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Suizidalität

Suizidgedanken oder depressive Tendenzen einer Person können auch im universitären Umfeld eine Rolle spielen. An dieser Stelle geht es nicht um eine umfassende Auseinandersetzung mit dem Thema Suizidalität, die vielmehr in die Hände von Expertinnen und Experten gehört. Es geht darum, erste Reaktionsmöglichkeiten aufzuzeigen wenn Sie bspw. in der Studienberatung mit einer suizidalen Krise konfrontiert werden sollten.

  • Definition

    Der Begriff Suizidalität umfasst den gesamten Bereich von

    • Suizidgedanken:

    Gedanken, sich das Leben nehmen zu wollen.

    • Suizidplan:

    Formulierung einer spezifischen Methode, mittels derer eine Person aus dem Leben scheiden möchte.

    • Suizidversuch:

    Aktion, die mit der Intention zu sterben ausgeführt wird, jedoch nicht tödlich endet.

    • Suizid:

    Willentliche Beendigung des eigenen Lebens.

    Unterschieden wird zudem in

    Latente Suizidalität:

    • Die von der Person geäußerten Suizidgedanken sind (zeitweise) vorhanden, es bestehen allerdings keine konkreten und bevorstehenden Handlungsabsichten oder Vorbereitungen.
    • Eine Distanzierungsfähigkeit von den suizidalen Gedanken und Vorstellungen ist bei der Person gegeben.
    • Die Person kann sich auf alternative Lösungswege einlassen.

     Akute Suizidalität:

    • Die von der Person geäußerten Suizidgedanken sind sehr dominant und gehen mit konkreten und/oder bevorstehenden Handlungsabsichten (Suizidplänen) einher.
    • Die Person hat konkrete Pläne bzgl. Vorgehen, Methode, Zeit und Ort der suizidalen Handlung.
    • Die Person kann sich nicht von seinen suizidalen Absichten distanzieren und eine suizidale Handlung für die nächste Zeit nicht ausschließen.

    Oft ist eine eindeutige Zuordnung nicht möglich und die Übergänge zwischen latenter und akuter Suizidalität sind fließend. Umso akuter die Suizidalität einzuschätzen ist, umso dringlicher und wichtiger werden die Hilfen.

  • Unmittelbare Handlungsempfehlung

    Menschen, die unter Suizidgedanken leiden oder Suizidpläne haben, fühlen sich in der Regel entlastet, wenn sie auf diese angesprochen werden. Sollten Sie also das Gefühl haben, dass Suizidgedanken bei einer Person vorliegen, fragen Sie nach. Fragen im Zusammenhang mit Suizidalität:

    • Suizidalität: „Haben Sie schon daran gedacht, sich das Leben zu nehmen?“
    • Vorbereitung: Denken Sie bewusst daran oder drängen sich derartige Gedanken auf, wenn Sie es nicht wollen?“ „Gibt es bereits Überlegungen, wie Sie es tun würden?“
    • Ankündigungen: „Haben Sie schon mit jemanden über Ihre Absichten gesprochen?“
    • Einengung: „Haben sich Ihre Interessen oder auch Kontakte zu anderen gegenüber früher reduziert?“

    Für den Umgang mit Menschen, die sich das Leben nehmen wollen oder damit drohen, gibt es kein Patentrezept. Überprüfen Sie in diesem Zusammenhang Ihre eigene Handlungsfähigkeit und machen Sie sich klar, dass Sie im Normalfall keine medizinische Beschäftigte bzw. kein medizinischer Beschäftigter sind. Es steht auch nicht in Ihrer Macht, jemanden vor dem Suizid zu bewahren und Sie tragen nicht die Verantwortung dafür.

    Versuchen Sie die Person bei dem Vorhandensein von Suizidgedanken zu motivieren, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

    Einschätzung der Gefährdung:

    KEINE AKUTE GEFÄHRDUNG
    Vermittlung von Hilfeangeboten
    wie z.B. Psychosoziale Beratungsstelle für Studierende (PBS), Telefonseelsorge, Vereine…

    AKUTE GEFÄHRDUNG
    Notfallplan
    Hausarzt, Psychiatrische Klinik, Notarzt

    Bei dem Verdacht auf Suizidgefährdung vermitteln Sie der Person Hilfeangebote. Unter Umständen kann es sinnvoll sein, gemeinsam mit der betroffenen Person den Kontakt zur fachärztlichen Abklärung herzustellen.

    Bei einer akuten Suizidalität alarmieren Sie mit Zustimmung der betroffenen Person die Psychiatrische Klinik bzw. den Rettungsdienst (112).

    Sollte die betroffene Person konkrete Suizidabsichten und -pläne angeben oder sich nicht von diesen distanzieren können, aber gleichzeitig alle Hilfsangebote ablehnen, müssen Sie Ihr Handeln abwägen. Sollten Sie zu der Entscheidung kommen, dass eine akute Gefährdung besteht, so müssen Sie unter Umständen auch Maßnahmen ergreifen, die mit dem Bruch der Schweigepflicht einhergehen (im Fall, dass die Person nicht einverstanden ist). Im Zweifelsfall rufen Sie den Rettungsdienst (112) oder, wenn die Person bspw. weggelaufen ist, auch die Polizei (110).

    Als Grundsatz gilt, handeln Sie immer nach Ihrem Ermessen und dokumentieren Sie die Entscheidung für Ihre Handlungsweise. Sollte es möglich sein, holen Sie sich immer ein Einverständnis der betroffenen Person oder wenn dies nicht gelingt, dann ziehen Sie eine entsprechende Ansprechperson hinzu. Wenn nötig, informieren Sie weitere Einrichtungen der Hochschule (z.B. Dekanat).

  • Einschätzung von Suizidgefahr

    Zehn Alarmsignale

    • Mitteilung sterben oder sich das Leben nehmen zu wollen
    • zunehmender Substanzkonsum
    • Ausdruck von Sinnlosigkeit
    • Anzeichen von Ängstlichkeit (inkl. Änderung der Schlafgewohnheiten)
    • Äußerung von Gefühl, in Situationen gefangen zu sein
    • Gefühl der Hoffnungslosigkeit
    • sozialer Rückzug
    • ungewöhnlicher Ausdruck von Ärger und Wut
    • rücksichtsloses Verhalten
    • Zeichen von Stimmungsänderungen

    Vier erhöhte Alarmsignale

    • konkrete Angaben über die Durchführung, Auswahl und Beschaffung der Suizidmittel
    • vorangegangene Suizidversuche
    • unzureichende Distanzierung von vorangegangenen Selbstmordversuchen
    • psychische Störungen oder Erkrankungen
  • Notfallplan für akut gefährdete Personen

    DIE PERSON NIMMT HILFE AN

    Verweisen Sie an ärztliche Hilfe

    Fragen Sie:
    „Wollen Sie nicht lieber zu einem Arzt gehen?“
    „Wer ist Ihre Hausärztin?“
    „Sollen wir dort zusammen anrufen?“
    „Soll ich Ihnen eine Praxis in der Nähe suchen? Dann können Sie sich dort direkt vorstellen“

    Alternativ können Sie die Person auch dazu bewegen, sich in der Klinik für Psychiatrie vorzustellen:
    „In der Psychiatrischen Ambulanz sind Ansprechpersonen, die Ihnen helfen/Sie schützen können.“

    Informieren Sie die Anlaufstelle, sobald die Person unterwegs ist und lassen Sie sich die Ankunft bestätigen! Bleiben Sie in der Folgezeit telefonisch erreichbar!


    DIE PERSON NIMMT FREIWILLIG KEINE HILFE AN

    Informieren Sie die Rettungsstelle 112

    • Informationen für den Notruf
    • persönliche Daten
    • Name der gefährdeten Person
    • Aufenthaltsort
    • Zustand
    • Kontaktdaten der gefährdeten Person
    • persönliche Erreichbarkeit

    Wenn Ihnen der Aufenthaltsort der gefährdeten Person nicht bekannt ist (z.B. sie aus der Beratungssituation gelaufen ist):
    Schalten Sie die Polizei ein 110


    Dokumentieren Sie alle Ihre Entscheidungen und informieren Sie wenn nötig weitere Einrichtungen der Hochschule (z.B. Dekanat).

Notfallnummern / Beratungsstellen

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Institutionsambulanz/Poliklinik
Rudolf-Bultmann-Straße 8
35039 Marburg
Öffnungszeiten
Mo-Do: 8:00 – 16:30 Uhr
Freitag: 8:00 – 14:30 Uhr
Telefon: 06421/58-65239
Telefax: 06421/58-67099
Telefon Pforte: 06421/5865200

Notfallambulanz UKGM
Telefon Ärztlicher Bereitschaftsdienst (ÄBD): 116117

Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Cappeler Str. 98
35039 Marburg
Telefon: 06421/4041

Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende (PBS)
Allgemeine Sprechstunde ohne Voranmeldung

Telefonseelsorge
0800/111 0 111
0800/111 0 222
116 123

Sozialpsychiatrischer Dienst am Gesundheitsamt Marburg-Biedenkopf

Liste der Psychotherapeutinnen und Therapeuten in Marburg und Umgebung

 



Quellenangabe für die Inhalte im Akkordeon:
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie Universitätsklinikum Ulm (Hrsg.) (2010): Wahrnehmung von und Umgang mit Gefährdungspotentialen in der Beratung von Studierenden. Eine praktische Orientierungshilfe für Beraterinnen und Berater, Ulm 2010
Stadt Bielefeld, Amt für Schule, Regionale Schulberatungsstelle; Stadt Bielefeld, Büro für Integrierte Sozialplanung und Prävention; Klinikum Lippe, Kinder- und Jugendpsychiatrie (Hrsg.) (2017): Handlungsleitfaden Umgang mit suizidalen Krisen und Suizidprävention an Bielefelder Schulen, Bielefeld 2017