Ringvorlesung 2016
-
14.04.2016 Susanne Maurer (Erziehungswissenschaft) Frauenbewegung und Revolution
-
21.04.2016 Matti Traußneck (Politikwissenschaft) Die Marseillaise in Port-au-Prince Die haitianische Revolution ist ein Ereignis, das außerhalb karibischer, Schwarzer und postkolonialer Forschung wenig Beachtung findet. Frauen* in der haitianischen Revolution sind daher Gegenstand einer mehrfachen Unsichtbarmachung: sie sind als Frauen* kein Gegenstand androzentrischer und als Schwarze kein Gegenstand 'weißer' Geschichtsschreibung. Wie können wir also etwas zur Geschichte von Frauen* während der haitianischen Revolution herausfinden? Toni Morrisons und Gayatri Chakravorty Spivaks Konzepte von whiteness und Subalternität ermöglichen uns eine kritische Perspektive auf hegemoniale Deutungsmuster und die Verkehrung dominanter Narrative zur Weltgeschichte.
-
12.05.2016 Anke Ortlepp (Amerikanische Geschichte / Amerikanistik Kassel) Black Lives Matter: Gewalt, Geschlecht und Bürgerrechte in den USA Der Vortrag befasst sich mit der Black Lives Matter-Bewegung, die in Reaktion auf die Polizeigewalt gegen afroamerikanische Männer in Ferguson, Missouri, und anderswo entstanden ist. Sie ist als Protest gegen vergeschlechtlichte Gewalt und institutionalisierten Rassismus zu verstehen. Angesichts zahlreicher Aktivitäten und landesweiten Aktionen wird Black Lives Matter mittlerweile als Fortsetzung der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung im 21. Jahrhundert gewertet.
-
19.05.2016 Andrea Fischer-Tahir (CNMS-Netzwerk Rekonfigurationen: Erinnerung, Geschichte und Transformationsprozesse in der MENA-Regionen) Freiheit durch Unabhängigkeit? Streifzüge durch die politische Frauengeschichte in Kurdistan-Irak Ansätze einer kurdischen Unabhängigkeitsbewegung im Irak gehen bis auf die 1940er Jahre zurück. Kämpfe um Geschlechtergerechtigkeit waren immer eng verflochten mit der nationalen Revolution, den männlich dominierten politischen Parteien und deren Strategien und tagespolitischen Manövern. Gleichzeitig unterlag die kurdische Frauenbewegung der Gewaltlogik, die sich aus der Dominanz des bewaffneten Kampfes und Märtyrertum als zentrales Moment der kurdischen Befreiungsbewegung ergab. Unter Bedingungen kurdischer Quasi-Staatlichkeit etablierte sich eine selbstbewusste feministische Bewegung, deren Erfolge sich in rechtlicher Statusverbesserung, politischer Repräsentation und Verschiebungen im sozialen Diskurs widerspiegeln. Diese Ergebnisse sind jedoch jederzeit gefährdet, letztlich aufgrund permanentem Krieg und politischer Dauerkrise.
-
09.06.2016 Angela Standhartinger (Ev. Theologie) Wildniserfahrungen: Die Befreiung der Sklavin Hagar (Genesis 16 und 21) im feministisch interreligiösen Gespräch Hagar, die ägyptische Sklavin Saras und Abrahams macht in der Bibel Unterdrückungs- und Befreiungserfahrung. Der vertriebenen und geflohenen Sklavin offenbart sich Gott in der Wüste und sie benennt ihn: „Gott der mich sieht“. Die womanistische Dolores Williams nennt Hagar “Sister in the Wilderness” und macht ihre Geschichte zum Ausgangspunkt einer Befreiungstheologie schwarzer amerikanischer Frauen. Im Islam erleben die Glaubenden Hagars Rettungserfahrung in der Wüste auf der Pilgerreise in Mekka nach. Der Vortrag bringt jüdische, christliche und muslimische feministische Auslegungen der Hagarerzählungen miteinander ins Gespräch. Angela Standhartinger ist seit Wintersemester 2000 Professorin für Neues Testament an der Philipps-Universität.
-
16.06.2016 Ann Wiesental (Berlin) Care Revolution - Die Kunst, nicht dermaßen verwertet zu werden
-
30.06.2016 Tove Soiland (Feministische Theoretikerin, Zürich) Der Umsturz des Ödipalen. Ein feministisches Dilemma Jacques Lacan hat mit seiner These eines Umbruchs in den Über-Ich-Strukturen, die er in seinen Seminaren Ende der 1960er formulierte, einen wichtigen Beitrag zu einer Gegenwartsdiagnose spätkapitalistischer Gesellschaften geleistet. Unter dem Stichwort „postödipale Subjektivierung“ werden seine Thesen heute von der Schule von Ljubljana weitergeführt, um die Fallstricke jener Liberalisierung, die die Proteste der 68er Generation massgeblich mitangestossen haben, zu verstehen. Vor diesem Hintergrund geht der Vortrag der Frage nach, was das Schwinden traditionell patriarchaler Autorität für eine feministische Perspektive bedeutet. Er vertritt dabei in Anlehnung an Lacans Zeitdiagnose die These, dass eine neopatriarchale Struktur jenseits der bürgerlichen Kleinfamilie das traditionelle Patriarchat beerbt hat, in dessen Kern ein Phantasma unverändert fortbesteht. Wenn die ödipale Konstellation um das Verbot eines Unmöglichen kreiste: dem Zugang zum Körper der Mutter, so führt dessen Aufhebung in die nicht minder aporetische Form des nun freien Zugangs zu diesem Unmöglichen. Dieses Phantasma, hinter dem letztlich immer die unbewusste Phantasie einer allgewährenden Mutter steht, lässt die Liberalisierung unangetastet.
-
07.07.2016 Dunja Mohr (Anglistik, Erfurt) ‘There are hardly any women in Science Fiction’: Mrs. Brown’s Journey to Utopia and the discovery of Dystopia