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Alfried Krupp und der Nationalsozialismus

Foto: Alex Muchnik
In der Essener Villa Hügel wurde das neue Forschungsprojekt "Alfried Krupp und der Nationalsozialismus" vorgestellt (von links: Prof. Dr. Ralf Stremmel, Historisches Archiv Krupp, Prof. Dr. Dr. h.c. Ursula Gather, Kuratoriumsvorsitzende der Krupp-Stiftung, Volker Troche, Vorstand der Krupp-Stiftung, Prof. Dr. Eckart Conze, Universität Marburg).

Ein Anfang 2022 von der Essener Krupp-Stiftung initiiertes Forschungsprojekt über Alfried Krupp von Bohlen und Halbach ist auch am Internationalen Forschungs- und Dokumentationszentrum Kriegsverbrecherprozesse (ICWC) angesiedelt. Alfried Krupp (1907-1967), der letzte Inhaber des Unternehmens stand 1947/48 in Nürnberg vor Gericht. Ein von Professor Eckart Conze geleitetes Forschungsprojekt beschäftigt sich mit dem Thema „Alfried Krupp und der Nationalsozialismus“. Es geht dabei weit über das unternehmerische Handeln Krupps in den Jahren des Zweiten Weltkriegs hinaus und bezieht sowohl die Zeit vor 1933 als auch den Umgang Krupps mit der NS-Vergangenheit, einschließlich seiner eigenen, nach 1945 mit ein. Mit dem Projekt, an dem auch Dr. Jens Brüggemann, Verfasser einer wichtigen Studie zur Wehrmachtsgeneralität in Nürnberg, mitwirkt, setzt das ICWC die Reihe seiner Projekte zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit fort.

Forschungshintergrund

Das unternehmerische Handeln Alfried Krupp von Bohlen und Halbachs im Nationalsozialismus ist im Kontext des Nürnberger Krupp-Prozesses und in späteren wissenschaftlichen Studien bereits thematisiert worden. Eine umfassende Untersuchung seines Verhältnisses zum Nationalsozialismus gibt es bislang jedoch nicht. Das gilt insbesondere für die Zeit nach seiner Begnadigung 1951. Was bedeutete die nationalsozialistische Vergangenheit für sein Wirken an der Unternehmensspitze? Reflektierte er seine Verantwortung? Hat er sich zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung mit seinem Handeln beschäftigt? Eine wissenschaftliche Biografie, die sich auch diesen Fragen zuwendet, steht bis heute aus. Das Forschungsprojekt „Alfried Krupp und der Nationalsozialismus“ geht diesen und weiteren Fragen nach. Das Vorhaben wurde von der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung initiiert. Ziel des Projekts ist eine differenzierte Betrachtung der Person Alfried Krupps und seines Ver­hältnisses zum Nationalsozialismus. Es geht dabei um eine umfassende wissenschaftliche Aufarbeitung der Thematik.

„Die Stiftung führt den Namen von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach. Daraus resultiert auch eine Verantwortung, sich mit der Biografie unseres Stifters zu befassen“, sagt Prof. Ursula Gather, Kuratoriumsvorsitzende der Krupp-Stiftung. „Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, betrachten wir die Vergangenheit nun bewusst erneut – aus dem Blickwinkel aktueller Fragestellungen und neuer Forschungsperspektiven. Mit dem Rechercheprojekt führt die Stiftung ihre eingeschlagene Linie unabhängiger Forschung zur Krupp-Geschichte fort.“

Projektbeschreibung

Das Projekt umfasst zunächst die Identifizierung, Sichtung und Analyse verfügbarer Quellen zu Alfried Krupp und seiner Haltung zum Nationalsozialismus seit den 1920er Jahren. Es erweitert bewusst den Zeitraum des „Dritten Reiches“ 1933-1945 und bezieht sowohl die Haltung Alfried Krupps zum Nationalsozialismus in der Weimarer Republik ein als auch den Umgang Krupps mit der NS-Vergangenheit, einschließlich seiner eigenen, in der Zeit der Bundesrepublik. Innerhalb von neun Monaten wurden dabei neue bzw. noch nicht systematisch untersuchte Quellen in nationalen und internationalen Archiven ausgewertet. Auch das Historische Archiv Krupp war einbezogen. Dabei wurden neben dem unternehmerischen Handeln Alfried Krupps auch andere Dimensionen berücksichtigt, beispielsweise politische Positionen und Meinungen oder private Äußerungen. Die aus der Quellenrecherche gewonnenen Erkenntnisse wurden durch die Stiftung und externe Expert:innen diskutiert und im Hinblick auf mögliche nächste Schritte ausgewertet. 

Im Juni 2023 beschlossen Kuratorium und Vorstand der Krupp-Stiftung die Fortsetzung des Projekts. In der nächsten Phase sollen nun unter anderem die Mitgliedschaften Alfried Krupps in NS-Organisationen ebenso wie die sogenannte „Landsberghilfe“, ein informelles Unterstützungsnetzwerk für Mithäftlinge Krupps im alliierten Kriegsverbrechergefängnis Landsberg, und der Themenkomplex „Zwangsarbeit“ weiter erforscht werden. Ziel ist eine multiperspektivisch angelegte Publikation, die neben einer Veröffentlichung in deutscher und englischer Sprache auch eine digitale Anwendung umfassen soll, um auch junge Zielgruppen zu erreichen.

Seit Jahrzehnten setzt sich die Stiftung für die Aufarbeitung der Geschichte der Firma und Familie Krupp ein: Sie hat u.a. wissen­schaft­liche Projekte und Publikationen initiiert, die von renommierten Historikern wie Lothar Gall oder Harold James erfolgreich umgesetzt wurden. Am Sitz der Stiftung vermittelt die Historische Ausstellung Krupp im Kleinen Haus der Villa Hügel Informationen über die Rolle der Firma Krupp im „Dritten Reich“ ebenso wie über die Person Alfried Krupps. Das Historische Archiv Krupp, das umfangreiches Material zu Alfried Krupp verwahrt, steht allen Interessierten offen und unterstützt regelmäßig wissenschaftliche und andere Vorhaben.

Erfahren Sie mehr über die Initiator:innen des Projektes in der Pressemeldung.