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Lectio Philippina N°7 - Harald Lesch

Am 05. Juni 2018 gegen Mittag treffen sich erste kleine Grüppchen von Studierenden an der Universitätskirche. Diesmal ist der Anlass jedoch keine Vorlesung oder ein Seminar, sondern die Lectio Philippina. 2018 mit einem ganz besonderen Gastredner - Harald Lesch - Professor für Physik an der Ludwig-Maximilian-Universität München mit Rüdiger Glufke an der Orgel. 

Im Kreuzgang werden Tische gedeckt und dekoriert und nachdem diese ersten Aufgaben nahezu bewältigt sind, geht es dann weiter mit der Vorbereitungg des Buffets, und einer kurzen Chorprobe unter dem Dach der alten Universität. Schlussendlich finden sich die Bewohner*innen des Collegium Philippinum dann in der bis zum Bersten mit Besuchern gefüllten Kirche ein. 

Der Abend beginnt und Herr Prof. Dr. Karl Pinggéra - Ephorus der Hessischen Stipendiatenanstalt, eröffnet die Lectio Philippina 2018 in scherzhaft wenigen Sätzen - der heutige Gast und Redner ist dem zahlreich erschienen Publikum schließlich bestens bekannt. 

Der Chor des Collegium Philippinum leitet nach freundlicher Begrüßung durch die Tutorin Andrea Martin den Abend mit dem Lied „Vois sur ton chemin“ von Bruno Coulais aus dem Film „Les Choristes“ musikalisch ein.
Und schon beginnt das Programm, auf das an diesem Abend alle gewartet haben. Rüdiger Glufke, Referent des bayrischen Landesbischofs, stimmt zunächst das Auditorium mit einer beeindruckenden und gewitzten Improvisation an der alten Orgel ein. Als der Applaus verklungen ist, beginnt Harald Lesch zu lesen.
Vom Anfang des Universums, so wie es in Thomas Manns „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ poetisch beschrieben wird. Es wird der einzige Teil des Vortrages sein, den unser Gast im Sitzen verbringt. Den Abend über bleibt Herr Prof. Lesch in Bewegung. Das Publikum in den Bann ziehend erzählt er von den Anfängen unseres Universums und auch welchem Scharfsinn, welcher Vernunft und welchen glücklichen Zufällen in der Menschheitsgeschichte wir die tiefen Einblicke in das innerste unserer Welt verdanken. Gemeinsam mit Herrn Prof. Lesch blickt das Auditorium auf Zeitpunkte so kurz nach dem „Big Bang“ zurück, dass sich die Maßstäbe jeglicher menschlichen Vorstellungskraft entziehen und zuweilen die Glaubwürdigkeit, dass wir als Menschheit alles das heutzutage zu wissen und verstehen vermögen, unwirklich scheint.
Und doch, soweit unser Verständnis reicht, die Welt, wie wir sie tagtäglich sehen, in einer Präzision zu beschreiben und zu verstehen, so schnell scheinen die Warnungen und Empfehlungen der Wissenschaften, die sich aus dieser Erkenntnis ableiten, zu verhallen.

Den Naturgesetzten lässt sich nicht entfliehen und wir sind ihnen unterworfen. Obgleich wir sie studieren und verstehen mögen, sind wir allzeit ihre Sklaven.
Als sein „trojanisches Pferd“ rollt Prof. Lesch uns den Appell in die Universitätskirche. Wir verstehen zwar genau die Folgen, die unser Handeln und der Umgang mit unserem Planeten haben, doch ohnmächtig sehen wir zu, wie weiter an einem Kurs festgehalten wird, der als wissenschaftliche Gleichung ausgedrückt, immer nur in einer Klimakatastrophe enden kann. Es wird nicht zu einer spontanen Lösung der Problematik um unser Klima kommen, noch können wir auf Zuflucht zwischen den Planeten unseres Sonnensystems oder den Sternen hoffen. Nicht unser Zuhause – die Erde – ist für uns gemacht, sondern wir für sie. Der Handlungsbedarf ist jetzt, wahrscheinlich sogar schon gestern. Die eigentliche Problematik bleibt der fehlende, politische Wille, die Schlüsse und das Handeln aus der wunderbaren Erkenntnis, die uns die Wissenschaft liefert, zu ziehen, dass die Menschheit auch noch in ein paar Jahrhunderten auf unserem Heimatplaneten überleben können wird.
Der Vortrag endet in einem Drahtseilakt aus düsteren Gedanken um eine Zukunft, in der wir vielleicht die letzten Menschen sein werden, die unser aller Zuhause so kennen, wie es seit Anbeginn der Menschheit war, und der Herausforderung das anzunehmen, was wir bereits alle wissen sollten: die Zeit die Welt zu retten, indem wir sie nicht wie bisher verändern, ist jetzt.

Herr Glufke beendet den Vortrag wieder mit einem beeindruckenden Spiel an der Orgel, in andächtigem, sowie betretenen Schweigen lauschen Herr Lesch und das Publikum. Der Applaus, der folgt, füllt die Universitätskirche und man wendet sich dem Heimweg, dem Buffet im Kreuzgang oder dem Gespräch über das Gehörte zu.

Zu Guter Letzt darf natürlich auch das Gruppenfoto der Bewohnerinnen und Bewohner mit dem Duo des Abends nicht fehlen. Ansonsten sind die „Schlossies“ noch tatkräftig als Gastgeber beschäftigt, schenken Getränke aus und räumen, nachdem alle Gäste nach Hause gegangen sind, noch auf. So endet der Abend des 5. Junis in heiterer Stimmung, obgleich einer ungewissen Zukunft irgendwo zwischen den Rändern des Universums.