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Griechische Fels- und ‚Naturheiligtümer‘. Untersuchung zur Bedeutung und Rolle von Naturmalen und -räumen in griechischen Heiligtümern

Sog. Didaskalopetra, Felsaltar der Kybele, Chios
Foto: Mirja Biehl
Sog. Didaskalopetra, Felsaltar der Kybele, Chios

Dissertationsprojekt: Mirja Biehl

Der Anteil der Natur und deren Rolle in griechischen Heiligtümern und Kulten wurde in der Forschung bisher zugunsten eines Fokus auf die Architektur eher vernachlässigt und weniger Beachtung geschenkt. Es liegen zwar für verschiedene Naturmale und –räume (bspw. Bäumen und Höhlen) einzelne Studien vor, diese wurden aber noch nicht zu einem übergreifenden Vergleich in einer umfassenden Analyse zusammengeführt.

Felsnischen und Quellen im Trophonios-Heiligtum von Lebadeia
Foto: Mirja Biehl
Felsnischen und Quellen im Trophonios-Heiligtum von Lebadeia

Das Ziel meines Dissertationsprojekt besteht darin diese Forschungslücke zu schließen und die Rolle der Natur in Kultstätten und den Kulten herauszuarbeiten, dies soll an den Beispielen von Felsen, Quellen, Bäume, Haine und Höhlen erfolgen, denen in Heiligtümern eine besondere Rolle und Bedeutung zukommen. Da zu Felsen in Heiligtümern und Kulten bzw. Felsheiligtümern noch keine umfassendere Untersuchung existiert, werde ich in meiner Arbeit diese erarbeiten um dann im Gesamtvergleich Natur in Heiligtümern analysieren und einordnen zu können.

An Naturmalen und –räumen, Kulten und Heiligtümern sollen folgende Aspekte spezifisch durch die Auswertung archäologischer, literarischer und epigraphischer Quellen untersucht werden, wobei auch  religionswissenschaftliche Theorien einbezogen und angewandt werden:

  • Die Art der räumlich Einbindung der Natur in Heiligtümern
  • Die Verbindung mit verschiedenen Riten, Opferhandlungen und  auch Weihgaben
  • Grundsätzliche Kultrolle der Natur: Kann man eine Verehrung der Natur in diesen Heiligtümern feststellen bzw. dient die Natur als Kultobjekt?
  • Weitere Funktionen in Kultstätten, beispielsweise als Altäre für Ritualhandlungen, medial zu Göttern, wie sie im Orakelkult zu finden sind (zum Beispiel die Eiche im Zeusheiligtum von Dodona) oder auch ideell (beispielsweise als Erinnerungsmal wie der Ölbaum der Athena auf der Akropolis)
  • Sind bisherige Oberbegriffe und Hilfsbezeichnungen legitim und adäquat um das Verhältnis von Natur und Kult zu erfassen und beschreiben (Naturheiligtümer und Naturkult)? Und wie ist spezifisch auch der Zusammenhang zu Formulierungen ‚Heilige Felsen‘, ‚Heilige Quellen‘ und ‚Heilige Bäume‘?
  • Personifikation von Natur und deren Kulte in Heiligtümern. Welche Beziehung gibt es zwischen Natur und bestimmten Göttern und deren Kulten?
  • Korrelation von ‚Naturheiligtümer‘ und ‚Naturgötter‘: Werden in diesen Heiligtümern nur entsprechende Götter (‚Naturgötter‘) oder auch andere Götter verehrt?
  • Allgemein der besondere Umgang von Natur in Heiligtümern, verknüpft mit der Vorstellung von Unberührtheit, Unantastbarkeit und Schutz. Gibt es Belege für Regelungen des Umgangs im Kontext einer sakralen Assoziation mit der Natur zum Schutz vor Eingriffen und Veränderungen an der Natur?

Die Untersuchung konzentriert sich auf die Zeitspanne zwischen der Archaik und der hellenistischen Zeit und legt den Fokus der Kultstätten geographisch auf das griechische Festland und die Inseln. Speziell zu Felsheiligtümern soll aber auch ein Vergleich zu den Kultstätten in Kleinasien vorgenommen werden, da diese Gruppe von Stätten regional eine größere Rolle spielt und auch das Verhältnis von Felsen und Kult eine besondere Stellung hat, beispielsweise die Heiligtümer der Kybele in Phrygien und Ionien.