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Die Entwicklung der religiösen Räume im byzantinischen Patara: Eine interdisziplinäre und diachronische Perspektive

Foto: Ceren Demirton

Doktorarbeit von Ceren Demirton M.A. (Beginn im Oktober 2020)

Die vorliegende Dissertation befasst sich mit der Genese und dem Werdegang des Christentums in Patara unter Berücksichtigung der baulichen Zeugnisse der Stadt. Im Rahmen dieser Untersuchung werden die Interaktionen zwischen den Stadtbewohnern, der städtischen Infrastruktur, der Sakraltopografie, der Architektur, der Liturgie sowie den Glaubenswelten in den Fokus gerückt. Die Wahrnehmung der Landschaft erfolgt durch die Menschen in Abhängigkeit von ihren individuellen Erfahrungen sowie dem jeweiligen Kontext.[1]  Es kann festgehalten werden, dass Landschaft nie als passiv betrachtet werden kann, da die Menschen in direktem Kontakt mit ihr stehen, sie annehmen und gleichzeitig herausfordern.[2] Die Umgestaltung von Landschaften wurde in der Forschung bislang vorrangig im Kontext gesellschaftlicher Transformationsprozesse betrachtet.[3] Die Erforschung der Sakrallandschaft von Patara kann daher als bedeutendes Medium dienen, um das Verständnis des breiteren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Raums der Region zu fördern.

Die Auswertung bisher noch nicht aufgearbeiteter griechischer und lateinischer Quellen, welche Aufschluss über die historischen Abläufe des Christentums und der Bevölkerung in Patara geben können, soll nach ihrer Auswertung mit den archäologischen Hinterlassenschaften in Verbindung gebracht werden. Die Untersuchung ist ein Bestandteil der archäologischen Ausgrabungen in Patara und basiert auf den Forschungsdaten der Ausgrabungsprojekte, von denen einige bereits publiziert wurden, während andere lediglich als Notizen und in Grabungstagebüchern vorliegen. Im Rahmen des Dissertationsprojekts ist eine Auswertung dieser Daten vorgesehen. Diese Erkenntnisse wurden durch persönliche Beobachtungen und Untersuchungen ergänzt.

Im Rahmen des Projekts erfolgte eine Aufarbeitung und Katalogisierung der Kirchen von Patara sowie weiterer für die christliche Gemeinschaft bedeutender Gebäude. Von entscheidender Bedeutung sind dabei genaue Ortsbeschreibungen der Kirchen im Gelände sowie die topografischen Faktoren, die ihre Platzierung verursacht haben. Des Weiteren werden strukturelle Faktoren der Infrastruktur berücksichtigt, darunter die Stadtbefestigungen, die wichtigsten öffentlichen und militärischen Gebäude, die byzantinischen Wohngebiete sowie die Straßen und Plätze der Stadt, die für das christliche Leben der Stadt von Bedeutung sind. Durch die Kombination von Schriftquellen und archäologischen Daten soll eine sakrale Topografie von Patara erstellt und ihre Abhängigkeit von religiösen, sozialen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Veränderungen beleuchtet werden.

Die christliche Architektur von Patara wird unter Zuhilfenahme der Space Syntax-Methodologie analysiert, wobei die zuvor genannten Fragen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen als Grundlage dienen. In Kombination mit Beiträgen aus der Architekturtheorie ermöglicht dieser theoretische Ansatz die Identifizierung räumlicher Modelle der Gebäude in der Stadt sowie die Analyse der internen räumlichen Organisation der Strukturen und deren Interaktionen innerhalb der religiösen Strukturen. Die Kernintention dieser Methodik besteht in der objektiven Analyse der Korrelation zwischen räumlicher Organisation, menschlicher Bewegung und Sichtbarkeit. Dadurch soll das Potenzial von Räumen zur Zusammenführung von Menschen und Lenkung ihrer Bewegung eruiert werden.

In der vorliegenden Studie wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt, um die sakrale Topographie, die Netzwerkstruktur und das städtische Gedächtnis des byzantinischen Patara zu erfassen und zu interpretieren.

[1] Knapp – Ashmore 1999.
[2] Bender 1993: 3.
[3] Vionis – Papantoniou 2017: 1-18.