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Forschung

Lügen

Grundlagen: In unserer Forschung zum Thema Lügen untersuchen wir, welche psychologischen Mechanismen Lügen zugrunde liegen. Zum einen schauen wir uns an, welche kognitiven Prozesse während des Lügens ablaufen, also welche geistigen Fähigkeiten man benötigt, um effektiv zu lügen. Außerdem wollen wir mehr darüber erfahren, welche emotionalen Prozesse beim Lügen eine Rolle spielen. Diese Fragen untersuchen wir in einem von DFG geförderte Emmy Noether-Projekt „What lies beneath lies? Integrating cognitive and emotional experimental approaches to deception“. Andere Beispiele finden sich in folgenden Publikationen:

  • Suchotzki K., Verschuere, B., Van Bockstaele, B., Ben-Shakhar, G., & Crombez, G. (2017). Lying Takes Time: A Meta-Analysis on Reaction Time Measures of Deception. Psychological Bulletin, 143(4), 428-453. https://doi.org/10.1037/bul0000087
  • Suchotzki K., Verschuere, B., Peth, J., Crombez, G., & Gamer, M. (2015). Manipulating item proportion and deception reveals crucial dissociation between behavioral, autonomic, and neural indices of concealed information. Human Brain Mapping, 36(2), 427-439. https://doi.org/10.1002/hbm.22637
  • Suchotzki K., Crombez, G., Debey, E., Van Oorsouw, K., & Verschuere, B. (2015). In Vino Veritas? Alcohol, Response Inhibition and Lying. Alcohol and Alcoholism, 50(1), 74-81. https://doi.org/10.1093/alcalc/agu079

Einflussfaktoren: Außerdem interessieren wir uns für Faktoren, die potentiell einen Einfluss auf die psychologischen Prozesse während des Lügens haben. Wir schauen uns z.B. an, wie das Lügen in einer Fremdsprache die kognitive Anstrengung beeinflusst und welche Rolle Motivation oder Bestrafung spielen können:

  • Suchotzki K., & Gamer, M. (2019). Effect of Negative Motivation on the Behavioral and Autonomic Correlates of Deception. Psychophysiology, 56(1), e13284. https://doi.org/10.1111/psyp.13284
  • Suchotzki K. & Gamer, M. (2018). The language of lies: Behavioral and autonomic costs of lying in a native compared to a foreign language. Journal of Experimental Psychology: General, 147(5), 734-746. https://doi.org/10.1037/xge0000437

Lügendetektion: Im Bereich der Lügendetektion werfen wir einen kritischen Blick auf bestehende Lügendetektionsmethoden (wie z.B. der Versuch, Lügen über Verhaltensänderungen zu erkennen oder verschiedenste Methoden der sogenannten Polygrafie). Viele dieser Methoden sind nicht evidenzbasiert, basieren also nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen über Lügen, und haben ihre Wirksamkeit nicht in empirischen Studien unter Beweis gestellt. Dies trifft leider häufig auch auf Lügendetektion mit neueren Technologien zu, wie wir in diesem Beitrag thematisieren: https://doi.org/10.1016/j.tics.2024.04.002

Tatwissen

In diesem Forschungsbereich geht es um eine Alternative zu traditionellen Lügendetektionsmethoden, die leider häufig nicht evidenzbasiert sind und hohe Fehlerquoten aufweisen. Bei der Detektion von Tatwissen versucht man daher nicht zu messen, ob jemand lügt, sondern ob die Person relevantes Wissen (z.B. inkriminierendes Tatwissen) besitzt. Dieses Verfahren ist unter dem Namen Tatwissenstest bekannt und basiert auf einer empirisch gut validierten psychologischen Theorie. Meta-Analysen zeigen eine gute Klassifikationsgüte in bisheriger Laborforschung. In unserer Forschung beschäftigen wir uns zum einen mit der theoretischen Grundlage des Tests als auch mit der Entwicklung ökologisch validerer Experimentaldesigns, um zu untersuchen, ob sich diese gute Performanz auch unter realistischeren Bedingungen zeigt. Beispiele finden sich in folgenden Publikationen:

  • Suchotzki, K., Verschuere, B., & Gamer, M. (2021). How Vulnerable is the Reaction Time Concealed Information Test to Faking? Journal of Applied Research in Memory and Cognition, 10(2), 268-277. https://doi.org/10.1016/j.jarmac.2020.10.003
  • Suchotzki, K., May, H., & Gamer, M. (2020). No effect of moderate alcohol intake on the detection of concealed identity information in the laboratory. Scientific Reports, 10/(1), 1-7. https://doi.org/10.1038/s41598-020-76811-x
  • Suchotzki K., Kakavand, A., & Gamer, M. (2018). Validity of the Reaction Time Concealed Information Test in a Prison Sample. Frontiers in Psychiatry, 9, 745. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2018.00745

Glaubhaftigkeitsbegutachtung von Zeug*innenaussagen in Deutschland

Im Rahmen der aussagepsychologischen Begutachtung werden in Deutschland regelmäßig Aussagen von Zeug*innen durch psychologische Sachverständige auf ihre Glaubhaftigkeit geprüft. In der sogenannten merkmalsbasierten Inhaltsanalyse wird geprüft, inwieweit die Aussagen besondere inhaltliche Qualitätsmerkmale aufweisen, von denen man erwarten würde, dass sie vor allem in Aussagen auftreten, die auf einem tatsächlichen Erlebnis (z.B. einer erlebten Straftat) beruhen. In laufenden Forschungsprojekten untersuchen wir die Validität dieser Methode unter Bedingungen, die so nah wie möglich an die spätere Anwendung angelehnt sind. Außerdem interessieren wir uns dafür, wie Sachverständige diese Methode in der Praxis anwenden.

Augenzeugen

Falsche Identifizierungen von Tatverdächtigen zählen zu den häufigsten Ursachen für Fehlurteile in Strafverfahren. Da die zuverlässige Einschätzung von korrekten und inkorrekten Identifizierungen im Rahmen realer Gegenüberstellungen nach wie vor eine der größten Schwierigkeiten darstellt, beschäftigt sich unsere Forschung mit dem Zusammenhang individueller Merkmale sowie situativer und prozeduraler Faktoren und der Identifizierungsleistung von Augenzeugen.

Methoden

Je nach Fragestellung wenden wir ganz unterschiedliche Methoden an. Von Textanalysen, z.B. für die Kodierung des Inhalts von Zeug*innenaussagen über Reaktionszeiten in experimentellen Paradigmen als Maß der kognitiven Anstrengung während des Lügens bis hin zu psychologischen und neuronalen Maßen, um einzelne psychologische Mechanismen besser erfassen zu können. Um Versuchsszenarien realistischer zu machen und dennoch eine gute experimentelle Kontrolle zu bewahren, setzten wir auch virtuelle Realität ein.