26.04.2022 DFG fördert das Archäologische Seminar mit 600.000 € für die Erforschung des antiken Beirut

Das Projekt „Die römische Neustadt von Berytus. Archäologie einer römischen colonia in der Levante“ ist eine libanesisch-deutsche Kooperation der American University of Beirut (Prof. Dr. Hélène Sader) und der Philipps-Universität Marburg (Prof. Dr. Winfried Held). Im Rahmen des Projekts werden Dokumentation und Funde der Rettungsgrabungen im Beiruter Altstadtviertel Wadi Abu Jmil wissenschaftlich ausgewertet. Es handelt sich um die Neustadt, die mit der Einrichtung der römischen colonia 15 v. Chr. entstand, und umfasst unter anderem den Hippodrom, das Theater, eine Therme und Wohnhäuser.

Bleimodell eines Rennwagens aus dem Hippodrom
Hans Curvers
Bleimodell eines Rennwagens aus dem Hippodrom

Berytus, eine der alten phönikischen Städte, wurde 15 v. Chr. zur colonia erhoben, in der sich Veteranen zweier römischer Legionen ansiedelten. Zur ihrem Territorium gehörte auch die Bekaa-Ebene. Berytus war eine in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliche colonia: Es war zunächst die einzige colonia in der Levante, hatte ein gewaltiges Territorium, und war zudem der Sonderfall der Gründung einer colonia in einer bestehenden Stadt. Im Focus des Projekts stehen die kulturellen Prozesse, die mit der Gründung der colonia einhergingen, insbesondere die Frage nach der materiellen Kultur der alten und neuen Bewohner von Berytus, ihrer wechselseitigen kulturellen Abgrenzung oder Angleichung sowie dem Einfluss der benachbarten Klientelkönigtümer. Indizien für den kulturellen Sonderstatus von Berytus sind die Bevorzugung der lateinischen Sprache sowie die Rechtsschule von Berytus.

Dem Projekt steht die gesamte Dokumentation des BCD Archaeology Project zur Verfügung, die einen Großteil der seit 1993 in der Altstadt von Beirut unternommenen Rettungsgrabungen umfasst. Dabei wurde mehr als die Hälfte der antiken Stadt freigelegt. Die bisherigen Ergebnisse lassen auf eine zuvor nicht erkannte augusteische Bauphase des Hippodroms schließen, die möglicherweise auf ein herodianisches Engagement in der neu gegründeten colonia hinweist. Darüber hinaus werden einzelne Objektgattungen bearbeitet, darunter die Lampen, Bleifigurinen und Mosaiken.

Das Projekt begann bereits 2012 mit einer dreijährigen Förderung durch die DFG; weitere Forschungen ermöglichte die Unterstützung kleinerer Teilprojekte durch die Gerda-Henkel-Stiftung sowie den DAAD.

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