08.12.2020 Nerval und Marx im Blickpunkt der Übersetzungspraktik

Florian Gödel stellte am 17.11.2020 im Romanistischen Kolloquium seine derzeitige wissenschaftliche Arbeit zu Übersetzungsproblemen in deutsch-französischen Transferprozessen der interessierten Hörerschaft vor

Foto: Lucas Heinisch; Foto/Screenshot von Präsentation

Seit dem Wintersemester 2019/20 ist Florian Gödel als Promovend am Institut für Romanische Philologie tätig. In seiner Arbeit zur Universalität als Übersetzungsproblematik beschäftigt er sich vor allem mit den Heine-Übersetzungen von Gérard de Nerval und der Übersetzungspraktik von Karl Marx. Als theoretische Diskussionsgrundlage zur Universalität im Rahmen der Übersetzung zog der Referent die Schriften von Emily Apter und Barbara Cassin sowie eine neuere Arbeit von Markus Messling heran.

Nerval und Marx verfolgten unterschiedliche Praktiken der Übersetzung und hätten ebenfalls unterschiedliche universelle Ansprüche an die Übersetzung, so Gödel. Ersterer betone vor allem den universellen Charakter von Heines Sprache und seinen poetischen Stil, sodass seine Werke (nach der Übersetzung) für alle verständlich seien. Letzterer, Übersetzer von Pierre-Joseph Proudhon, vertrete den universellen Anspruch, dass Argumente nach der Übersetzung für die Leserinnen und Leser direkt verständlich sein müssten. Er praktiziere deshalb unter anderem eine strenge Interlinearübersetzung, erklärte Florian Gödel. Sowohl bei Nerval als auch bei Marx habe der universelle Anspruch an die Übersetzung eher etwas mit den eigenen Interessen im Vermittlungsprozess, d. h. dem, was die Leserinnen und Leser durch die Übersetzung vermittelt bekommen sollten, zu tun und weniger etwas mit der authentischen Abbildung des Originals, resümierte der Referent.

Sowohl Nerval als auch Marx benutzen das Argument der Universalität vor allem aus strategischen Gründen und weniger mit dem Anspruch auf theoretische oder philosophische Kohärenz.

 

Geschrieben von Lucas Heinisch