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Erforschung des Befestigungssystems der lelegischen Hauptstadt Pedasa

Pedasa I
Foto: Britta Özen-Kleine

Förderung: Fritz-Thyssen-Stiftung

Projektleiterin: Dr. Britta Özen-Kleine

Kooperationspartner: Zentrum für Karische Forschungen der  türkischen Universität Muğla

MitarbeiterInnen / AnsprechpartnerIn
Irina Mittag, M.A.
Anja Wienkemeier, M.A.

Pedasa Plan der Akropolis
Foto: Britta Özen-Kleine

Die Halbinsel von Halikarnassos (heute Bodrum/Türkei) ist antiken Schriftquellen zufolge das Siedlungsgebiet eines Volkes, das als Leleger bezeichnet wird. Die kulturellen Wurzeln und Eigenheiten ebenso wie die Frage nach der ethnischen Eigenständigkeit und der Geschichte dieses Volkes sind bis heute nahezu unerforscht.
Im Rahmen von archäologischen Surveys konnten in den 1970ern und den 1990er Jahren eine Reihe von Siedlungen, Fluchtburgen und Gehöfte dieser Bewohner im Gelände identifiziert werden. Eine Stadt ragt aufgrund ihrer Größe und ihrer baulichen Merkmale unter den lelegischen Siedlungen hervor: Sie liegt auf dem Gökçeler-Hügel bei Bodrum und konnte aufgrund eines Inschriftenfundes 2008 zweifelsfrei als die Stadt Pedasa identifiziert werden, die den antiken Schriftquellen zufolge die Hauptstadt der Leleger war. Die Siedlung weist eine dicht bebaute Akropolis auf, die im  Südosten von einer wuchtigen Zitadelle überragt wird. Ferner gehören eine Unterstadt, die oberflächlich kaum Baureste zeigt, ein extramurales Athena-Heiligtum sowie eine ausgedehnte Nekropole zu der Siedlung. Pedasa besitzt zudem ein aufwendiges und gut erhaltenes Befestigungssystem, das aus einem Akropolismauerring, der Zitadelle, einem – wahrscheinlicher aber zwei – Unterstadtmauerring(en) sowie einer Reihe von Türmen und Toren besteht.
Ziel der Forschungsarbeiten am Befestigungssystem ist es, mithilfe von detaillierten Bauaufnahmen und der Auswertung des durch die Grabungsarbeiten gewonnenen stratifizierten Fundmaterials chronologische Fragen zu klären und mit historischen Ereignissen zu verknüpfen. Dadurch kann die Stadtgeschichte Pedasas und somit auch die Geschichte der Leleger erhellt werden. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf die früheste Phase des Befestigungssystems zu richten – ein archaischer Zeithorizont ist hier durchaus wahrscheinlich –, auf mögliche Aus- und Umbauphasen sowie auf bauliche Maßnahmen im frühen bis mittleren 4. Jh. v. Chr. Letztere Phase ist deshalb bedeutsam, weil der antike Autor Strabon berichtet, dass der persische Satrap Maussollos Halikarnassos in dieser Zeit zur neuen karischen Hauptstadt ausbauen ließ. Im Rahmen eines Synoikismos habe er die Bewohner der umliegenden lelegischen Siedlungen gezwungen, ihre Häuser aufzugeben und nach Halikarnassos umzusiedeln. Folglich wurde in der Forschung für die lelegischen Siedlungen der Halbinsel ein Ende gegen Mitte des 4. Jhs. v. Chr. postuliert. Erste Zweifel an der stringenten Durchführung des Synoikismos und dem damit verbundenen Ende der lelegischen Siedlungen in dieser Zeit sind zwar bereits geäußert worden, konnten jedoch aufgrund fehlender Ausgrabungen bisher nicht verifiziert werden. Die Grabungsarbeiten in Pedasa können nun erstmals helfen, diese für die Leleger-Forschung wichtige Frage zu beantworten.
Die Arbeiten in Pedasa finden in Kooperation mit dem Zentrum für Karische Forschungen der  türkischen Universität Muğla statt. Seit 2006 führen die türkischen Archäologen unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Adnan Diler jährlich Grabungskampagnen im Heiligtum, der Nekropole sowie auf der Akropolis der lelegischen Hauptstadt durch.

Literatur:
B. Özen-Kleine, Das Befestigungssystem der lelego-karischen Stadt Pedasa, in: R. Frederiksen u.a. (Hrsg.), Focus on Fortifications. New Research on Fortifications in the Ancient Mediterranean and the Near East (Oxford 2016), 547-559