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Der Barmherzige – Heiliger Martin

Die hessische, farbig gefasste Lindenholzskulptur zeigt die Mantelteilung des Heiligen Martin dem ihm zu Füßen knienden Bettler gegenüber.
© Foto: Bildarchiv - Foto Marburg
Heiliger Martin mit dem Bettler, hessisch, farbig gefasste Lindenholzskulptur, um 1500, 53 x 30 x 19 cm, Inventar-Nr. 4308.

Heiliger Martin mit dem Bettler, hessisch, um 1500, farbig gefasste Skulptur aus Lindenholz, 53 x 30 x 19 cm, Inventar-Nr. 4308

Diese spätmittelalterliche Skulptur zeigt den heiligen Martin bei seinem bekanntesten karitativen Dienst: der Mantelteilung. Auf einem Pferd sitzend teilt Martin seinen Mantel und wendet sich dem beinahe nackten Bettler zu, der ihm einen Arm entgegenstreckt. Im christlich geprägten Raum existieren zahlreiche derartige Darstellungen und erinnern an die Tugend der Barmherzigkeit. Unabhängig vom Erhaltungszustand – hier mit stellenweise abgeplatzter Ölfarbe – zeugen sie von Martins Popularität. Noch heute wird durch Groß und Klein überregional das Martinsfest gefeiert. Zum Gedenken des Heiligen finden am elften November traditionell Martinsumzüge statt. Auch das altherkömmliche Gänseessen im November rührt vom Leben Martins her. Er ist also allgegenwärtig.

Die Herkunft dieser ländlich-volkstümlichen Skulptur ist unbekannt. Vermutlich stammt sie aus Oberhessen oder dem Siegerland, wo fast ein Drittel der bekannten mittelalterlichen Kirchenpatrozinien (Schutzherrschaft, der Kirchen unterstellt sind, um besonderen Beistand des Heiligen zu erhalten) Martin gilt.

Legenden und Attribute

  • Wie hat er gelebt?

    Martins Weg zum Christentum

    Um das Jahr 316 n. Chr. wurde Martin im heutigen Ungarn in einer heidnischen Familie geboren. Bereits in jungen Jahren trat er für etwa zwanzig Jahre der Reiterabteilung des römischen Militärs bei. In dieser Zeit, im Winter 334 n. Chr., ereignete sich der Legende nach die Mantelteilung vor den Toren von Amiens, die an das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter aus dem Lukasevangelium (Lk 10,30-35) erinnert. Als ein Militärzug einen Hilfsbedürftigen passierte, hielt lediglich Martin an und zückte unter dem Hohn seiner Begleiter seinen überraschenderweise leeren Geldbeutel. Daraufhin zerteilte Martin seinen Mantel mithilfe eines Schwertes und schützte den Bettler somit vor beißender Winterkälte. In der Nacht offenbarte sich Christus im Mantelstück des Bettlers. Martin wurde zur Taufe bewegt, verweigerte den Kriegsdienst und begann die Ausbildung bei Bischof Hilarius von Poitiers. Es folgten Missionierungen durch Martin. Auch seine Mutter bekannte sich bald zum Christentum.

    Vom Asket zum Bischof

    Von schlichter Lebensart und demütiger Haltung gezeichnet zog sich Martin mit einigen Gläubigen als Asket an einen Ort bei Ligugé zurück. Die Zusammenkunft von Mönchen ließ dort das erste gallische Kloster entstehen. Im Jahr 370 n. Chr. wurde Martin zum Bischof von Tours ernannt. Bescheiden lehnte er das Amt ab und flüchtete der Legende zufolge erschrocken in einen Gänsestall. Durch das Geschnatter der Tiere wurde er jedoch entdeckt und trat daraufhin entschieden sein neues Amt an. Während seiner Amtszeit geschahen Tierwunder, Krankenheilungen und es erfolgte die strenge Missionierung Galliens. Martin errichtete ein weiteres Kloster in Marmoutier. Am 8.11.397 starb er. Die Bestattung fand in Tours statt, wo anschließend eine Basilika errichtet wurde. Noch heute dient sie als Pilgerstätte. Von Tours aus dehnte sich die Martinsverehrung aus. Zahlreiche Kirchen sind ihm geweiht.

  • Wie sieht er aus?

    Die hessische, farbig gefasste Lindenholzskulptur zeigt die Mantelteilung des Heiligen Martin dem ihm zu Füßen knienden Bettler gegenüber.
    © Foto: Bildarchiv - Foto Marburg
    Heiliger Martin mit dem Bettler, hessisch, farbig gefasste Lindenholzskulptur, um 1500, 53 x 30 x 19 cm, Inventar-Nr. 4308.
    Die bemalte und teilvergoldete Lindenholzskulptur zeigt die Mantelteilung des Heiligen Martin dem ihm zu Füßen knienden Bettler gegenüber. Die Skulptur ist in einen Altar der Marburger Elisabethkirche eingebettet.
    © Foto: Bildarchiv - Foto Marburg, Thomas Scheidt/Christian Stein
    Heiliger Martin, farbig gefasste und teilvergoldete Lindenholzfigur, 1514, 68 x 70 x 20 cm, Standort: Marburg, Elisabethkirche, Sankt Georg- und Martinaltar.

    Links/oben:
    Heiliger Martin mit dem Bettler, hessisch, um 1500, farbig gefasste Skulptur aus Lindenholz, 53 x 30 x 19 cm, Inventar-Nr. 4308

    Rechts/unten:
    Heiliger Martin, 1514, farbig gefasste und teilvergoldete Skulptur aus Lindenholz, 1514, 68 x 70 x 20 cm, Standort: Marburg, Elisabethkirche, Sankt Georg- und Martinaltar

    Ebenfalls aus dem frühen 16. Jahrhundert stammend dient hier eine bemalte und teilvergoldete Lindenholzskulptur der Mantelteilung Martins als Vergleichsstück. Anders als das Objekt aus dem Landgrafenschloss ist diese Skulptur in einen Altar der Marburger Elisabethkirche eingebettet und steht somit nach wie vor in ihrem ursprünglichen Kontext.

    Zahlreiche erhaltene Mantelteilung-Skulpturen verbildlichen folgende Darstellungscharakteristika:

    In der Regel ist Martin als Reiter mit weitem Mantel und gezücktem, mitunter den Mantel teilenden Schwert dargestellt. Sein Pferd ist meistens gesattelt und gelegentlich im Proportionsverhältnis etwas zu klein. Am Boden befindet sich ein Bettler, welcher sich zum Reiter emporreckt. Immer wieder ist diese Figurengruppe in eine Landschaft mit Stadtsilhouette und Militärzug im Hintergrund gebettet.

    Alternativ wird Martin auch als Bischof in Amtskleidung dargestellt. Zu seinen Füßen wird er dann von einem Bettler oder Gänsen flankiert.

Beim heiligen Martin handelt es sich um die erste als Heiliger verehrte Person, die keinen Märtyrertod erlitten hatte. Vor allem Soldaten, Schneidern, Bettlern und Winzern gilt er als Patron. Der heilige Martin ist immerzu verknüpft mit Volksfrömmigkeit und Nächstenliebe.