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Presse

Stimmenfang mit Currywurst

Medienwissenschaftler erforschen Inszenierungen von Politikern

Die Präsentation von Politikern in Fernseh-Talkshows ist Gegenstand eines neuen Forschungsprojekts, bei dem Marburger Medienwissenschaftler mit Soziologen aus Wuppertal zusammenarbeiten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert das auf zwei Jahre angelegte Vorhaben mit insgesamt 240.000 Euro.

Die Wahlkämpfer wissen, dass sie dabei nicht nur als kompetente Fachleute punkten müssen, sondern vor allem als sympathische Menschen. Das Private ist zu einem ausschlaggebenden Grund geworden, jemandem seine Stimme zu geben oder zu verweigern. Deshalb ist es für das politische Personal jeglicher Couleur zur Selbstverständlichkeit geworden, in populären Sendungen wie „Beckmann“ oder „Johannes B. Kerner“ aufzutreten, um sich dem Wahlvolk als greifbare Menschen mit einem Privatleben abseits des politischen Berufs zu empfehlen.Am 27. September findet die nächste Bundestagswahl statt. Das Fernsehprogramm wird bald ganz im Zeichen des Wahlkampfes stehen. Besonders in Talkshows werden Politiker quer durch alle Kanäle versuchen, die Wähler auf ihre Seite zu ziehen.

Ein Politiker stellt hierbei kaum sein eigenes, ungefiltertes Ich zur Schau. Sein Auftreten ist selbst in dem scheinbar authentischen Rahmen einer ungezwungenen Gesprächsrunde eine kalkulierte, auf den Stimmenfang ausgerichtete Inszenierung. Doch wie genau sieht diese Inszenierung aus? Welche Elemente spielen dabei zentrale Rollen?

Das neue Drittmittelprojekt befasst sich erstmalig eingehend damit, wie Politiker in Unterhaltungs-Talkshows des deutschen Fernsehens präsentiert werden; dabei geht es zum Beispiel um die konkurrierenden oder kooperierenden Inszenierungsstrategien der zahlreichen Fernseh-Akteure. Denn Politiker sind bei weitem nicht die Einzigen, die daran beteiligt sind, ihr Fernsehbild zu formen. So wird der Moderator seinen Gast vielleicht nicht nur von dessen privater Vorliebe für Bier und Currywurst erzählen lassen, sondern ihn auch mit unangenehmen Fragen konfrontieren. Die Bildregie wird womöglich Mimik und Gestik einfangen, die dem angestrebten Image entgegenlaufen – ein Augenrollen oder heruntergezogene Mundwinkel reichen schon. Schließlich können andere Gäste den Wahlkämpfern die Show stehlen.

Die Leitung des Forschungsvorhabens liegt bei Professor Dr. Andreas Dörner vom Institut für Medienwissenschaft der Philipps-Universität und Professorin Dr. Ludgera Vogt von der Bergischen Universität Wuppertal. Projekstart ist im Mai – rechtzeitig zum Auftakt des Superwahljahres, was spannende Einblicke verspricht.

Kontakt:

Professor Dr. Andreas Dörner,
Institut für Medienwissenschaft
Tel.: 06421 28-26941
E-Mail: doerner@mailer.uni-marburg.de

 

Forschungsprojekt zum Talkshow-Auftritt von Politikern im Superwahljahr 2009

Unter Leitung der Wuppertaler Soziologin Prof. Dr. Ludgera Vogt und des Marburger Medienwissenschaftlers Prof. Dr. Andreas Dörner untersuchen Forscher der Bergischen Universität Wuppertal und der Philipps-Universität Marburg in einem gemeinsamen Projekt die Auftritte von Politikern in Talkshows. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt, das am 1. Mai startet, mit rund 240.000 Euro.

Die Wahlkampfzeit ist nicht nur eine besondere Phase im demokratischen Prozess, sondern auch ein Highlight für die mediale Berichterstattung. Seit einigen Jahren findet ein großer Teil des Wahlkampfs im Fernsehen statt. Auf allen Kanälen sind Politiker zu sehen, die streiten, diskutieren und argumentieren, um die Gunst der Zuschauer zu gewinnen. Politiker treten dabei nicht nur in politischen Talkshows oder TV-Duellen auf, sondern auch in sogenannten Personality-Talkshows („Beckmann“, „Johannes B. Kerner“ etc.).

Prof. Ludgera Vogt: „Um sich einem breiten und teils politisch desinteressierten Publikum vorzustellen, nutzen Politiker Sendungen wie Beckmann oder Kerner, um sich als sympathische, schlagfertige Gesprächspartner und gleichsam als Privatmenschen jenseits ihrer politischen Funktionsolle zu präsentieren.“ Die „menschelnde“ Unterhaltung bei Beckmann und Kerner birgt aber auch Risiken, denn die zur Verfügung gestellte Bühne zur Selbst- Präsentation kann für die Akteure schnell zum medialen Glatteis werden, so Prof. Vogt: „Eine ablehnende Mimik, unsichere Gestik oder verkrampfte Körperhaltung kann dem angestrebten Positiv-Image Risse zufügen.“

Das Forschungsprojekt mit dem Titel „Die doppelte Kontingenz der Inszenierung. Zur Präsentation politischer Akteure in Personality-Talkshows des deutschen Fernsehens“ umfasst sowohl die Auswertung von einschlägigen TV-Sendungen als auch Interviews mit Fernsehmachern, politischen Akteuren und Politikberatern. Prof. Vogt über das Ziel ihrer Arbeit: „Mit unseren Forschungen im Superwahljahr 2009, in dem die Präsenz des Politischen in der deutschen Fernsehlandschaft wieder auf Rekordniveau steigen wird, wollen wir neue Einsichten in die Funktionsweise politischer Öffentlichkeit liefern.“

Kontakt:

Prof. Dr. Ludgera Vogt
Fachbereich Bildungs- und Sozialwissenschaften
Lehr- und Forschungsgebiet Allgemeine Soziologie
Telefon 0202/439-3951
E-Mail lvogt@uni-wuppertal.de