17.01.2022 Beginn des Hauptverfahrens gegen Alaa M. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Oberlandesgericht Frankfurt

Buch, Waage und Richterhammer symbolisieren Utensilien des Gerichtsalltags
Foto: Colourbox.de / Jan Pietrieszka

Am Mittwoch, den 19.01.2022, begann vor dem 5. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Frankfurter Oberlandesgerichts (OLG) das Strafverfahren gegen den 36-jährigen syrischen Staatsangehörigen Alaa M. wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mit Beschluss vom 10.11.2021 wurde das Hauptverfahren gegen den Angeklagten eröffnet.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, in den Jahren 2011 und 2012 in Homs (Syrien) in 18 Fällen Menschen gefoltert zu haben, die der gegen das Assad-Regime aufbegehrenden Opposition zugerechnet wurden, und einen dieser Menschen im Anschluss mittels einer Injektion vorsätzlich getötet zu haben. Den Folteropfern soll er körperliche und seelische Schäden zugefügt haben. Als Arzt und Mitarbeiter des Geheimdienstes soll er sich in den Militärkrankenhäusern Mezzeh Nr. 601 (auch bekannt als „Human Slaughterhouse“), 608 und dem Gefängnis der Abteilung 261 des Militärischen Geheimdienstes in Homs an sexualisierter Gewalt, Folter und Tötung von syrischen Zivilisten beteiligt haben.

Insbesondere die juristische Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt in Syrien könnte innerhalb des Prozesses bedeutsam werden.

Durch das sogenannte Weltrechtsprinzip kann ein derartiges Verfahren vor einem deutschen Gericht durchgeführt werden, obwohl weder der Angeklagte noch die Opfer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und die M. vorgeworfenen Taten nicht innerhalb des deutschen Territoriums stattgefunden haben.

Alaa M. reiste 2015 als Fachkraft nach Deutschland ein und praktizierte bis zu seiner Festnahme als Arzt in Hessen. Er ließ sich dort zum Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie weiterbilden. Sein Visum hatte M. zuvor bei der deutschen Botschaft in Beirut beantragt. Am 19.06.2020 wurde er festgenommen und befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft.

Mit dem Angeklagten hat sich erstmals eine Person vor einem deutschen Gericht zu verantworten, die persönlich gefoltert haben soll. Insoweit unterscheidet sich dieser Prozess von jenen gegen Anwar R. und Eyad A. am OLG Koblenz.

Das ICWC Trial-Monitoring Programme wird das Verfahren beobachten. 

Weitere Informationen finden Sie auf den Seiten des OLG Frankfurt, auf den Seiten des ECCHR, des Hessischen Rundfunks und in einem Artikel mit einem Statement unserer Direktorin Prof. Dr. Bock in der New York Times (Anmeldung erforderlich).