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Abstract: "Of ‚No Woman Born‘ und doch des Herren Knechtin?: Körper, Körperlichkeit, Entkörperlichung, Ermächtigung"

Johanna Heil: (Amerikanistik, PUM)

In ihrem „A Manifesto for Cyborgs“ erklärt Donna Haraway, dass der Cyborg befreit von dem „myth of original unity, fullness, bliss and terror, represented by the phallic mother from whom all humans must separate“ entstehe und sich der (patriarchalen) westlichen Entstehungsgeschichte entziehe. Aus dem Mangel einer Entstehungsgeschichte ergibt sich, dass das dialektische Machtverhältnis von Knecht*In und Herren, wie sie der Psychoanalytiker Jacques Lacan aufgreift, neu verhandelt werden kann. Bei Lacan hat die Knecht*In (die Analysand*In), wenn auch unterbewusst, Zugang zu einen Wissen, das der Herr (der Psychoanalytiker) für sich beanspruchen möchte, nämlich die Einsicht in ihre Psyche und in „the magnitude of what she as a woman is capable of revealing about jouissance“ (Lacan, Seminar XVII 34), wobei jouissance für Lacan eine körperliche Kategorie darstellt (cf. Encore 110).  

Mein Vortrag wird sich unter Zuhilfenahme feministischer Erkenntnistheorien der theoretischen und strukturellen Gerüste Haraways und Lacans in der Interpretation zweier amerikanischer (Science-)Fiction-Szenarien bedienen, die das Konzept des Cyborgs bzw. des Posthumanen auf deren Körperlichkeit und jouissance ausloten. Hierbei stehen die subtilen und offensichtlichen Machtstrukturen bzw. Ermächtigungsstrategien posthumaner Wesen sowie deren alternative Körper und Körperlichkeiten im Zentrum: C.L. Moores Kurzgeschichte „No Woman Born“ erzählt die Geschichte einer Tänzerin/Sängerin, deren Hirn nach einem Brandunfall gerettet werden kann und dem es ermöglicht wird, in einem künstlichen Körper weiterzuleben. Richard Powers‘ Galatea 2.2 beschäftigt sich mit dem Prozess, dem neuronalen Netzwerk Helen Literatur zu vermitteln, so dass es einen Turing Test bestehen kann. In beiden Fällen stehen weibliche bzw. feminin-gegenderte posthumane Wesen ihren männlichen Schöpfern gegenüber und behaupten letztendlich ihre Unabhängigkeit dadurch, dass sie ihre alternativen Körper für sich beanspruchen. Die beiden Texte verhandeln allerdings auf sehr unterschiedliche Weise das Verhältnis von posthumanen Wesen zu

(ihren) Entstehungsgeschichten und ihren Körperlichkeiten. Ziel des Vortrags ist es, das Spannungsfeld von Haraways Utopie mit den imaginierten Szenarien von „No Woman Born“ und Galatea 2.2 unter dem Aspekt der jouissance und Ermächtigung in Beziehung zu setzen.