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Heilpflanzen im Laufe der Geschichte

Die Verwendung von Heilpflanzen ist so alt wie die Geschichte der Menschheit, denn bereits der prähistorische Mensch musste zwischen essbaren und giftigen Pflanzen zu unterscheiden lernen. Dabei lernte  er auch Pflanzen kennen, die durch ihre „Zauberkraft“ „Krankheitsdämonen“ aus dem Körper vertreiben konnten.

Eine der ältesten, aus der Literatur bekannten pflanzlichen Drogen (Droge = Erzeugnis aus dem Pflanzen- und Tierreich, das arzneilich oder technisch verwendet wird) ist Safran (Crocus sativus L). Schon im Papyrus Ebers, 1500 v. Chr., ist Safran erwähnt. Zum Würzen werden nur die feinen kräftig orangefarbenen Blütennarben verwendet, weshalb Safran das teuerste Gewürz der Welt ist. Um 1 Kilo Safran zu erhalten, werden bis zu 150.000 Blüten gepflückt und die Narben von Hand entfernt.

Die erste Erwähnung einer Pflanze findet sich bei Mose 3,2 „Und der Engel des Herrn erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem Busch, und er  sah,  dass der Busch mit Feuer brannte  und  ward doch nicht verzehrt.“  Hierbei handelt es sich um den auch in Palästina vorkommenden Diptam  (Dictamnus albus L.), der an heißen Tagen bei  Windstille eine ätherische Öldunstglocke bildet, so dass es möglich ist, ihn zu entzünden. Da das ätherische Öl sehr rasch abbrennt, bleibt die Pflanze unbeschädigt und fängt auch nicht selbst zu brennen an.

Das älteste Kräuterbuch wurde von dem chinesischen Kaiser Sheng Nung um 3000 v. Chr. verfaßt. Der griechische Arzt Pedanius Dioskurides, der im 1. Jahrhundert  n. Chr. in Anazarbos in Kilikien lebte, verfaßte  als erster eine Arzneimittellehre in 5 Büchern  (Materia Medica).  Diese  stellte  für fast  eineinhalb Jahrtausende  das maßgebende Grundlagenwerk  der Pharmakologie und Pharmazie dar.  Dioskurides kannte bereits die wurmtötende Wirkung der Granatapfelrinde (Punica granatum), die Herstellung von Opium durch Einschnitte in  Mohnkapseln (Papaver somniferum L.) und die narkotische Wirkung mancher Nachtschattengewächse, wie beispielsweise  Mandragora officinarum L. bei operativen Eingriffen.

Die Medizin verwendete zum Ende des 15. Jahrhunderts einige hundert Heilpflanzen. Damals war die Ansicht verbreitet, dass man durch Addieren und Multiplizieren von möglichst vielen Kräutern und anderen Stoffen die Wirkung der Arzneien steigert. Es ist anzunehmen, dass solche Mixturen dem Heilungsverlauf der Krankheiten durchaus nicht immer förderlich waren, und dass manches Kräuterweiblein mit einer einfachen Medizin größere Erfolge hatte, woraufhin sie natürlich prompt als Hexe verschrien und zum Scheiterhaufen geschleppt wurde.

Selbst Paracelsus (1493 - 1541) selbst noch durchaus an Hexerei glaubte und auch meinte, persönlich hexen zu können, prägte er den naturwissenschaftlich fundierten und auch heute noch für Gifte zutreffenden Satz: Dosis sola fecit venenum (Die Dosis allein macht das Gift). Immerhin bewirkten die Schriften des Paracelsus, dass die Kräuterdoktoren des 16. Jahrhunderts ihre Kräutermixturen und Anwendungen schriftlich niederlegten, allerdings vermisst man in ihren Anwendungen fast immer exakte Maßangaben.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gelang es erstmals, die wirksamen Inhaltsstoffe einiger Arzneipflanzen in reiner kristalliner Form zu isolieren. Folge-richtig führte das dazu, dass nicht mehr die Pflanze selbst, sondern die isolierten Wirkstoffe eingesetzt wurden. Die chemische Struktur vieler Naturstoffe wurde aufgeklärt. Die Epoche der synthetischen Chemie begann. In vielen Fällen kann daher heute auf die Heilpflanzen selbst verzichtet werden.

In einigen Fällen, wie beispielsweise beim Baldrian, zeigen die isolierten Inhaltsstoffe fast keine Wirkung, während der Gesamtextrakt der Droge hoch wirksam ist. Von den weltweit bekannten Pflanzen wurden bisher nur etwa 6 % pharmakologisch geprüft, wobei die zur Zeit gebrauchten Arzneimittel zu etwa 50 % auf biogener Basis (biologischen oder organischen Ursprungs) beruhen und 10 % reine Heilpflanzenpräparate sind.

Um der heutigen Bedeutung der Pflanzenheilkunde gerecht zu werden, muss mit einigen Vorurteilen sowohl von Seiten der „Schulmedizin“ als auch von Seiten der „Alternativszene“ aufgeräumt werden. Medikamente mit synthetischen Wirkstoffen und Heilpflanzenpräparate ergänzen einander. Beide haben ihre Berechtigung und ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Die moderne Pflanzenheilkunde ist eine sinnvolle Ergänzung und Erweiterung zur Behandlung mit synthetischen Medikamenten. Sie eignet sich in erster Linie zur Behandlung von Befindlichkeitsstörungen und leichteren Erkrankungen sowie als Unterstützungsmittel bei schweren und gewissen chronischen Krankheiten.

In unserem Heilpflanzengarten haben wir für Sie über 200 Heilpflanzen zusammengestellt, die in Mitteleuropa eine wichtige Rolle spielen und auch solche, die man in früheren Zeiten viel verwendete, die heute aber keine große Bedeutung mehr haben.