Ringvorlesung 2014
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17.04.2014 Barbara Grubner (Zentrum für Gender Studies und feministische Zukunftsforschung) Feminismus und Freiheit Um den Begriff der Freiheit ist es in den letzten 20 Jahren feministischer Debatten still geworden. In der Diskussion überwiegen die kritischen Stimmen an diesem für die menschliche Ideengeschichte so zentralen Begriff. Trotz dieser umfassenden und völlig zu Recht formulierten Kritiken spricht sich der Einführungsvortrag für eine Neubestimmung und eine Wiederaneignung des Freiheitsbegriffs für die feministische Wissenschaft und Politik aus. Mit Blick auf radikale Freiheitsforderungen aus feministischen Auseinandersetzungen werden die Potenziale eines freiheitsbezogenen Feminismus für die Zukunft ausgelotet.
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24.04.2014 Andrea Esser (Philosophie) Freiheit als Autonomie. Welchen Beitrag kann eine kritische Ethik zur Gendergerechtigkeit leisten? Der Begriff der Autonomie ist, insbesondere wenn er in einem Kantischen Sinne verstanden wird, oft in die Kritik geraten: Der Gedanke der Selbstgesetzgebung laufe Gefahr, dass er auf Grund seiner Inhaltsleere leicht von hierarchischem Denken vereinnahmt und für paternalistische Interessen missbraucht werden könne; er biete darüber hinaus wenig kritisches Potential und eigentlich keine konkrete Orientierung, um die gesellschaftlichen Lebensverhältnisse angemessen und gerecht zu gestalten bzw. umzugestalten. Viele dieser Bedenken und Einwände gegen den Autonomiebegriff sind sicherlich berechtigt; allerdings reicht es dennoch nicht aus, unter Freiheit nur die Befreiung von Einschränkungen zu verstehen und die weitere positive Ausgestaltung dem Belieben und den Interessen sei es der Individuen oder der Gesellschaft zu überlassen. In meinem Vortrag möchte ich versuchen, die fundamentale Bedeutung des Autonomiebegriffs für jede politische Befreiungsbewegung herauszuarbeiten und dabei an Beispielen aus dem Bereich der Gendergerechtigkeit deutlich machen, dass er auch zur kritischen Beurteilung und Gestaltung konkreter Anerkennungsverhältnisse eingesetzt werden kann. Gerade wenn wir wissen wollen, wie wir im Kampf für gerechte gesellschaftliche Verhältnisse zwischen den Geschlechtern konkrete Freiheit verwirklichen können, kann der Begriff der Autonomie eine wichtige kritische Orientierung bieten.
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08.05.2014 Barbara Holland-Cunz (Politikwissenschaft, JLU Gießen) Dualismen des Freiheitsbegriffs. Streifzüge durch die neuzeitliche Ideengeschichte Unter den "großen" Begriffen der abendländischen Neuzeit gibt es kaum einen bedeutenderen und wohl keinen, der mehr polare Definitionen hervorgebracht hat als der Freiheitsbegriff. Ob negative versus positive Freiheit, innere versus äußere Hindernisse, individuelle versus gesellschaftliche Autonomie, Grenzsetzungen gegen oder Entwürfe für staatliche Macht - alle klassischen Dualismen bestehen bis heute fort und inspirieren oder irritieren unsere oft eher diffusen Freiheitsideale.
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15.05.2014 Christl M. Maier (Evangelische Theologie) Freiheit als Befreiung. Feministische Blicke auf die Bibel Die feministische Bibelauslegung versteht sich als Teilprojekt einer religiös-emanzipatorischen Bewegung, die ihre Wurzeln in der lateinamerikanischen Befreiungstheologie, der europäischen Frauenbewegung und weiteren antihierarchischen religiösen Aufbrüchen hat. Sie zielt darauf, die Bibel als Dokument der Weltliteratur und Basisurkunde christlichen Glaubens kritisch zu hinterfragen und im Blick auf Geschlechterbeziehungen und soziale Ungleichheiten einer Re-lecture zu unterziehen. Der Begriff „Befreiung“ spielt dabei eine wichtige Rolle. Der Vortrag untersucht, welche Konzepte von Freiheit in feministischen Bibelauslegungen aufgerufen werden und welchen Begrenzungen diese Konzepte in einer globalen Perspektive gleichzeitig unterliegen.
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22.05.2014 Carmen Birkle (Nordamerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft) Frauen, Freiheit, Feminismus: Born for Liberty und der U.S.-amerikanische Freiheitsbegriff seit der Unabhängigkeitserklärung Trotz Abigail Adams‘ Appell, “Remember the Ladies”, von 1776 war Freiheit für Frauen seit der Gründung der U.S.-amerikanischen Nation anders besetzt als für ihre männlichen Kollegen, so dass sie 1848 in der Seneca Falls Declaration of Sentiments and Resolutions Freiheiten einforderten, die schließlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts bei der Einweihungsfeier der Statue of Liberty (1886) und im Suffrage Movement u.a. von Elizabeth Cady Stanton verstärkt angemahnt wurden und ihnen letztendlich 1920 im 19. Amendment zur Verfassung in Form des Wahlrechts garantiert wurden. Historische und literarische Dokumente, Bilder und Filme sollen beleuchten, wie sich der Freiheitsbegriff in den USA intersektional (Ethnie, Nation, Geschlecht) entwickelt hat.
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12.06.2014 Mirjam Dierkes (Politikwissenschaft) „Der Frau bleibt kein anderer Ausweg, als an ihrer Befreiung zu arbeiten.“ Zum Denken der Freiheit bei Simone de Beauvoir Simone de Beauvoir (1908 – 1986) gilt bekanntermaßen als eine „Klassikerin“ feministischer Theorie. In ihrem zentralen Werk „Das andere Geschlecht“ von 1949 setzt sie sich in einzigartiger Weise material- und facettenreich mit den ermöglichenden und verhindernden Bedingungen eines freiheitlichen Lebensentwurfs für Frauen (und Männer) auseinander. Lassen sich aus den Ideen der französischen Existenzialistin auch heute noch Anhaltspunkte für eine auf Freiheit und Emanzipation hin orientierte feministische Perspektive gewinnen?
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10.07.2014 Susanne Maurer (Erziehungswissenschaft) Freiheit zum Dissens? Oder: Wie es (Feministinnen) gelingt, sich nicht dermaßen regieren zu lassen Ausgehend von der Frage, welche Freiheit im Kontext emanzipatorischer Bestrebungen und emanzipativer Bewegungen eigentlich gemeint ist, beleuchtet der Vortrag am Beispiel von (Selbst-)Bildungsprozessen im Kontext von Frauenbewegungen unterschiedliche Freiheitskonzeptionen. Dabei wird nicht zuletzt auch danach gefragt, welche Rolle Freiheit im Binnenraum oppositioneller sozialer Bewegungen spielt. Zeigt sich "Freiheit" womöglich gerade dort, wo Dissenz entsteht? Und wie gehen "Befreiungsbewegungen" damit um?
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17.07.2014 Ingrid Kurz-Scherf (Politikwissenschaft) Befreiung von der Arbeit?