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Reinhart Koselleck (1923–2006) Politische Ikonologie

Interdisziplinäre Tagung anlässlich der Übernahme des Nachlasses Reinhart Kosellecks durch das Deutsche Literaturarchiv Marbach und das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg. Mit freundlicher Unterstützung durch die Gerda-Henkel-Stiftung

Veranstaltungsdaten

18. November 2010 14:00 – 20. November 2010 14:00
Termin herunterladen (.ics)

Senatssaal (Erdgeschoss), Biegenstraße 12

Seit 2009 verwahrt das Deutsche Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg die Materialien zur politischen Ikonographie und Ikonologie aus dem Nachlass des 2006 verstorbenen Historikers Reinhart Koselleck, während der schriftliche Nachlass in das Deutsche Literaturarchiv nach Marbach gelangt ist. Beide Institutionen haben die Aufgabe übernommen in enger Kooperation diese Dokumente der Wissenschaft zugänglich zu machen, Forschung dazu anzuregen und selbst zu betreiben. Nach der im Frühjahr 2009 in Marbach veranstalteten Tagung zum Thema „Sprache und Geschichte“ steht in Marburg vom 18.-20. November 2010 die Bildforschung des Historikers im Mittelpunkt. Unter dem von Reinhart Koselleck mitgeprägten und programmatisch vertretenen Begriff der „politischen Ikonologie“ sollen erste Einsichten zu dem bis dahin noch nicht erschlossenen Bestand in Marburg präsentiert werden, vor allem aber soll das Interesse des Historikers am Bild und seinem politischen Potenzial im weiteren interdisziplinären Feld der einschlägigen kunsthistorischen, historischen, ethnologisch-kulturwissenschaftlichen und philosophischen Debatten behandelt werden.

Die nach Marburg gelangten Bestände umfassen in der Hauptsache teils eigenhändige, teils aus anderen Quellen bezogene Fotografien und dazu gehörige Notizen zur Geschichte und Verbreitung des Kriegs- und Reiterdenkmals vorzugsweise in Europa. Die Schwerpunkte der eigenwillig geordneten, über Jahrzehnte zusammengetragenen Sammlung liegen in Deutschland und Frankreich. Zeitungsausschnitte, Postkarten und eigene Schnappschüsse zeugen vom umfassenden kunst- und kulturgeschichtlichen Interesse Kosellecks, aber auch von seiner bis in die Prozesse des Alltags reichenden Aufmerksamkeit für die politische Wirksamkeit von Bildern in Geschichte und Gegenwart. In einigen Aufsätzen hat Koselleck seine Überlegungen dazu ausformuliert, es haben Tagungen stattgefunden, deren Beiträge teilweise publiziert wurden. Viele Argumentationslinien sind aber erst angelegt und manche interessante Idee ist im Stadium einer Notiz verblieben.

Die sammelnde und kommentierende Auseinandersetzung des als Begriffshistoriker profilierten Forschers mit dem Bild in dessen politischer Funktion kann als Reaktion auf die von Koselleck früh erkannte und selbst erlebte Wirkmacht des Bildes verstanden werden. Deren Erforschung suchte er in der Zusammenarbeit mit Historikern und Kunsthistorikern immer wieder voranzutreiben. Der Nachlass zeugt von diesem die disziplinären Grenzen immer schon überschreitenden Erkenntnisinteresse, das in vieler Hinsicht heute aktueller ist denn je. Kosellecks Interesse an der politischen Instrumentalisierung des Bildes, beispielhaft greifbar im Denkmal, und seine damit zu verbindenden begriffsgeschichtlichen Überlegungen geben Anlass, über die Ursache und Wirkung politischer Bilder weiter nachzudenken. In den unterschiedlichsten Formen bedient sich auch heutige Politik – wie Politik seit jeher – der Bildmedien. Doch erhält dieses Feld im 21. Jahrhundert eine besondere Aktualität, indem die Bildmedien buchstäblich als Kriegsschauplätze genutzt werden. Seit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 wird verstärkt diskutiert, inwiefern dergleichen Attentate nach Maßgabe ihrer visuellen Wirksamkeit in den Bildmedien geplant und durchgeführt werden. Die sogenannten neuen, asymmetrischen Kriege müssen als Phänomene der Globalisierung verstanden werden, die sich in einem Krieg der Bilder niederschlagen. Dies legt es nahe, eine Erforschung des politischen Bildgebrauchs aus den verschiedensten Blickpunkten und unter Einbeziehung unterschiedlicher geisteswissenschaftlicher Disziplinen zu betreiben.

Die Fragen, welche Reinhart Koselleck an das Bild richtete, an das politisch instrumentalisierte, in politischer Absicht geschaffene Kunstwerk, aber auch der Umgang, den er selbst mit Bildern pflegte, können in diesem Sinn Ausgangspunkt sein für eine historiographische Kontextualisierung und Aktualisierung einer an der Dimension des Politischen interessierten Kulturwissenschaft, welche das Bild in seiner politischen Aussage- und Gestaltungskraft im Sinne einer „politischen Ikonologie“ ernst nimmt.

Alle Interessierten sind herzlich zu der Tagung eingeladen, aufgrund des begrenzten Platzangebots wird aber um Anmeldung gebeten!

Reinhart Koselleck (1923–2006)

Tagungsprogramm Koselleck 2010

Verantwortlich:
Prof. Dr. Hubert Locher
Deutsches Dokumentationszentrum für Kunstgeschichte – Bildarchiv Foto Marburg
Biegenstr. 11, D-35037 Marburg

Kontakt:
Adriana Markantonatos, Tel. 06421/28-23603
Jörg Probst, Tel. 06421/28-22174

Anmeldung und Information:
Andrea Schutte, Tel.: 06421/28-23676

Referierende

Hubert Locher, Frank Druffner, Adriana Markantonatos, Dietrich Schubert, Christian Bracht, Simone Derix, Andreas Dörner, Michael Diers, Godehard Janzing, Barbara Stollberg-Rilinger, Ulrich Hägele, Bettina Brandt, Barbara Klemm, Ulrich Raulff, Marcel Lepper, Daniela Bohde, Jost Philipp Klenner, Gerhard Paul, Jörg Probst, Ulfert Tschirner