16.12.2025 Warum Deutschland regionale China-Kompetenzzentren dauerhaft braucht

Positionspapier für stabile regionale Strukturen als Grundlage strategischen, zukunftsorientierten Handelns

Wissen und Kompetenzen im Umgang mit China sind essenziell, insbesondere für Deutschlands Wissenschafts- und Forschungsinstitutionen. Die 2023 mit BMFTR-Förderung ins Leben gerufenen Regio-China-Projekte sind Ausdruck dieser Erkenntnis und sehr erfolgreich in ihrer Mission, China-Kompetenzen institutionsübergreifend in ihrer jeweiligen Region zu verbreiten und zu vertiefen. 2026 läuft die Förderung dieser Projekte aus, wodurch ein großer Rückschritt droht.

Die dauerhafte Förderung regional verankerter China-Kompetenzzentren und -netzwerke erlaubt es, das Erreichte langfristig zu sichern und weiterzuentwickeln und ist damit eine strategische Investition in Deutschlands Souveränität, Handlungssicherheit und Innovationsfähigkeit.

1. Ein nationales China-Kompetenznetzwerk benötigt regionale Knotenpunkte
Das geplante bundesweite China-Kompetenznetzwerk ist dringend notwendig, kann aber nicht zentral-exklusiv funktionieren: Es braucht regionale China-Kompetenzzentren als operatives Rückgrat, um Wissen aus der lokalen Praxis einzuspeisen, Bedarfe zu identifizieren und nationale Leitlinien im föderalen System realisierbar zu machen. Ohne sie bleibt ein nationales Netzwerk abstrakt, top-down und wirkungsschwach.

2. Vermittlerrolle zwischen Wissenschaft, Verwaltung und Politik
Regionale Zentren übersetzen nationale Leitlinien und Vorgaben in die Hochschul- und Forschungspraxis und liefern gleichzeitig Realitätschecks an Bund und Länder zurück. Sie sind damit ein zentraler Baustein für kohärente Wissenschaftsstrategien, die nur dann greifen, wenn sie operative Erfahrungen aus der vielfältigen Hochschullandschaft sowie die praktischen Erfordernisse des Forschungsalltags realistisch einbeziehen.

3. Regionale Expertise ermöglicht passgenaue, praxisnahe Beratung
Regionale Forschungs- und Wirtschaftsprofile (z.B. Meeresforschung im Norden, Start-up-Ökosysteme in Berlin, Mittelstand im Südwesten) bedingen unterschiedliche Anforderungen an Beratung und Sensibilisierung im Umgang mit China. Regionale Zentren spiegeln diese Spezifika und bieten maßgeschneiderte Unterstützung statt generischer Hinweise, die an lokalen Realitäten vorbeigehen.

4. Notwendige Stärkung unabhängiger China-Kompetenz
Ohne dauerhafte Strukturen ist das Wissenschaftssystem auf externe China-Expertise angewiesen und wird dadurch von den politischen oder wirtschaftlichen Interessen anderer Akteure geprägt. Dauerhaft finanzierte regionale Zentren ermöglichen nachhaltige Personalentwicklung und institutionelle Kompetenz – ein Kernelement des Regierungsziels „unabhängige China-Kompetenzen“.

Ohne Verstetigung droht der Verlust qualifizierten Personals und institutionellen Wissens. Ein späterer Wiederaufbau wäre zeit- und ressourcenintensiv.

5. Regionale Institutionen als vertrauensbildende Instanzen für erhöhte Wissenssicherheit
Wissenssicherheit und Compliance sind kein intuitiver Bestandteil der wissenschaftlichen Sozialisation, die auf Offenheit, Austausch und internationaler Zusammenarbeit basiert. Häufig werden sie als Einschränkungen der Wissenschaftsfreiheit wahrgenommen und als bürokratische Belastung. Die Bereitschaft, sich mit diesen immer wichtigeren Themen auseinanderzusetzen variiert unter den Forschenden stark.

Insbesondere die Bewertung sensibler Forschungskooperationen erfordert vertrauensbewährte Beziehungen, die durch Nähe, wiederholten Kontakt und langfristige Präsenz entstehen. Regionale Zentren kennen regionale Akteure und Gegebenheiten und sind dadurch in der Lage, bedarfsorientierte und vertrauensvolle Risikoanalysen und Beratungsangebote bereitzustellen. Dies steigert deren Akzeptanz erheblich.

6. Stabile regionale Strukturen als Grundlage strategischen, zukunftsorientierten Handelns
Starke regionale Netzwerke und gewachsene Vertrauensstrukturen schaffen die Grundlage, dass Strategien und Ansätze im Umgang mit China – auch in Bereichen wie Wissenssicherheit und Technologietransfer – proaktiv und im engen Austausch mit den Forschenden entwickelt werden, statt lediglich reaktiv zu agieren. Dies fördert regionale Stärken und erhöht zugleich die Gesamtresilienz des deutschen Wissenschaftssystems.

7. Innovation durch Pilotprojekte mit Breitenwirkung
Regionale Zentren bieten praxisnahe Räume, um Prozesse, Risiko-Tools und Sensibilisierungsmaßnahmen zunächst im Kleinen zu testen, zu evaluieren und über interregionale Kooperation zu verbreiten. Auf diese Weise entsteht echte Praxisinnovation, deren Ergebnisse auch in nationale Instrumente einfließen können.

Darüber hinaus haben viele der vor Ort entwickelten Ansätze das Potenzial, auch auf andere Länderkontexte übertragen zu werden. Die regionalen China-Kompetenzzentren werden damit zu wichtigen Impulsgebern für eine kohärente und verantwortungsvolle Internationalisierung des deutschen Wissenschaftssystems.

8. Risiken bei Auslaufen der Förderung
Ein Beenden der Förderung zum Projektende 2026 hätte voraussichtlich diese Folgen:

  •  Wegfall regionaler Ansprechstellen und Beratungsangebote,
  • Verlust bereits aufgebauter Netzwerke und Expertise,
  • Unausgewogene regionale Wissensverteilung,
  • Erhöhte Abhängigkeit von externen Analysekapazitäten,
  • Geringere föderale Anschlussfähigkeit von nationalen und EU-weiten Initiativen im Bereich Wissenssicherheit,
  • Geringere Tiefenwirkung der geplanten nationalen Netzwerkstruktur,
  • Verlust praxisnaher Rückkopplungsmechanismen, die erforderlich sind, um nationale Strategien an operative Realitäten und neue Risikolagen anzupassen,
  • Schwächung unabhängiger China-Kompetenzen im Wissenschaftssektor.

Der Abbau regionaler Strukturen hätte negative Folgen für Deutschlands Souveränität, Handlungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Ein späterer Wiederaufbau wäre teuer und langwierig. Die Verstetigung regionaler China-Kompetenzzentren ist ein wesentlicher Bestandteil einer zukunftsorientierten Wissenschafts- und Innovationspolitik.

Jana Brokate, Projektkoordination
ChiKoN – China-Kompetenz im Norden

Philipp Dengel, Projektleitung
ChinaHub – Akademisches China Wissens- und Erfahrungs-Netzwerk

Annika Feldhoff, Projektkoordination
Yi Qi – Gemeinsame China-Kompetenz Sachsen

Daniel Höft, Projektkoordination
ChinakomMitt – China-kompetent forschen, lehren und arbeiten in Mittelhessen - und darüber hinaus

Merle Groneweg, Projektkoordination
CCTC – China Competence Training Center

Dr. Isabelle Harbrecht, Projektkoordination
CCTC – China Competence Training Center

Karolin Kollmorgen, Projektkoordination
ChinaHub – Akademisches China Wissens- und Erfahrungs-Netzwerk

Anastasia Kostromina, Projektkoordination 
KoWinChi – Kompetent wissenschaftlich interagieren mit China

Prof. Dr. Angelika Messner, Projektleitung 
ChiKoN – China-Kompetenz im Norden

Dr. Helena Obendiek, Projektkoordination
ChiKoBo – China-Kompetenzzentrum Bodensee

Yannick Ringot, Projektkoordination
HNC³ – Hamburg Network on Compliance in Cooperation with China

Linus Schlüter, Projektkoordination
ChinaKoop – China-Kompetenz-Plattform für Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Thüringen

Benjamin Schreiber, Projektkoordination
Yi Qi – Gemeinsame China-Kompetenz Sachsen

René Seyfarth, Projektleitung
ENTRANCE – Expertise & Transfer Network on China & Europe

Dr. Susanne Stein, Projektkoordination
C-NET RNR – China-Kompetenznetzwerk für den Wissenschaftsstandort Ruhr Niederrhein

Prof. Dr. Gabriele Thelen, Projektleitung
ChiKoBo – China-Kompetenzzentrum Bodensee

Sabine Weber, Projektkoordination
KoWinChi – Kompetent wissenschaftlich interagieren mit China

Das Positionspapier können Sie hier als PDF herunterladen.