14.05.2025 "Secundum naturam vivere" - Ein antikes Konzept und seine Transformation

Symposium, 22. bis 24. Mai 2025, Stiftung Schloss Neuhardenberg

Schloss Neuhardenberg mit dem Logo der Patrum Lumen Sustine-Stiftung (PLuS), Basel

Der Natur gemäß zu leben ist eine positiv konnotierte Vorstellung, die als werbewirksames Leitbild tief in unserer alltäglichen Praxis verankert ist. Ja, im spiegelbildlichen Komplement, ein Leben gegen die Natur und ihre sensiblen Gleichgewichtszustände gefährde menschliche Selbsterhaltung, erlebt der Gedanke jüngst eine bislang unbekannte Breitenwirkung, die sich mit einem unbedingten normativen Geltungsanspruch verbindet. Weniger bekannt indes ist, dass hier eine Formel der Stoa zugrunde liegt, die zuerst bei Zenon begegnet (τὸ ὁμολογουμένως τῃ φύσει ζῆν: SVF I 179) und vor allem in der lateinischen Version secundum naturam vivere Verbreitung gefunden hat; sie greift in der Begründung dabei nicht zuletzt eben auf den Grundsatz der Selbsterhaltung (οἰκείωσις) zurück. Es handelt sich somit um ein Musterbeispiel für einen antiken Leitbegriff, der dann grundlegende Transformation erlebt.

        Die Formel lässt weite Interpretationsspielräume. Ihr Geltungsbereich hängt zunächst einmal davon ab, was unter Natur verstanden wird. Bezeichnend ist, dass Zenons Formel aus seinem Werk Über die Natur des Menschen stammt; als Rahmen ist ebenso zu berücksichtigen, dass in der Stoa Natur im Sinne der göttlichen Weltordnung aufgefasst wird. Auch die Relation ‚gemäß‘ oder ‚in Übereinstimmung mit‘, die zwischen Natur und Leben hergestellt wird, ist weit offen für Auslegungen und ethische Folgerungen. Und nicht zuletzt gehört es zu den charakteristischen Merkmalen erfolgreicher Formeln, dass sie sich aus ihren ursprünglichen Begründungszusammenhängen lösen und eigene Praktiken und Evidenzen entwickeln, die dann normativen Charakter gewinnen. So ist im Rahmen der naturwissenschaftlich geprägten Sicht, Natur als Gegenüber und Objekt des Menschen zu denken, in jüngerer Zeit Ressourcenerhaltung (‚Nachhaltigkeit‘) als Komplement und Bedingung von Selbsterhaltung zu einem solch dominanten Interpretament geworden.

        All dies lässt es lohnend erscheinen, der antiken Formation des Begriffs, der selbst wieder ältere Voraussetzungen hat, genauer nachzugehen und seine Rezeption und Transformation paradigmatisch zu verfolgen – an dieser Stelle bis in die frühe Neuzeit hinein; der Wandel in der Moderne wäre ein umfangreiches eigenes Thema. Hierbei soll es nicht nur ideengeschichtlich um Begründungen und Debatten auf einer konzeptionellen Ebene gehen, sondern ebenso um die diskursive Geltung und Verbreitung solcher Vorstellungen in der historischen Lebenswelt bis hin zu den verschiedenen Realisationsformen in der Praxis, und schließlich soll der Blick auch auf Darstellungsformen in Kunst und Literatur gerichtet werden.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Programm.

Ankündigung des Symposiums "Secundum naturam vivere" auf der Website der PLuS-Stiftung

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