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Heilige Kümmernis - Heilige mit Bart

Bei diesem Bild handelt es sich um die Kopie des Originals aus dem Inselkloster Frauenwörth/Chiemsee, 17. Jahrhundert. Es wurde 1936 von Schwester Gabriela angefertigt. 1939 wurde das Bild von Prof. Bornhausen erworben und gelangte nach dessen Tod in die Religionskundliche Sammlung.

Foto: Heike Luu Signatur: B-Ea 163

In der Religionskundlichen Sammlung befinden sich mehrere Abbildungen der Hl. Kümmernis. Es handelt sich um eine Heilige, die einen Bart trägt und an einem Kreuz hängt. Der Legende zufolge hätte sich dereinst eine heidnische Prinzessin zum Christentum bekehrt. Der Vater wollte seine Tochter gegen ihren Willen mit einem heidnischen Prinzen vermählen lassen. Die Tochter flehte zu Gott, er möge dies verhindern. Die Gebete wurden erhört und Gott ließ ihr einen Bart wachsen, worauf die Vermählung scheiterte. Der erzürnte Vater ließ daraufhin seine Tochter kreuzigen. Zur Kümmernis-Darstellung gehört das Motiv des Fiedlers, der von der Heiligen einen silbernen (manchmal goldenen) Schuh erhält. Dieses Erzähl-Motiv wiederum steht in enger Verbindung mit dem Volto Santo, einem wundertätigen Kruzifix der Kathedrale von Lucca (Italien), das dort seit dem 12. Jh. verehrt wird. Bild und Legende der Kümmernis sind angeregt durch Volto Santo-Kopien, die in ganz Europa zu finden sind.
Der Prozess der Umdeutung bzw. Neuschöpfung des Volto Santo in einen alsbald populären Heiligen ist keineswegs abschließend erforscht. Der Ursprung der Kümmernis Verehrung liegt regional in den Niederlanden und zeitlich am Beginn des 15. Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung. Die Kümmernis hat sicherlich nie als historische Person existiert. Nichtsdestotrotz wurde sie ab dem 15ten bis ins 19te Jahrhundert in vielen Regionen Europas unter verschiedenen Namen verehrt: Kümmernis, Wilgefortis, Liberata, Ontcommera, Sanct Gehulf u.a.m. Auch in der Lutherischen Pfarrkirche St. Marien in Marburg findet sich ein Fresko an der Westseite der Südwand, das (wahrscheinlich) als eine Kümmernisdarstellung gelten muss. Die Erforschung des Kümmernis-Kultes und der Legende, der regionalen Verbreitung und ihres Verhältnisses zum Volto-Santo-Kult ist längst nicht abgeschlossen. Die Religionskundliche Sammlung versteht sich in diesem Kontext auch als Einrichtung, die solchen religions- und kulturhistorischen Forschungen dient.

Exponatinformationen

Sigantur: B-Ea 163
Bezeichnung: Heilige Kümmernis
Material
: Ölbild (Kopie)
Maße: 70 x 63,5 cm
Ort: Frauenwörth, Chiemsee

Geschichte des Archivs zur Kümmernis-Forschung (KA)