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Bunte Steine

Abb.: S. Müller

Eine mineralogische Reise durch das Farbspektrum

Minerale sind Kunstwerke der Natur. Und die greift dabei oft tief in den Farbtopf…

Foto: A. Weisbrod

Vom leuchtendsten Rot über das schrillste Grün bis hin zum tiefsten Violett erschafft das Mineralreich alle erdenklichen Töne des Farbspektrums. In einer Sonderausstellung in 14, an mehreren Stellen im Freihandbereich der Universitätsbibliothek verteilten, Glaskuben gibt das Mineralogische Museum einen kleinen Einblick in diese faszinierende farbliche Bandbreite.
Die Ausstellung ist vom 31.1. bis zum 14.4.22 unter Einhaltung der geltenden Corona-Auflagen (3G, keine Gruppenbesuche) während der Öffnungszeiten der Universitätsbibliothek (Mo-So, 8-24 Uhr) zugänglich. Für die Möglichkeit, diese Sonderausstellung während der umbaubedingten Schließung des Museums in der UB durchführen zu können, und für die Unterstützung in der Vorbereitung möchten wir ganz herzlich dem Team der UB, insbesondere Frau Dr. Lydia Kaiser, Frau Dr. Susanne Saker und Sabine Schacht danken.

Die seit letztem Jahr in der Bibliothek installierten Glaskuben folgen dem Konzept einer „Schaufensterausstellung“, also in gewisser Weise eines „Museums im Vorbeigehen“. Die Grundidee einer mineralogischen Ausstellung in diesem Kontext war deshalb, sich ganz und gar auf den primären optischen Eindruck, den das menschliche Auge von einem Objekt aufnimmt, zu fokussieren: der Farbe. Für die Ausstellung wurden also an die 100 außergewöhnliche Stücke aus der mineralogischen Sammlung ausgewählt und - ungeachtet sonstiger geometrischer oder mineralogischer Eigenschaften - allein nach ihrem Farbton in 14 Gruppen eingeteilt: Rot, gelb, orange, grün, blau, türkis, violett, rosa, braun, schwarz, weiß, silbern, golden und klar. In dieser Zusammenstellung stellen sie nun für die nächsten Monate farbige "Hingucker" zwischen den Bücherregalen dar - und sollen so sowohl die Nutzer der UB in quasi „zufälligen Begegnungen“ zum Betrachten, Staunen und Verweilen animieren, und natürlich ebenso den ein oder anderen Mineralien-Interessierten in die Bibliothek locken.

Die Inspiration für den Ausstellungstitel Bunte Steine liefert Adalbert Stifters gleichnamige Geschichtensammlung von 1853 – und damit auch in gewisser Weise eine literarische Verknüpfung der Mineralogie zum Bibliothekswesen. Das Werk (001 GL 9344 B94.960) steht im Freihandbestand unter 3-0292.

Minerale und Farben

Die Farbe eines Minerals ist meist seine am offensichtlichsten zu Tage tretende physikalische Eigenschaft. Für manche Minerale ist die Farbe auch tatsächlich charakteristisch und ein entscheidendes Bestimmungskriterium, andere wiederum sind wahre Chamäleons und können so gut wie jede Farbe des Spektrums annehmen. Wieso sind jetzt aber manche Minerale rot, andere blau und wieder andere komplett farblos?

Grundsätzlich sehen wir Farben, weil ein Objekt vom eingestrahlten, weißen Licht bestimmte Wellenlängen absorbiert, also quasi herausfiltert; das kann beim Durchstrahlen oder auch beim Reflektieren geschehen. Die „übriggebliebenen“ Wellenlängen sehen wir als Farbe – rot bei langen Wellen, blau bei eher kurzen. In den meisten Fällen ist die Interaktion der Lichtwellen mit bestimmten chemischen Elementen oder Molekülen (den sogenannten Chromophoren) ausschlaggebend für Umfang und Wellenlängenbereich dieser Absorption. Im Mineralreich sind es meist Ionen aus der Gruppe der Übergangsmetalle (Cr3+, Ti4+, Fe2+, Fe3+, Ni2+, Cu2+, Co2+, Mn2+), die am effektivsten Farben generieren.

Bei idiochromatischen („eigengefärbten“) Mineralen sind diese farbgebenden Elemente strukturbildend – das heißt, sie haben einen so gewichtigen Anteil an der Zusammensetzung des Minerals, dass sie auch in dessen chemischer Formel auftauchen. Ein klassisches Beispiel dafür ist der grüne Malachit (Cu2(CO3)(OH)2; s. Abb.), bei dem das eingebaute Kupfer für die Färbung verantwortlich ist.

Foto: H. Meyer

Idiochromatische Minerale sind meist sehr intensiv, und vor allem sehr homogen gefärbt, auch in Pulverform. Sie wurden deswegen (und werden immer noch) oft als Farbpigmente in der Malerei verwendet.

Nie farbgebend sind dagegen Silizium, Aluminium, Alkali- und Erdalkalimetalle, Sauerstoff, Wasserstoff und die Halogene – gerade jene Elemente also, aus denen die überwiegende Anzahl der Minerale wie Quarz, Korund, Fluorit etc. hauptsächlich bestehen. Woher kommen also die Farben in diesen Mineralen?

Foto: Uwe Keller

Eine Möglichkeit besteht in der sogenannten allochromatischen Färbung oder Fremdfärbung. Hier sind die oben genannten farbgebenden Elemente lediglich als Spurenelemente in sehr geringen Mengen im Kristallgitter verteilt. Nicht genug, um in der Mineralformel aufzutauchen, aber immerhin ausreichend, um eine Färbung des (oft ansonsten noch transparenten) Kristalls zu verursachen. Ein Beispiel ist der bekannte rote Edelstein Rubin, eigentlich ein Aluminiumoxid (Korund, Al2O3; s. Abb.) und damit farblos. Geringe Beimengungen von Chrom (<1%) im Kristallgitter führen allerdings zur rubin-typischen rötlichen Färbung – und steigern damit gleichzeitig den Wert des Korunds um ein Vielfaches…

Foto: Foto Marburg/Thomas Scheidt

Nobody’s perfect, auch Kristalle nicht. Wenn ein Kristall wächst und in regelmäßigem Muster seine elementaren Bausteine stapelt, kommt es immer wieder zu kleinen Baufehlern – „falsche“ Ionen werden eingebaut, Gitterstellen bleiben unbesetzt, etc. (oft auch nachträglich durch radioaktive Strahlung). In solche Leerstellen können sich nun freie Elektronen "einnisten" und Ursache für eine Färbung des Minerals sein, man nennt sie dann Farbzentren. Ein Beispiel für eine solche Färbung durch Gitterdefekte ist die violett-blaue Färbung im Fluorit (S. Abb.) oder die häufig auftretende, wolkig im Mineral verteilte Blaufärbung von Halit (Steinsalz).