Hauptinhalt

Exkursion des Trial-Monitoring Projekts zum BGH

Am 25. und 26. Januar fuhr das Trial-Monitoring Projekt des ICWC nach Karlsruhe, um die Revisionsverhandlung im Fall Jennifer W. zu beobachten.

Jennifer W. war am 25. Oktober 2022 vom OLG München unter anderem wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung in einer terroristischen Vereinigung im Ausland, wegen Beihilfe zum versuchten Mord durch Unterlassen und wegen eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit in Form der Sklaverei mit Todesfolge zunächst zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt worden. Nach Überzeugung des Gerichts hatte sie sich dem sogenannten "Islamischen Staat" angeschlossen und gemeinsamen mit ihrem Ehemann zwei jesidische Sklavinnen - Mutter und Tochter - gehalten. Im Rahmen einer von dem Ehemann durchgeführten Bestrafungsaktion verstarb die Tochter. Jennifer W. erkannte - so das OLG München - die lebensbedrohliche Situation, unternahm aber nichts zur Rettung des Mädchens. Der Prozess gegen Jennifer W. gilt als der erste Strafprozess, der die systematische Verfolgung der Jesid:innen durch den "IS" juristisch aufarbeitete. 

Sowohl der Generalbundesanwalt als auch die Angeklagte Jennifer W. legten gegen das Urteil Revision ein. Der BGH gab nun der Revision des Generalbundesanwalts statt und verwies die Sache zurück an das OLG München. Beanstandet wurde, dass das OLG München in seinem Urteil einen minder schweren Fall des Verbrechens gegen die Menschlichkeit durch Versklavung mit Todesfolge annahm, was sich nach dem Urteil des BGH als rechtsfehlerhaft erwies. Der BGH befand, dass das Münchner Gericht nicht alle strafschärfenden Umstände berücksichtigt habe. Insbesondere die menschenverachtenden Beweggründe und Ziele der Angeklagten Jennifer W. seien vom OLG München unberücksichtigt geblieben.

Die Revision der Angeklagten, mit der ohne weitere Begründung die Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt wurde, hatte keinen Erfolg und wurde vom BGH als offensichtlich unbegründet verworfen.

Am am 29.08.2023 verurteilte der 9. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) München die IS-Rückkehrerin Jennifer W. daraufhin zu einer höheren Freiheitsstrafe von 14 Jahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form der Versklavung mit Todesfolge u.a. In seinem neuen Urteil ging das OLG München nun nicht mehr von einem minderschweren Fall aus und wertete unter anderem als strafschärfend, dass die Mutter des verstorbenen Kindes bis heute unter schwerwiegenden psychischen Folgen leidet.