19.07.2023 Urteil des OLG Frankfurt im Strafverfahren gegen Laura H.

Buch, Waage und Richterhammer symbolisieren Utensilien des Gerichtsalltags
Foto: Colourbox.de / Jan Pietrieszka

Der 5. Strafsenat (Staatsschutzsenat) des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main (OLG) hat am 17.07.2023 das Urteil gegen die 33-jährige "IS"-Rückkehrerin Laura H. verkündet.

Das Gericht sah demnach folgenden Sachverhalt als erwiesen an: Die aus bürgerlichen Verhältnissen stammende Angeklagte sei im Alter von 17 Jahren zum Islam konvertiert und habe sich zunehmend radikalisiert. Im Frühjahr 2011 habe sie nach islamischem Ritus ihren ersten Mann, Ahmed D., geheiratet. Anschließend sei das Paar nach Ägypten ausgewandert, da Ahmed D. aufgrund von Kontakten zur terroristischen Vereinigung "Al-Shabab" im Visier internationaler Behörden gestanden habe. Nachdem er zunächst in Ägypten und später in der Türkei festgenommen worden war, sei Ahmed D. im Rahmen eines Gefangenenaustausches nach Syrien gelangt, wo er sich im Herbst 2014 dem "IS" anschloss.

Gemeinsam mit ihren beiden 2012 und 2013 geborenen Söhnen, habe sich die Angeklagte dann im Frühjahr 2016 dazu entschlossen, ihrem Ehemann in das Herrschaftsgebiet des "IS" zu folgen. Dort habe die junge Familie ein Leben nach den Regeln des „IS-Kalifats“ geführt. Die Miete der gemeinsamen Wohnung sei teilweise vom "IS" getragen worden. Zudem habe die Familie finanzielle Zuwendungen der Vereinigung erhalten. Die Angeklagte habe sich in das Vereinsleben eingegliedert, Informationsveranstaltungen besucht und selbst gebackene Kuchen in "IS-Märkten" verkauft. Zudem habe sie für Ahmed D. den Haushalt geführt und ihm so ermöglicht, sich auf seine Tätigkeiten für den "IS" zu konzentrieren.

Im Februar und März 2017 sei die Angeklagte maßgeblich an der Transaktion von 27.220 € aus Deutschland in das Herrschaftsgebiet des "IS" beteiligt gewesen. Ein großer Teil des Geldes sei für eine Freundin innerhalb des "IS" bestimmt gewesen, einen kleineren Teil habe sie selbst zur Deckung ihres Lebensunterhalts verwendet. 

Nachdem Ahmed D. im Mai 2017 in Anwesenheit ihrer beiden Söhne bei einem Bombenangriff getötet worden war, sei die Angeklagte dennoch weiter im „IS“-Gebiet verblieben. Sie habe dort ein anderes "IS"-Mitglied namens Atiba Joel G. geheiratet. Mit ihren beiden Söhnen und der im August 2017 geborenen Tochter sei sie anschließend ständig auf der Flucht aus dem sich verkleinernden Herrschaftsgebiet des "IS" gewesen. Diese sei ihr schließlich Ende 2018 gelungen. Bis zu ihrer Rückführung nach Deutschland im November 2019 habe sie in dem von der autonomen kurdischen Selbstverwaltung geführten Flüchtlingslager al-Hawl nahe der nordsyrisch-irakischen Grenze gelebt.

Auf Grundlage dieser Tatsachen verurteilte das OLG Frankfurt am Main Laura H. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit der Zuwiderhandlung gegen ein Bereitstellungsverbot (§ 18 Abs. 1 AWG) sowie in einem weiteren Fall in Tateinheit mit der Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Die Vollstreckung wird zur Bewährung ausgesetzt.

Bei der Strafzumessung sei nach Ansicht des Gerichts das umfassende und von Reue getragene Geständnis der Angeklagten mildernd zu berücksichtigen gewesen. Zudem habe sie sich bereits im Lager al-Hawl sehr deutlich vom „IS“ und dessen salafistischer Ideologie unter Gefährdung ihres eigenen Lebens losgesagt. Die Taten lägen des Weiteren bereits viereinhalb Jahre zurück. Die Angeklagte habe sich in dieser Zeit bereits bewährt und mit ihren Kindern wieder in das gesellschaftliche Leben integriert.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Angeklagte hat Rechtsmittelverzicht erklärt. Der Generalbundesanwalt kann binnen einer Woche gegen das Urteil Revision einlegen, über die der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.

Lesen Sie dazu die Pressemeldung des OLG Frankfurt am Main.

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