedeutungen im Laufe der Zeit und welche mentalen Prozesse oder Assoziationen laufen ab, wenn aus dem französischen Wort „bureau“ für ‚Schreibtisch’ ein Ausdruck für „Büro“ (Dienstzimmer) wird? Wie und warum übernehmen Sprecher Wörter aus anderen Sprachen? Warum werden Bedeutungen oder sogar ganze Wörter aufgegeben? Sie lernen hier auch historische Entwicklungen, die Geschichte der studierten Sprache und die konkreten historischen Ereignisse kennen, die eine Sprache geprägt haben (Völkerwanderung, Sprachkontakte, Sprachmischungen, Einfluss des wissenschaftlichen Fortschritts, der Sprachpolitik und vieles mehr).

  • Sprachgebrauch/Kommunikation/Sprache und Gesellschaft

    Sprechen Frauen anders als Männer? Benutzen Jugendliche wirklich eine andere Sprache, wenn sie chatten oder simsen? Wie chatten die Franzosen, Spanier oder Italiener – gibt es da Gemeinsamkeiten? Schreiben wir anders als wir sprechen – und warum? Warum entschuldigen wir uns, bevor wir jemanden etwas fragen? Wen duzt man wann und wo – nicht nur in Spanien, Italien oder Frankreich? Was muss ich tun, damit eine Bitte erfolgreich ist? Gibt es hier kulturelle Unterschiede? Welche Rolle spielt mein Tonfall beim Formulieren eines Satzes, wie wirke ich auf den Hörer?

    Wie kommunizieren Personen, die mit zwei Sprachen im engen Kontakt aufwachsen oder in einer Region leben, in der zwei Sprachen „offiziell“ gelernt bzw. beherrscht werden müssen. Warum argumentiert eine Region wie Katalonien mit der eigenen Sprache (Katalanisch) bei seinen Unabhängigkeitsbestrebungen? Muss eine Nation eine eigene Sprache haben oder eine Sprache auch eine Nation? Gibt es „wertvollere“  Sprachen als andere? In Seminaren wie Las lenguas de la Península Ibérica, Langue et nation au XVIIe siècle, Reformas de la ortografía, Questions de sociolinguistique oder Die Sprachpolitik des italienischen Faschismus befassen Sie sich mit diesen Themen.

    Sie lernen nicht nur die Vielfalt sprachlicher Erscheinungen in Wort und Schrift kennen, sondern Sie befassen sich auch mit aktuellen Problemen der europäischen Sprachpolitik und den Konflikten in Sprachkontaktsituationen.