15.05.2023 Mitglieder des ICWC bei der 18. Sitzung des Arbeitskreises Völkerstrafrecht in Den Haag

Foto: Stefanie Bock

Am 12. und 13.05.2023 fand sich in Den Haag der Arbeitskreis Völkerstrafrecht zu seiner 18. Sitzung ein. Der Arbeitskreis ist 2005 gegründet worden und ermöglicht den regelmäßigen Gedankenaustausch zwischen deutschsprachigen Völkerstrafrechtler:innen aus Praxis und Wissenschaft. Dabei treffen sich die Angehörigen des Arbeitskreises jährlich zu einer Sitzung nach den chatham house rules. Diese Gesprächsregeln sollen Offenheit in der Diskussion fördern, indem das Diskutierte von allen Teilnehmer:innen verwendet werden darf, aber die Identität der Quelle verschwiegen werden muss. Der Arbeitskreis zählt aktuell rund 300 Mitglieder aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Liechtenstein.

Den Auftakt machten am 12.05. Vorträge mit spannenden Einblicken in die praktischen Herausforderungen bei der Ermittlung völkerrechtlicher Verbrechen. Im Fokus stand die Arbeit des European Network of Contact Points for the Investigation and Prosecution of Genocide, Crimes against Humanity and War Crimes (Genocide Network). Mit der Vorstellung der neu erarbeiteten Leiden Guidelines kam es zur Diskussion darüber, welche Bedeutung digitalen Beweismitteln (sog. Digitally Derived Evidence) in völkerstrafrechtlichen Verfahren zukommen kann.

Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmer:innen die aktuellen Pläne, ein Sondertribunal für das Verbrechen der Aggression im Russisch-Ukrainischen Krieg einzurichten. Hier stellte sich die Frage, ob dessen Einrichtung, eine notwendige Ergänzung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) sei oder ob dieser Vorschlag die Doppelmoral des Westens belege, nur selektiv auf Konfliktherde zu reagieren. Den Abschluss des Tages bildete ein Empfang in der Deutschen Botschaft, bei dem die tagsüber aufgeworfenen Fragestellungen noch einmal vertieft diskutiert werden konnten.

Am 13.05. folgten wie in jeder Sitzung des Arbeitskreises üblich weitere Berichte aus der Praxis von verschiedenen mit dem Völkerstrafrecht befassten Einrichtungen. Praktiker:innen des IStGH, der Kosovo Specialist Chambers & Specialist Prosecutor's Office, des Generalbundesanwalts der Bundesrepublik Deutschland und weiterer Behörden Deutschlands und Österreichs stellten ihre Arbeit vor. Besonders interessant war hier ein Live-Bericht aus der Ukraine mit Einblicken in die Verfolgungspraxis vor Ort. Daneben erweckten Ausführungen zum Fall Ongwen mit der Herausstellung des geschlechtspezifischen Unrechts von Zwangsheiraten und der Fall Ntaganda mit der Diskussion um die transgenerationelle Wirkung von Straftaten erhebliches Interesse der Teilnehmer:innen. Den Abschluss der Tagung bildete ein Vortrag zum Sinn der Bestrafung von Völkerrechtsverbrechen, zu dem u.a. Richter am IStGH Prof. Dr. Bertram Schmitt weiteren wichtigen Input lieferte.

Das ICWC war vor Ort durch seine geschäftsführende Direktorin Prof. Dr. Stefanie Bock und drei seiner Mitglieder bzw. Assoziierten vertreten (Alexander Benz, Nicolai Bülte, Franziska Gruber). Die detaillierten Berichte zu den verschiedenen Themen werden später im Jahr in der Zeitschrift für Internationale Strafrechtswissenschaft veröffentlicht.

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